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Personalmanagerinnen und Personalmanager in das Top-Management | Gastbeitrag

Gastbeitrag: Personalmanagerinnen und Personalmanager in das Top-Management

26. Juli 2023 · 8 Min. Lesezeit · Gastautor

Mit der digitalen Transformation wächst eine große Chance für Human-Relations-Manager und -Managerinnen, eine deutlich größere und wichtigere Rolle im Unternehmen einzunehmen und in die Unternehmensleitung aufzusteigen. Was sind die Voraussetzungen dafür? Darauf will ich eine Antwort geben. Ich bin selbst den Weg in die Unternehmensleitung bei Phoenix Contact, einem Hightech-Unternehmen mit über 20.000 Mitarbeitenden, gegangen und war 20 Jahre darin tätig. Es sind also erlebte und praktische Beispiele, die ich im Folgenden anführe.

Voraussetzungen zum Aufstieg in die Unternehmensleitung

Was sind wichtige Voraussetzungen, um in die Unternehmensleitung aufzusteigen? Erste Voraussetzung für den Eintritt des HR-Managements in das Top-Management ist es, eine exzellente HR-Arbeit zu leisten. Alle wichtigen und innovativen Themen von HR müssen erfolgreich realisiert sein. Sie müssen dabei strikt an den Bedürfnissen des Unternehmens ausgerichtet sein. Die Bedürfnislage ist vielfältig. So muss der HR-Manager die Interessen von Geschäftsleitung, Inhabern oder Aktionären, Führungskräften, Mitarbeitenden, Betriebsrat sowie Sozialpartnern berücksichtigen. Shareholder und Stakeholder mit unterschiedlichen Ansichten zufriedenzustellen, ist eine echte Herausforderung.

Wie kann der HR-Manager messen und nachweisen, wie erfolgreich sein Tun ist? In den letzten beiden Jahrzehnten wurden Benchmark-Methoden entwickelt, um die Qualität der HR-Arbeit in Unternehmen zu analysieren. Das tun Firmen wie »Great Place to Work®«. Dieses Unternehmen diagnostiziert zum Beispiel die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und somit auch die HR-Arbeit ihrer Kundinnen und Kundinnen. Aber das ist nicht das einzige Bewertungsmerkmal, denn Konzepte können gut klingen, kommen aber nicht zwangsläufig bei Mitarbeitenden, Führungskräften und der Unternehmensleitung an. Aus diesem Grund werden von seriösen Benchmark-Unternehmen wie GPTW-Mitarbeiterbefragungen durchgeführt. Hier zeigt sich, ob die HR-Konzepte auch bei den Mitarbeitenden ankommen und realisiert sind.

Um als HR-Managerin ein Unternehmen mitzusteuern, reicht es nicht allein aus, gute HR-Arbeit zu leisten, sondern man muss vor allem generalistisch denken und agieren. Häufig bringen sich zum Beispiel Vertriebs- oder Produktionsverantwortliche in die Arbeit der HR-Manager ein und machen Vorschläge zur Optimierung der Mitarbeiterauswahl oder des Mitarbeitertrainings. Selten aber richten HR-Managerinnen kompetente Handlungsvorschläge an den Vertrieb oder die Produktion. HR-Managerinnen arbeiten primär daran, ihre HR-Kernkompetenz auszubauen. Das allein reicht jedoch nicht aus, um in die Unternehmensleitung aufzusteigen. Sie müssen über den Tellerrand ihres Fachgebietes hinaus aktiv werden.

Also muss die HR-Manager:in ein hohes Engagement aufbringen, um sich weitere Fachkompetenzen neben Human Relations anzueignen. Sie sollte in der Lage sein, bei Vertriebs-, Produktions-, Marketing- und Finanzthemen mitzureden und themenübergreifende Beiträge zu leisten. Dadurch gewinnt die HR-Managerin ein größeres Ansehen in ihrer generalistischen Kompetenz, was für den Aufstieg in die Unternehmensführung eine wichtige Voraussetzung ist.

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Die Rolle des HR-Managements bei der digitalen Transformation

Was wird im HR-Bereich besonders angesichts der digitalen Transformation gefordert sein? Vier Aspekte sind dabei besonders relevant. Einmal ist es aus meiner Sicht eine zentrale Aufgabe von HR, eine digitale Kultur bei den Mitarbeitenden zu entwickeln.

Sie stellt die positive Einstellung der Mitarbeitenden zum Thema Digitalisierung dar und ist ein unbedingtes Muss, damit neue Wege beschritten werden. Zweitens ist es eine primäre Verantwortung der Personalmanagerin, eine digitale Kompetenz der Mitarbeitenden zu entwickeln. Sie muss alle notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung stellen, damit alle Mitarbeitenden mit den neuen Technologien erfolgreich umgehen können. Drittens muss der Personalmanager einen entscheidenden Beitrag leisten, um eine neue digitale Führung zu etablieren. Er muss Konzepte und Leitlinien sowie Bildungsmaßnahmen generieren, die die heutige Führungskraft zum Coach und Enabler befähigen. Last but not least muss er Rahmenbedingungen ausbauen, die das digitale Arbeiten erweitern können. Dazu gehören IT-gesteuerte Kommunikationssysteme, neue Arbeitszeitmodelle sowie Arbeitsplatz-, Büro- und Gebäudegestaltung, wie es bei New Work der Fall ist.

Insbesondere Industrie 4.0 und die Digitalisierung betreffen im starken Maße den HR-Bereich. Neue IT-Systeme machen klassische HR-Aufgaben effizienter. Bewerbergespräche werden per Videointerviews durchgeführt. E-Learning gestaltet die Arbeit des Bildungsmanagers effektiver. Internationale IT-HR-Templates ermöglichen einen effizienteren Umgang mit Personaldaten. Durch die Digitalisierung werden bürokratische Aufgaben der HR-Verantwortlichen einfacher und durch IT-Systeme substituiert.

Die auf die Zukunft ausgerichtete HR-Managerin muss sich unternehmensstrategischen Themen widmen, die auch außerhalb ihrer traditionellen HR-Kompetenz liegen. Sie muss sich stärker um die langfristig angelegten Unternehmensstrategien zur Erreichung der Visionen und Ziele bemühen. Dabei sollten mittelfristige (ca. 3–5 Jahre) und langfristige (ca. 5–10 Jahre) Unternehmensziele im Mittelpunkt stehen. Der HR-Manager sollte bewirken, dass er in und mit der Geschäftsleitung die Zukunft des Unternehmens gestaltet, denn dort kann er Kraft dieser Position am meisten bewirken. Themen wie zukünftige Märkte und Marktentwicklungen in einer globalisierten Welt sollten in seinen Fokus gelangen. Welche Produkte, Lösungen und Dienstleistungen benötigen die Kundinnen und Kunden morgen? Welche Entwicklungs- und Produktionsmöglichkeiten müssen geschaffen oder ausgebaut werden? Welche Vertriebskanäle wie E-Sales werden eine relevante Rolle spielen?

Die HR-Managerin sollte die Strategie des Unternehmens primär von Kunden und Markt ableiten und entwickeln. Um dabei von einer Geschäftsleitung akzeptiert zu werden, muss sie selbstverständlich Kenntnisse über Markt-, Kunden- und Produktentwicklung haben. Denn ein Unternehmen muss immer vom Markt her entwickelt werden.

Voraussetzung ist das Verstehen des Marktes und das erfolgreiche Mitentwickeln der daraus resultierenden Unternehmensstrategien. Zur strategischen Zielplanung gehören Unternehmenspolitik und Unternehmensleitbild. Daraus werden Unternehmens-, Geschäftsbereichsstrategien sowie Businesspläne abgeleitet. Ganzheitliche Unternehmensstrategien sollten das Ziel sein.

Future ready People & Culture

Buchauszug aus: Future ready People & Culture, herausgegeben von Dominique René Fara. Erschienen 2023 im Haufe-Verlag.

Mehr Verantwortung als nur für Human Relations

Die moderne HR-Managerin sollte auch über die Aufgaben von HR hinaus weitere Schlüsselfunktionen innerhalb der Unternehmensleitung übernehmen. Dadurch erhält sie mehr Gewicht. Das ist keine theoretische Forderung. Weil ich stets den geschilderten Ansatz verfolgt habe, gehörten wie oben beschrieben neben Human Relations auch Information Technology und Facility Management zu meinen Aufgaben innerhalb der Geschäftsführung von Phoenix Contact.

Die drei Themen passen sehr gut zusammen, da sie bei der digitalen Transformation auf den langfristigen Unternehmenserfolg ausgerichtet und stark voneinander abhängig sind. Wenn man sich an den Kundinnen und dem Markt orientiert, wird man in der Unternehmensstrategie definieren, in welche Märkte man mit welchen innovativen Produkten gehen will. Daraus wird abgeleitet, wie viel Personal mit welcher Qualifikation man in welchen Regionen benötigt. Dafür müssen Pläne von Facility Management erstellt werden, welche Gebäude wie gestaltet und schließlich gekauft, geleast oder gebaut werden müssen, um den Menschen adäquate Arbeitsplätze zu bieten. Da die Mitarbeitenden alle notwendigen Daten in der Welt der Digitalisierung zur Verfügung haben müssen, ist eine moderne und vorausschauende Informationstechnologie notwendig.

Der HR-Manager als Generalist

Eine wesentliche Voraussetzung ist es also, Know-how in anderen Managementthemen zu besitzen. So sollte sich die HR-Managerin weiterhin in Themen wie zum Beispiel Produktion, Entwicklung, Marketing und Vertrieb einarbeiten. Hier wird von ihr zwar kein Detailwissen verlangt, aber sie muss über Kenntnisse hinsichtlich der Themen verfügen, die die allgemeine Unternehmensführung tangieren. Sie sollte sich auf ein generalistisches Know-how ausrichten und in der Lage sein, sich von ihrem Personaldetailwissen ein wenig zu distanzieren.

Die HR-Managerin als Steering-Partner

Der HR-Manager sollte sich nicht mit einer Beraterrolle der Unternehmensleitung wie im Business-Partner-Modell von Dave Ulrich zufriedengeben, sondern Mitglied der Unternehmensleitung sein. Von dieser Position aus kann er Konzepte für Human Relations erfolgreicher realisieren, die das Unternehmen nach vorne bringen und dessen Zukunft sichern und ausbauen.

Der HR-Manager als Visionär

Viele Versuche wurden unternommen, um eine Wertschöpfung und Renditesteigerung der HR-Leistung zahlenmäßig zu erfassen. So wurden Stabsabteilungen mit wochenlangen und kostenaufwendigen Analysen konfrontiert. Die gewonnenen Erkenntnisse bestehen meistens darin, dass eine dezidierte Validierung von diversen Personalthemen äußerst aufwendig ist.

Mit Personalthemen kann man am besten überzeugen, wenn man selbst an den Erfolg glaubt und diese Überzeugung glaubwürdig vertritt. Hier spreche ich von der HR-Managerin als Visionärin. Sie sollte sich wie eine exzellente Verkäuferin verhalten.

Der HR-Manager als Begeisterer

Eine Unternehmensleitung muss motivieren, ja mitreißen und begeistern können. Nur dann folgen die Mitarbeitenden und das Unternehmen wird erfolgreicher. Das ist auch die Herausforderung an eine Personalmanagerin, die in die Unternehmensleitung aufgenommen werden und dort erfolgreich tätig sein will. Sie sollte sich an guten Vertriebs- und Marketingkolleginnen orientieren und ihre Persönlichkeit derart entwickeln, dass sie eine hohe Begeisterungsfähigkeit hat. Die besten Argumente wirken wenig, wenn neben dem Kopf nicht auch das Herz angesprochen wird.

Zukunftschancen für HR-Managerinnen

Die Chancen für Personalmanagerinnen und Personalmanager, in die Unternehmensleitung aufzusteigen und weitere Geschäftsbereiche zu übernehmen, sind vorhanden. Die digitale Transformation, die demografische Entwicklung, die Globalisierung und der Wertewandel stellen unsere Unternehmen vor spannende Herausforderungen. Ab 2030 wird die Anzahl der Fach- und Arbeitskräfte in Deutschland stark zurückgehen. Dann werden wir fast zehn Millionen weniger arbeitende Menschen haben. Durch intelligente, strategische und vorauseilende Geschäftsstrategien sowie einer erfolgreichen Umsetzung der digitalen Transformation, die auch Defizite durch schwindende Arbeitskräfte kompensieren kann, können wir HR-Verantwortliche den Erfolg unserer Unternehmen entscheidend mitgestalten. Dabei sollten wir uns Geschäftsbereichen wie Information Technology und Facility Management annehmen.

Prof. Dr. Gunther Olesch

Über Prof. Dr. Gunther Olesch: Als ehemaliger Geschäftsführer sowie Chief Human Resources Officer, Information Technology and Facility Management bei Phoenix Contact GmbH & Co KG zählte ihn die Zeitschrift Personalmagazin sechsmal zu den führenden Personalmanagern Deutschlands. Während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer wurde Phoenix Contact zwölfmal als bester Arbeitgeber Deutschlands und zweimal Europas prämiert. Heute ist er Geschäftsführer der Gunther Olesch Performance UG.

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