Payroll-Prozesse auslagern: Ja oder nein? | Interview
Wohl jedes Unternehmen stellt sich irgendwann die Frage, die Payroll-Prozesse auszulagern oder intern abzuwickeln. Keine einfache Entscheidung bei so einem komplexen und sensiblen Thema wie der deutschen Lohn- und Gehaltsabrechnung. Wir haben mit Ivana Baumann, Head of HR & Recruiting bei HR WORKS, darüber gesprochen, welche Vor- und Nachteile sowohl die Inhouse-Abwicklung als auch das Auslagern der Payroll-Prozesse mit sich bringt.
Inwiefern sehen Sie die Auslagerung der Payroll-Prozesse als vorteilhaft an?
Die Lohnthematik in Deutschland ist äußerst komplex und vielfältig. Es gibt zahlreiche Besonderheiten, die man kennen muss, und das deutsche Steuerrecht ist unglaublich kompliziert. Deshalb bin ich froh, dass wir einen Steuerberater bzw. Lohnbuchhalter haben, mit dem wir uns austauschen können und der für uns die Lohnbuchhaltung übernimmt. Es gibt viele verschiedene Gehaltsmodelle und Sonderregelungen, die zum Beispiel durch die betriebliche Altersvorsorge, Firmenwagen oder die doppelte Haushaltsführung entstehen. Diese erfordern spezifisches Fachwissen, das ich als Personalerin nicht in der Tiefe beherrschen kann – dafür ist das Aufgabenspektrum von HR viel zu umfangreich. Wenn HR keine Experten hinzuzieht, ist die Fehleranfälligkeit hoch und der Aufwand enorm. Daher ist es für uns sicherer und effizienter, nur die vorbereitende Lohnbuchhaltung zu übernehmen und die weiteren Schritte dem Steuerberater zu überlassen.
Durch die Auslagerung der Payroll-Prozesse wird sichergestellt, dass alle gesetzlichen Vorgaben rechtssicher und termingerecht erfüllt werden.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Inhouse-Abwicklung der Lohnbuchhaltung?
Eine der größten Herausforderungen bei der Inhouse-Abwicklung ist das dafür benötigte umfassende Fachwissen. Es gibt so viele unterschiedliche und komplizierte Fälle, dass es nahezu unmöglich ist, alle Details zu kennen. Selbst mit unserem Steuerberater gibt es manchmal Situationen, in denen ein Fehler auftritt, und dann müssen wir gemeinsam eine Lösung dafür finden. Außerdem ist Lohnbuchhaltung extrem zeitaufwendig. Für unsere knapp 200 Mitarbeiter benötigen wir zu zweit etwa einen halben Tag im Monat allein für die vorbereitende Lohnbuchhaltung. Die eigentliche Abrechnung, die der Steuerberater übernimmt, dauert noch einmal einen Tag. Läge diese Aufgabe bei uns, könnten wir diesen Aufwand in unserer Abteilung nur schwer bewältigen, da wir mit Sicherheit mehr Zeit als unser Steuerberater benötigen würden.
Viele Unternehmen stellen extra Payroll-Experten ein. Was spricht aus Ihrer Sicht dafür und was dagegen?
Das Hauptproblem dabei ist, dass man gerade in kleinen und mittleren Unternehmen dann oft nur eine Person hat, die das gesamte Wissen besitzt. Und ich bin kein Fan von Silos. Wenn dieser Mitarbeiter krank ist oder sich im Urlaub befindet, steht man ohne Lösung da. Man müsste also mindestens 2 Experten für die Lohnbuchhaltung einstellen, um Ausfälle abzudecken. Diese Mitarbeiter müssten allerdings auch andere Aufgaben übernehmen, um ausgelastet zu sein, da die reine Lohnbuchhaltung in den meisten Fällen nicht genug Arbeit für zwei Vollzeitstellen bietet. Dies erfordert wiederum eine entsprechende Struktur und zusätzliche Koordination.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist, dass bei der Inhouse-Abwicklung von Payroll-Prozessen das Unternehmen bei Fehlern in der Lohnabrechnung haftet. Diese Haftungsproblematik ist den meisten Firmen gar nicht bewusst. Durch die Auslagerung der Payroll-Prozesse wird dagegen sichergestellt, dass alle gesetzlichen Vorgaben rechtssicher und termingerecht erfüllt werden.
Dank der Verknüpfung von HR-Software mit externen Lohnprogrammen vereinfachen wir unsere Lohnbuchhaltung enorm.
Gibt es Nachteile bei der Auslagerung von Payroll-Prozessen?
Ich sehe keinen Nachteil in der Auslagerung der Payroll. Ganz im Gegenteil: Spezialisierte Lohnbüros haben eine hohe Zuverlässigkeit und große Fachkenntnis, die wir intern bei unserer Unternehmensgröße nicht in gleichem Maße aufbauen könnten, ohne Überkapazitäten in diesem Bereich aufzubauen. Zudem hat man durch die Zusammenarbeit mit externen Experten eine höhere Ausfallsicherheit. Wenn ein interner Mitarbeiter ausfällt, beispielsweise durch Krankheit oder Urlaub, steht man schnell vor großen Problemen. Bei externen Dienstleistern ist das Risiko geringer, da dort in der Regel immer jemand verfügbar ist.
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Wie bewerten Sie die Kostenfrage im Zusammenhang mit der Auslagerung der Lohnbuchhaltung?
Das hängt sicher von der Unternehmensgröße ab. Was KMU betrifft, bin ich aber der Meinung, dass die Auslagerung auf lange Sicht kosteneffizienter ist. Zwar entstehen pro Abrechnung und pro Mitarbeiter Fixkosten, doch im Vergleich zu den Kosten für 2 interne Lohnbuchhalter, die man benötigen würde, sind diese gering.
Welche Rolle spielt der technologische Aspekt bei der Entscheidung, Payroll-Prozesse auszulagern?
Die passende HR-Software mit allen relevanten DATEV- oder ADDISON-Schnittstellen ist ein absolutes Muss. In HR WORKS haben wir Schnittstellen, über die wir Lohndaten ins System eingeben und an unser Lohnbüro übermitteln können. Diese Daten werden dann in DATEV importiert. Dabei erhalten wir eine Rückmeldung über die tatsächlich abgerechneten Beträge. Diese technische Integration ermöglicht uns volle Datentransparenz und Effizienz. Die Einhaltung der Fristen für die Lohnabrechnung ist ebenfalls einfacher zu managen, da das System automatische Erinnerungen und Updates bietet. Mit anderen Worten: Dank der Verknüpfung von HR-Software mit externen Lohnprogrammen vereinfachen wir unsere Lohnbuchhaltung enorm.
Ivana Baumann ist als Head of HR & Recruiting bei HR WORKS bestens mit den Vorzügen digitaler HR-Lösungen vertraut. Dabei interessieren die studierte Juristin und langjährige Personalverantwortliche besonders Themen zur strategischen Ausrichtung und Entwicklung von Personalarbeit.