Die Zusammenarbeit mit Freelancern liegt im Trend: Was das für HR bedeutet
Freelancer sind flexibel und gleichen zudem Engpässe bei Kompetenzen und Kapazitäten aus – und zugleich tragen sie neue Ideen und wertvolles Wissen in Unternehmen. Dabei machen es digitale Vermittlungsplattformen immer einfacher, passende Freelancer auf der ganzen Welt zu finden. Kein Wunder also, dass viele Unternehmen die Zusammenarbeit mit den „Freien“ ausbauen wollen. Erfahren Sie, welche Herausforderungen das für HR mit sich bringt – und wie HR-Verantwortliche das Potenzial von Freelancern gezielt beim Kompetenzmanagement und bei der Personalplanung nutzen.
Kompetent und flexibel: Darum sind Freelancer gefragt
Arbeiten wo, wann, und mit wem man will – für immer mehr Menschen klingt das Leben als Freelancer verlockend. Das gilt vor allem für hoch qualifizierte Spezialisten und Wissensarbeiter. Sie sind sich des Werts ihrer Talente und ihres Wissens in Zeiten des Fachkräftemangels bewusst – und sie wollen sich die Projekte flexibel aussuchen, für die sie ihre Fähigkeiten einsetzen.
Auch für Unternehmen scheint die Zusammenarbeit mit Freelancern zunehmend verlockend: 80 Prozent der befragten Unternehmen gaben etwa in einer aktuellen Umfrage der Harvard Business Review Analytic Services im Auftrag der internationalen Freelancer-Plattform Fiverr an, dass Freelancer eine wichtige Rolle für ihren Unternehmenserfolg spielen. Dafür gibt es gute Gründe: Der schnelle Wandel der Arbeitswelt führt dazu, dass Unternehmen für ihre Projekte Mitarbeiter mit immer wieder neuen und oftmals hoch spezialisierten Kompetenzprofilen brauchen: Die KI-Expertin oder den Scrum-Master für das aktuelle Digitalisierungsprojekt. Den Social-Media-Marketing-Spezialisten, der sich mit der neuesten Trend-Plattform auskennt. Die Nachhaltigkeitsexpertin, den Designer oder den Ingenieur, die allesamt ein Team bei der Produktentwicklung unterstützen oder Transformationsprojekte vorantreiben.
Gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen ist es aber wegen des Fachkräftemangels oft schwer, passende Experten und Talente als fest angestellte Mitarbeiter zu rekrutieren und langfristig an sich zu binden.
Fachkräfte „on demand“: Digitale Plattformen erleichtern Freelancer-Suche
Was läge in dieser Situation also näher, als diese Fachkräfte einfach auf Abruf genau dann zu buchen, wenn man sie braucht? Zumal die allermeisten Unternehmen inzwischen die nötige technische Infrastruktur aufgebaut haben, damit ihre Teams hybrid und dezentral zusammenarbeiten. Das erleichtert es, Freelancer in den Arbeitsalltag einzubinden. Forscher der Harvard Business School sprechen vor diesem Hintergrund bereits von einer neuen und globalen „On-Demand-Workforce“, auf die Unternehmen zugreifen können. Zusätzlich zum klassischen Freelancertum schaffen sich Firmen mit dem sogenannten Crowdworking weitere Möglichkeiten, um mit externen Arbeitskräften zusammenzuarbeiten.
Viele neue digitale Plattformen haben sich in den vergangenen Jahren genau darauf spezialisiert, Unternehmen Zugang zu diesem Fachkräfte-Pool zu verschaffen. Sie vermitteln flexible Generalisten, hoch spezialisierte Fachexperten und sogar ganze Teams, die gemeinsam Aufgaben und Projekte für Unternehmen umsetzen. Von branchenspezifischen Nischenanbietern und regionalen Vermittlungsplattformen bis zu großen, globalen Anbietern ist inzwischen für fast jeden Bedarf etwas dabei.
Unternehmen können auf den Plattformen nicht nur nach bestimmten Kompetenzen suchen und die gängigen Honorare überblicken, sondern auch passende freie Mitarbeiter nach Faktoren wie dem Cultural Fit auswählen. Oft bieten Freelancer-Plattformen auch passende Vertragsvorlagen und digitale Standardprozesse an, mit denen sich die Zusammenarbeit für Unternehmen schnell und einfach abwickeln lässt.
Freelancer rekrutieren und integrieren: Eine neue Kernaufgabe für HR
Gemischte Projektteams, bei denen festangestellte Kollegen mit solchen zusammenarbeiten, die in Arbeitnehmerüberlassung, auf Werk- oder Dienstvertragsbasis beauftragt sind, werden damit Teil des Unternehmensalltags.
Doch wenn Teams auf diese Weise häufiger und enger mit externen Mitarbeitern zusammenarbeiten, bringt das auch einige Herausforderungen mit sich – auf die Unternehmen bislang noch kaum vorbereitet sind. So geben zum Beispiel rund zwei Drittel der Unternehmen in der oben zitierten Studie an, dass sie bislang noch keine guten Prozesse und Strukturen aufgebaut haben, um Freelancer effizient zu managen.
Als Gründe für diesen Umstand nennen die Unternehmen folgende Faktoren:
- Das Fehlen einer team- und abteilungsübergreifenden Strategie für das Management von Freiberuflern: Die Verantwortung für die Beschaffung, das Onboarding und das Management von Freelancern liegt meist nicht zentral bei HR – sondern direkt bei einzelnen Abteilungen oder Managern, die Freelancer am Markt bei Bedarf selbst „einkaufen“.
- Das führt laut der Umfrage zu Spannungen mit der Personalabteilung: HR legt in der Regel die Personalpolitik innerhalb eines Unternehmens fest. Nicht immer passt diese zu der Art und Weise, wie Freiberufler ihre Geschäfte führen.
- Mangelnde Kommunikation: Einzelne Abteilungen tauschen zudem häufig keine Informationen über ihre Beziehungen zu Freiberuflern aus, was zu Ineffizienzen im gesamten Unternehmen führt – oder dazu, dass Teams unnötig Mitarbeiter einstellen.
- Keine einheitliche Strategie oder fehlende digitale Tools für die Verwaltung von Freiberuflern: Oft ist im Unternehmen niemand dafür verantwortlich, den Wertbeitrag von Freiberuflern zu messen oder wichtige Faktoren der Zusammenarbeit im Auge zu behalten, wie zum Beispiel die Einhaltung von Unternehmensvorschriften durch die Freelancer.
Freelancer-Management: HR und Fachabteilungen müssen zusammenarbeiten
Wenn Unternehmen diese Probleme vermeiden und Freelancer erfolgreich in ihre Kompetenzmanagement- und Kapazitätsplanung einbinden wollen, sollten sie das Thema also strategisch angehen.
Die HR-Abteilung bietet sich als zentrale Stelle an, um die Fäden eines solchen strategischen Freelancer-Managements zusammenzuführen.
Diese Erfolgsfaktoren sollten HR-Verantwortliche dabei im Blick haben:
- Unternehmenskultur: Laut einer aktuellen Umfrage der Plattform freelance.de sehen 64 Prozent der befragten Freelancer eine veraltete Unternehmenskultur und ein skeptisches Mindset als Haupthindernisse für die Zusammenarbeit mit Unternehmen. Tatsächlich empfinden es angestellte Mitarbeiter oft zunächst als Bedrohung, wenn Unternehmen damit beginnen, verstärkt auf Freelancer zu setzen. Es gilt also, intern die Vorteile von gemischten Teams aufzuzeigen, sowie Sorgen und Ängste offen anzusprechen, um Hürden bei der Zusammenarbeit abzubauen.
- Neue Ansprüche an Führungskräfte: In gemischten Teams müssen Aufgaben und Rollen noch klarer verteilt werden, damit interne und externe Mitarbeiter effizient zusammenarbeiten. Führungskräfte müssen zudem Strategien entwickeln, um Freelancern unternehmensinterne formelle und informelle Verhaltensregeln, den Purpose und die Unternehmenswerte nahezubringen.
- Kompetenzmanagement anpassen: Um zu entscheiden, welche Aufgaben interne Mitarbeiter übernehmen und welche an externe Teammitglieder vergeben werden, brauchen Unternehmen ein funktionierendes Kompetenzmanagement. Sie müssen wissen und abteilungsübergreifend transparent machen, welche Fähigkeiten intern vorhanden sind. Im Idealfall führt die Zusammenarbeit mit Freelancern dann auch bei der Nutzung von internen Ressourcen zu mehr Flexibilität: Muss wirklich jemand neu eingestellt werden? Oder wäre es sinnvoller, Aufgaben umzuverteilen?
- Überprüfen von Verträgen und Prozessen: Verträge mit Freelancern müssen rechtssicher gestaltet sein – was in Deutschland speziell mit Blick auf das Verbot von Scheinselbstständigkeit nicht ganz einfach ist. Zudem sollten HR-Verantwortliche dafür sorgen, dass es auch über die rechtlichen Vorgaben hinaus bei der Zusammenarbeit mit Freelancern nicht zu Unstimmigkeiten bei der Vergütungsstrategie, den Arbeitsbedingungen, bei Geheimhaltungsvereinbarungen und beim Datenschutz kommt. Dabei kann es helfen, Arbeitnehmervertreter in die Gestaltung der Verträge und der Zusammenarbeit frühzeitig einzubeziehen.
Freelancer sind oft entscheidend für den Unternehmenserfolg
Die strategische Einbindung von Freelancern in die Personalplanung ist also ein echtes Transformationsprojekt und mit einigem Aufwand verbunden – könnte sich aber lohnen: Das internationale Forschungsprojekt „Future of the Workforce“ kommt zu dem Schluss, dass die geschickte Steuerung eines Ökosystems interner und externer Mitarbeiter in Zukunft für viele Unternehmen erfolgsentscheidend sein wird.
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