Arbeitszeiten verpflichtend erfassen? In Österreich längst Wirklichkeit | Interview
Das BAG-Urteil zur Erfassung der Arbeitszeit ist im September 2022 für eine Menge Wirbel in Deutschland bestimmt. Während jetzt noch am neuen Gesetz gearbeitet wird, besteht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in Österreich schon lange. Christoph Lückl, CEO von TimeTac, einem der führenden Anbieter für digitale Zeiterfassungslösungen am deutschsprachigen Markt, gibt einen Einblick in die Praxis der Zeiterfassung.
Was die Arbeitszeiterfassung in Österreich bedeutet
In Österreich gibt es bereits seit mehreren Jahrzehnten die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Das bedeutet, dass sie für euch schon gelebte Praxis ist, oder?
Das stimmt, die Pflicht zur Zeiterfassung ist in Österreich bereits seit vielen Jahren im Bundesgesetz verankert. Man könnte es sich gar nicht mehr ohne eine Arbeitszeitaufzeichnung vorstellen, da sie sowohl für Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende so viele Erleichterungen mit sich bringt.
Obwohl es in Deutschland noch kein Gesetz zur verpflichtenden Zeiterfassung gibt, stammen fast 70% der über 4.000 TimeTac-Kunden von dort. Woher kommt das?
Grundsätzlich müssen alle europäischen Arbeitgebenden seit dem EuGH-Urteil vom Mai 2019 die tägliche Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden mit einem objektiven, verlässlichen und zugänglichen Zeiterfassungssystem erfassen.
Doch schon davor haben viele deutsche Unternehmen die Vorteile einer Zeiterfassung erkannt. Beispielsweise gibt es ein enormes Einsparungspotenzial bei der Verwaltung der Arbeitszeiten, eine rasche und unkomplizierte Lohnabrechnung oder weniger Administrationsaufwand bei der Urlaubsverwaltung. Zudem lassen sich mit einer digitalen Lösung Arbeitszeiten inklusive Überstunden und Fehlzeiten automatisch berechnen und mittels Schnittstellen direkt an die Lohnabrechnung übermitteln. Das bedeutet weniger Aufwand, Fehler und Kosten. Und eine digitale Zeiterfassung bietet jederzeit volle Transparenz für Mitarbeitende, Personalabteilung und Geschäftsführung.
Unsere Erfahrung zeigt: Sobald mit der Zeiterfassung gearbeitet wird, sind die meisten Mitarbeitenden sehr zufrieden, da sie einen guten Überblick über ihre Arbeitszeiten, Urlaubstage und Überstunden haben.
Welche Anforderungen haben Unternehmen an eine Zeiterfassung?
Das ist sehr unterschiedlich und hängt einerseits von der Unternehmensgröße und Branche ab und andererseits, was das Unternehmen von einer Zeiterfassung erwartet, welche Herausforderungen es lösen möchte. Funktionen, die bei uns immer wieder gefragt sind, beziehen sich auf Antrags-Workflows und Urlaubskalender, die die Urlaubsplanung erleichtern. Ebenso sind eine übersichtliche Stundenabrechnung, die Möglichkeit, verschiedene Arbeitszeitmodelle abzubilden, sowie schnelle Auswertungsfunktionen sehr gefragt.
TimeTac kennt die Branche: Auf was sollten Unternehmen bei der Auswahl ihrer Lösung und ihres Anbieters unbedingt achten?
Wie gesagt, das ist von den Vorstellungen der Kundinnen und Kunden abhängig. Grundsätzlich würde ich aber auf folgende Eigenschaften bzw. Funktionen achten: Zum einen sollte ein Anbieter für Zeiterfassung bereits länger am Markt tätig sein und über gute Kundenreferenzen, Auszeichnungen und Zertifizierungen verfügen. Zum anderen sollten Unternehmen auf die Skalierbarkeit ihrer Zeiterfassungslösung achten: Kann die Zeiterfassung mitwachsen, wenn das Unternehmen größer wird und seine Anforderungen steigen? Können Firmen die Zeiterfassung an ihre individuellen Anforderungen anpassen? Ein weiterer wichtiger Punkt ist außerdem, ob eine Zeiterfassung DSGVO-konform ist und ob sie die arbeitsrechtlichen Vorgaben eines Landes und die der entsprechenden Branche abbilden kann.
Unternehmen sollten zudem während der Auswahlphase prüfen, ob der von ihnen bevorzugte Zeiterfassungs-Anbieter einen kompetenten Kunden-Support in ihrer Sprache anbietet, der auch rasch erreichbar ist.
Was sind erfahrungsgemäß die häufigsten Probleme, die sich bei der Implementierung einer Zeiterfassung ergeben?
Ein Tipp, der den Prozess sicherlich einfacher macht: Ich würde immer frühzeitig ausgewählte Mitarbeitende in den Auswahlprozess miteinbeziehen und die Software dann auf Herz und Nieren testen. Seriöse Anbieter haben eine Testphase, bei der die Unternehmen betreut werden.
Arbeitszeiterfassung hat bei manchen Beschäftigten keinen guten Ruf. Viele fühlen sich kontrolliert. Woran könnte das liegen?
Das stimmt, das hören wir immer wieder auch von unseren Kundinnen und Kunden bei unseren Gesprächen. Bei der Einführung einer Zeiterfassung hält sich die anfängliche Begeisterung der Mitarbeitenden oftmals in Grenzen. Sie sind eher skeptisch, vermuten einen Anstieg des Verwaltungsaufwandes. Einige fühlen sich in ihrer Arbeitsleistung auch kontrolliert, weil sie plötzlich genauere Angaben zu ihrer Arbeitszeit und -leistung machen müssen.
Unsere Erfahrung zeigt: Sobald mit der Zeiterfassung gearbeitet wird, sind die meisten Mitarbeitenden sehr zufrieden, da sie einen guten Überblick über ihre Arbeitszeiten, Urlaubstage und Überstunden haben. Die Transparenz, die eine Zeiterfassung-Software schafft, stärkt auch das Vertrauen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden.
Überwachung bietet im Übrigen nur die Illusion von Kontrolle. Denn fühlen sich Mitarbeitende überwacht, sinkt nicht nur ihr Vertrauen und damit ihre Moral, sondern es wird auch bewusst nach Schlupflöchern gesucht, um der Situation zu entkommen.
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13 Fragen und Antworten zur Zeiterfassung
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Was ein mögliches Gesetz zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung angeht: Was sind die Prognosen für die kommenden Monate und was wird sich verändern?
Wir rechnen damit, dass das Gesetz in Deutschland in den nächsten Monaten in Kraft tritt. Viele Unternehmen haben sich bereits rechtzeitig auf das Gesetz vorbereitet und sind schon längst auf der sicheren Seite.
Ich rate Unternehmen nicht, bis zum letzten Moment zu warten, sondern bereits jetzt mit der Umsetzung zu starten, um nicht am Ende unter Zugzwang zu geraten. Große Unternehmen sollten auf keinen Fall den Aufwand der Einführung unterschätzen und Vorlaufzeit einrechnen.
Ich sehe die Pflicht für viele Betriebe als große Chance und ersten oder weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung. Denn einige Unternehmen unterschätzen nach wie vor das Potenzial, das effizientere Arbeitsabläufe rund um die Zeitwirtschaft bieten können.
Über Christoph Lückl: Christoph Lückl ist Chief Executive Officer bei TimeTac und unterrichtet nebenbei als externer Lektor an der FH Joanneum Graz im Masterstudiengang Digital Entrepreneurship und an der Universität Graz am Institut für Unternehmensführung und Entrepreneurship. TimeTac ist einer der führenden Software Anbieter zur Zeiterfassung für mittlere und große Unternehmen in der DACH-Region. Mit der Software von TimeTac erfassen und verwalten User Arbeitszeiten, Projektzeiten sowie Urlaubs- und Abwesenheitszeiten.