Hitzefrei auf der Arbeit? So einfach ist das nicht
Die Sommer in Deutschland werden immer heißer, die Rufe nach freien oder verkürzten Arbeitstagen in Hitzephasen lauter. Das stellt das Personalmanagement vor Herausforderungen. Denn ein klassisches „Hitzefrei“ wie in der Schule kennt das deutsche Arbeitsrecht nicht. Trotzdem sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, für Abkühlung zu sorgen. Erfahren Sie, wie warm es im Büro sein darf und ob Luftduschen wirklich gegen Hitze helfen.
Was sagt das Gesetz zur zulässigen Bürotemperatur?
Viele Personalverantwortliche bekommen im Hochsommer Anfragen von Führungskräften, Kolleginnen und Kollegen, die wissen wollen: Ab wann bekommt man Hitzefrei? Es ist also gut, schon jetzt die arbeitsrechtliche Gesetzeslage zum Thema Hitzefrei im Büro zu kennen.
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) zum Schutz seiner Mitarbeiter verpflichtet. In der Verordnung ist klar geregelt, wie ein Arbeitsplatz auszusehen hat und welche Temperaturen dabei einzuhalten sind. Sie ist allerdings etwas schwammig formuliert. Schließlich bestimmt auch der jeweilige Job, ab wann es zu heiß zum Arbeiten ist. Ausschlaggebend für Geschäftsführer und Personalmanager ist dabei der Anhang 3.4 der ArbStättV. Darin heißt es:
„Arbeitsräume […] müssen während der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren und der physischen Belastungen der Beschäftigten eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur haben.“
Wer genauer wissen will, wie hoch die Temperatur im Büro sein darf und welche Arbeitgeberpflichten bei Hitze gelten, muss tiefer in die Gesetzgebung einsteigen und die Arbeitsstättenregel (ASR) zu Rate ziehen.
Sind 30 Grad im Büro noch in Ordnung?
Jein. Ab wann es auf der Arbeit zu warm ist, fühlt sich für jeden anders an. Die Frage: „Wieviel Grad im Büro sind noch in Ordnung?“, ist also nicht so einfach zu beantworten. Allgemein besagt die ASR, dass die Raumtemperatur nicht über 26 Grad Celsius steigen soll, was einigen Mitarbeitern aber sicher schon zu viel ist für die Arbeit im Büro. Tatsächlich darf die Temperaturanzeige im Büro oder in der Werkstatt sogar noch höher klettern, vorausgesetzt, es ist auch draußen wärmer als 26 Grad. Dann gelten folgende Regeln:
- Bis 30 Grad Celsius: Arbeitgeber sollten jetzt erste Maßnahmen gegen die sommerliche Hitze ergreifen – sie sind jedoch dazu nicht grundsätzlich verpflichtet. Ausnahme: Wer Mitarbeitende beschäftigt, die zum Beispiel gesundheitlich vorbelastet sind, schwere Arbeit verrichten oder als besonders schutzbedürftig gelten, muss diese unbedingt schützen. Dazu gehören zum Beispiel Jugendliche, schwangere und stillende Frauen, Menschen mit Behinderungen, aber auch ältere Mitarbeitende.
- Bis 35 Grad Celsius: Jetzt dürfen Unternehmen nicht länger zögern. Sobald es im Büro und am Arbeitsplatz über 30 Grad Celsius heiß wird, ist es wichtig, lindernde Maßnahmen zu ergreifen.
- Über 35 Grad Celsius: Zeigt das Thermometer trotz aller Maßnahmen in den Büros und anderen Geschäftsräumen mehr als 35 Grad Celsius an, sind diese laut Richtlinie als Arbeitsraum ungeeignet. Personalmanager haben dann zum Beispiel die Möglichkeit, sämtliche Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken oder einen anderen, kühleren Raum im Firmengebäude als Arbeitsraum anzubieten. Ist all das nicht möglich, schicken Personalverantwortliche ihre Mitarbeiter nach Hause und verordnen Hitzefrei für alle in Büro, Werkstatt und Co. Um die Arbeitsunterbrechung kommen die Verantwortlichen im Personalmanagement nur dann herum, wenn sie Abkühlmöglichkeiten wie zum Beispiel Luftduschen gegen die Hitze anbieten: Luftduschen sehen aus wie Duschkabinen mit vielen Düsen, die mit hoher Geschwindigkeit Luft ausblasen und so den Benutzer abkühlen. Solche und ähnliche Lösungen sind an Arbeitsplätzen vorgeschrieben, an denen Hitzearbeit unvermeidbar ist – also bei körperlicher Arbeiten bei Temperaturen über 35 Grad. Das sind vor allem Arbeitsplätze an heißen Orten wie Schmelzöfen, Gießereien oder Saunen.
Diese Maßnahmen müssen Arbeitgeber ergreifen
Aber was können Arbeitgeber tun, um die Belastung durch Hitze zu senken? Die Richtlinie nennt verschiedene Möglichkeiten, mit denen Personalverantwortliche und Geschäftsführer ab 26 Grad Celsius der Hitze entgegensteuern – was sie ab 30 Grad Celsius auch definitiv müssen. Wichtig ist zum Beispiel ein effektiver Sonnenschutz, also zum Beispiel das Schließen von Jalousien und Raffstores. Auch Maßnahmen wie nächtliches Lüften, sofern sicherheitstechnisch möglich, oder das Öffnen der Fenster in den frühen und noch kühlen Morgenstunden, senken die Temperatur effektiv. Nicht zu vergessen sind elektrische Geräte. Die produzieren oft viel Abwärme und erzeugen heiße Luft. Es gilt also: Was nicht zwingend in Betrieb sein muss, lieber abschalten und nur bei Bedarf wieder einschalten.
Stellt die Firma nicht ohnehin schon Getränke zur Verfügung, muss sie das spätestens dann tun, wenn hohe Temperaturen am Arbeitsplatz herrschen. Es reicht, einen Zugang zu Trinkwasser anzubieten. Kühle Limos oder Cola wirken sich zusätzlich positiv auf die wahrscheinlich gedrückte Stimmung bei einer solchen Hitze im Büro aus.
Ventilatoren können ebenfalls die gefühlte Temperatur verringern und das Arbeiten angenehmer machen. Klimaanlagen sind übrigens keine Pflicht, solange Unternehmen alle anderen Maßnahmen und Möglichkeiten nutzen. Zeichnet sich allerdings ab, dass es in den immer wärmeren Sommermonaten regelmäßig zur Überhitzung im Büro kommt, sollten Geschäftsführer darüber nachdenken und prüfen, ob Klimaanlagen im Bürogebäude möglich sind. Mobile Klimageräte, die nur die Luft umwälzen, bringen wenig und tragen im schlimmsten Fall sogar zur Verbreitung von Krankheitserregern im Raum bei.
Außerdem können Personalverantwortliche in Absprache mit Abteilungs- und Geschäftsleitung die Arbeitszeiten lockern. Arbeitnehmer könnten dann besonders früh anfangen und vor der größten Hitze nach Hause gehen – oder gleich im Homeoffice bleiben.
Gibt es im Unternehmen eine Kleiderordnung, ist es spätestens ab 30 Grad im Gebäude an der Zeit, diese zu lockern. Statt auf feste Regeln zu bestehen, ist es an diesen Tagen empfehlenswert, auf Sakko und Krawatte zu verzichten und stattdessen eine leichte Chino mit einem luftigen oder kurzärmeligen Hemd zu tragen. Auch kurze Hosen sind eine gute Wahl.
Belastung der Belegschaft beobachten
Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, aber auch vermindertes Urteilsvermögen oder ungewöhnliches Verhalten können Anzeichen für einen Hitzschlag oder eine Hitzeerschöpfung sein. Diese Symptome sollten auf jeden Fall ernst genommen werden. Personalverantwortliche sollten Führungskräfte und Mitarbeiter dafür sensibilisieren und ein wachsames Auge auf ihre Belegschaft haben. Sie sollten zum Beispiel die Ersthelfer im Unternehmen bitten, besonders aufmerksam zu sein und nicht zu zögern, einen Krankenwagen oder Notarzt zu rufen.
Was gilt im Homeoffice?
Im klassischen Homeoffice sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst für ihr Klima am Arbeitsplatz verantwortlich – immerhin stehen ihnen zu Hause mehr Möglichkeiten zur Abkühlung zur Verfügung. Die Verantwortlichen im Personalmanagement sollten jedoch berücksichtigen, dass bei hohen Temperaturen in der Regel die Leistungsfähigkeit sinkt. Sie sollten Mitarbeiter mit einem sehr heißen Homeoffice-Platz ermutigen, ins klimatisierte Büro zu kommen. Auf keinen Fall dürfen sich Arbeitnehmer selbst hitzefrei verordnen. Ein solches Vorgehen wäre ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag und könnte eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung nach sich ziehen.
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