Die Urlaubsrückstellung: Wenn am Ende vom Jahr noch freie Tage übrige sind
Haben Ihre Mitarbeiter noch Resturlaub? Dann geht es Ihnen wie vielen anderen Personalern auch. Schließlich kommt es immer wieder vor, dass Angestellte ihren Jahresurlaub nicht aufbrauchen. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Wichtig ist für Arbeitgeber dabei die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Lesen Sie hier alles, was Sie über Urlaubsrückstellungen wissen müssen.
Urlaubsrückstellung – was ist das?
Urlaub. Für die einen der Höhepunkt des Arbeitsjahres, für andere ein notwendiges Übel. Doch ganz egal, ob man den Urlaub nun herbeisehnt oder nicht – nehmen muss ihn jeder. Und zwar innerhalb des aktuellen Geschäftsjahres. Das sieht das Gesetz so vor. Unter bestimmten Voraussetzungen jedoch können übrig gebliebene Urlaubstage ins Folgejahr übertragen werden. Dieser Resturlaub muss dann bis spätestens 31. März vom Arbeitnehmer genommen werden, wenn der Urlaubsanspruch nicht verfallen soll. Dies gilt auch für den Urlaubsanspruch bei Teilzeit.
Wenn ein Mitarbeiter seinen Jahresurlaub nicht bis zum Ende des laufenden Jahres aufbraucht, entsteht für den Arbeitgeber ein sogenannter Erfüllungsrückstand. In diesem Fall muss der Arbeitgeber eine Urlaubsrückstellung bilden. Das heißt, er überträgt den restlichen Urlaub des Mitarbeiters in das Folgejahr und bildet in seiner Bilanz eine Rückstellung.
Urlaubsrückstellung: Die gesetzliche Lage
Die gesetzliche Vorgabe zur Mitnahme von Urlaubstagen ins Folgejahr wirkt auf den ersten Blick etwas komplex. Geregelt ist die Urlaubsrückstellung in Bundesurlaubsgesetz, genauer gesagt im § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dort heißt es ohne Umschweife: “Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden.”
Aber wie bereits erwähnt gibt es hier Ausnahmen von der Regel. Die sind allerdings bewusst so formuliert, dass sie einen Spielraum zur Interpretation lassen. Denn im gleichen Paragraphen heißt es weiter: “Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden.”
In der Praxis muss allerdings kein Arbeitnehmer fürchten, dass sein nicht genommener Urlaub mit Stichtag 31. Dezember verfällt. Auch wenn im Gesetzestext von bestimmten “Gründen” die Rede ist, die gegeben sein müssen, damit Urlaub ins nächste Jahr mitgenommen werden darf – normalerweise werden die restlichen Urlaubstage anstandslos ins Folgejahr übertragen. Aber eben mit der Einschränkung, dass sie fristgerecht bis 31. März aufgebraucht werden müssen.
Rückstellungen einfach erklärt
Um den Themenkomplex der Urlaubsrückstellungen besser zu verstehen, muss man wissen, dass Rückstellungen auch andere Bereiche als den Urlaub betreffen können. Daher zuerst die Rückstellungs-Basics.
Hier eine allgemeine Definition, wofür Rückstellungen überhaupt gut sind:
- Rückstellungen werden gebildet für erwartete Verbindlichkeiten
- Diese müssen im abgelaufenen Geschäftsjahr entstanden sein
- Höhe und Fälligkeit sind allerdings noch ungewiss
Mit anderen Worten: Wenn für ein Unternehmen abzusehen ist, dass im nächsten Geschäftsjahr bestimmte Zahlungen fällig sein werden oder könnten, dann muss es in seiner Bilanz Rückstellungen bilden.
Rückstellungen sind in § 249 Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Dort wird jedoch kein einziges Mal das Wort Urlaub erwähnt. Im Gesetzestext heißt es lediglich, dass Rückstellungen für “ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden” sind. Der Text ist deswegen so schwammig gehalten, weil er nicht nur das Thema Urlaub betrifft, sondern auch weitere Bereiche.
Denn Rückstellungen können im Rechnungswesen für eine ganze Reihe von Verbindlichkeiten gebildet werden. Dazu zählen:
- Steuerrückstellungen
- Garantierückstellungen
- Urlaubsrückstellungen
- Prozessrückstellungen
- Pensionsrückstellungen
Rückstellungen sind also Schulden, deren genaue Höhe und Fälligkeit noch nicht bekannt sind. Weil Unternehmen aber zur Angabe sämtlicher Vermögenssachverhalte angehalten sind, müssen auch ungewisse vermögensschmälernde Verpflichtungen ausgewiesen werden.
3 Beispiele für Rückstellungen
- Steuerrückstellungen: Werden für jene Steuern gebildet, welche innerhalb eines Geschäftsjahres entstehen, deren genaue Höhe aber noch nicht bekannt ist.
- Prozessrückstellungen: Werden bei laufenden oder anhängigen Gerichtsverfahren gebildet. Die Höhe wird nach den zu erwartenden Zahlungen bemessen.
- Pensionsrückstellungen: Werden für Zahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung gebildet.
Wie man sieht, ist das Prinzip der Rückstellung immer das gleiche: Es existiert meist eine “ungewisse Verbindlichkeit”. Man muss also einen Geldbetrag zahlen, von dem man weder genau weiß, wie hoch er ist, noch wann man ihn zahlen muss.
Urlaubsrückstellung und Urlaubsabgeltung
Die Urlaubsrückstellung ist nicht mit der Urlaubsabgeltung zu verwechseln.
Von einer Urlaubsabgeltung spricht man dann, wenn ein Mitarbeiter mit Resturlaub gekündigt wird oder das Unternehmen insolvent geht. Die Firma muss dem scheidenden Mitarbeiter dann seinen Resturlaub auszahlen.
Oder anders ausgedrückt: Urlaubsrückstellungen sind Passivpositionen in der Bilanz und betreffen die Buchhaltung. Bei einer Urlaubsabgeltung wird Resturlaub in Entgelt umgewandelt, welches auf dem Konto des gekündigten Mitarbeiters landet.
Wenn ein Mitarbeiter mit Resturlaub gekündigt wird, gibt es unterschiedliche Szenarien:
Kündigt der Arbeitgeber einem Mitarbeiter fristlos, hat dieser nicht mehr die Möglichkeit, seinen Resturlaub zu konsumieren. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, den Urlaub finanziell abzugelten.
Wird ein Mitarbeiter ordentlich gekündigt, kann es sein, dass der Arbeitgeber die Dienste des Mitarbeiters noch dringend benötigt – etwa wegen hoher Auftragslage oder Personalknappheit. Der Mitarbeiter kann seine restlichen Urlaubstage also nicht mehr aufbrauchen. Auch in diesem Fall ist der Arbeitgeber dazu angehalten, den Resturlaub monetär abzugelten.
Eine freiwillig gewählte Auszahlung ist nicht möglich. Ein Arbeitnehmer hat also nicht die Möglichkeit, sich für nicht genommene Urlaubstage einfach monetär entschädigen zu lassen. Arbeitsrechtlich dient der Urlaub nämlich der Erholung des Mitarbeiters. Der Grundsatz lautet dabei immer: Wenn ein Mitarbeiter Urlaub nehmen kann, hat dieser stets Vorrang vor einer Abgeltung.
Eine Urlaubsrückstellung muss übrigens nicht gebildet werden, wenn ein Mitarbeiter mit Resturlaub zum Jahresbeginn den Arbeitgeber wechselt. Der Arbeitgeber muss aber auch in diesem Fall den Resturlaub finanziell abgelten.
Berechnung der Urlaubsabgeltung
Berechnungsgrundlage für die Urlaubsabgeltung ist nach § 11 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) der durchschnittliche Verdienst der letzten 13 Wochen bzw. eines Quartals.
Hier geht es um den Betrag, den ein Mitarbeiter mit Resturlaub beim Ausscheiden aus dem Unternehmen ausgezahlt bekommt.
Berechnung der Urlaubsrückstellung
Für die Berechnung der Urlaubsrückstellung existieren zwei verschiedene Arten:
- Individualberechnung: Diese Form der Berechnung eignet sich für kleine Unternehmen mit überschaubarer Belegschaft. Der Rückstellungswert lässt sich für jeden einzelnen Mitarbeiter individuell berechnen. Nachteil dieser Methode ist, dass sie viel Zeit verschlingt.
- Durchschnittsberechnung: Größere Unternehmen wählen in der Regel diese Berechnungsart. Ab einer gewissen Belegschaftsgröße wird die individuelle Berechnung nämlich zu aufwendig. Bei dieser Variante werden alle Mitarbeiter zusammengerechnet. Nachteil der Durchschnittsberechnung ist, dass sich die Rückstellungswerte nicht exakt ermitteln lassen.
Die Formel für Urlaubsrückstellungen lautet bei beiden Methoden:
Maßgebliches Urlaubsentgelt / Tatsächliche Arbeitstage * Offene Urlaubstage
Wenn sich ein Unternehmen für eine Berechnungsart entschieden hat, muss es diese in den Folgejahren beibehalten. Nur in Ausnahmefällen ist ein Wechsel möglich. Für welche Methode man sich auch entscheidet: In der Steuerbilanz benötigt man für beide Berechnungsarten die gleichen Lohn- und Gehaltsdaten. Diese wären:
- Jahres-Bruttoarbeitsengelt
- Urlaubsgeld
- Weihnachtsgeld
- Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung)
- Beiträge zur Berufsgenossenschaft
Zur Berechnung für die Handelsbilanz benötigt man bei den Urlaubsrückstellungen zudem noch diese Angaben:
- Vermögenswirksame Leistungen
- Zuführungen zu Pensionsrückstellungen
- Jubiläumsrückstellungen