Definition und Gründe

Präsentismus

7 Min. Lesezeit | Zur Lexikon-Übersicht

Was tun, wenn Angestellte krank zur Arbeit erscheinen?

Der Hals kratzt, der Kopf drückt? Für mehr als die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer kein Grund, um von der Arbeit fernzubleiben. Sie greifen eher zu Medikamenten, als ihrem Körper eine Pause zu gönnen. Präsentismus ist einer der größten Unkostenfaktoren für deutsche Unternehmen. Sogar noch größer als regelmäßige Krankheitsausfälle.

Die Gründe für Präsentismus sind vielfältig und die Folgen können schwerwiegend sein – sowohl für den Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer. Daher ist es ratsam, dass sich besonders Vorgesetzte und Human Resources Manager frühzeitig mit den Gründen für Präsentismus beschäftigen, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Was ist Präsentismus? Eine Definition

Präsentismus bezeichnet laut Definition das Phänomen, wenn Angestellte trotz Erkrankung am Arbeitsplatz erscheinen. In der Regel verzichten sie auf einen Arztbesuch oder nehmen ihre Arbeit trotz Krankschreibung im Homeoffice wieder auf. Präsentismus am Arbeitsplatz findet sich besonders in der modernen Arbeitswelt wieder und führt häufig zu einer niedrigen Produktivität und dadurch zu wirtschaftlichen Verlusten. Die Verbreitung von Präsentismus ist nur schwer zu bestimmen, da krank arbeitende Mitarbeiter  – anders als bei Krankmeldungen – nicht erfasst werden.

Bei welchen Krankheiten kommt es häufig zu Präsentismus?

Gerade vermeintlich leichte Erkrankungen sind für viele Angestellte Anlass, trotzdem bei ihrer Arbeitsstelle zu erscheinen. Dabei birgt dieses Verhalten ein großes Risiko, die Krankheit zu verschleppen oder chronische Erkrankungen zu entwickeln.

Zu den typischen Krankheitserscheinungen bei Präsentismus zählen:

  • Erkältung oder Grippe
  • Kopfschmerzen oder Migräne
  • Magenerkrankungen
  • Psychische Erkrankungen
  • Burnout

Hinweis: Wenn ein krankgemeldeter Mitarbeiter sich wieder fit fühlt, kann er die Arbeit weiterführen oder vorzeitig wiederaufnehmen. Aus Rücksicht auf die Kollegen ist es bei ansteckenden Krankheiten jedoch empfehlenswert, vorerst zu Hause zu bleiben und von dort aus zu arbeiten.

Was ist der Unterschied zwischen Präsentismus und Absentismus?

Anders als beim Präsentismus, bleiben die Mitarbeiter beim Absentismus dem Arbeitsplatz krankheitsbedingt überdurchschnittlich häufig fern. Teilweise lassen sich Angestellte auch ohne gesundheitliche Beschwerden krankschreiben. Dies führt zu einer niedrigeren Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer. Für Unternehmen steigen wiederum die Kosten. Jedoch fallen diese Mehrkosten nicht so hoch wie beim Präsentismus aus.

Präsentismus: Laut Definition handelt es sich dabei um das Phänomen, dass Mitarbeiter trotz Krankheit zur Arbeit kommen

Was kostet Präsentismus?

Studien zu Präsentismus zeigen, wie weit verbreitet und teuer dieser ist. Laut einer Studie des Strategieberatungsunternehmens Booz & Company nehmen die Kosten von Präsentismus etwa zwei Drittel der Gesamtausgaben ein, die in deutschen Firmen wegen Krankheiten anfallen. Eine weitere Präsentismus-Studie der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2022 belegt, dass 56,9 Prozent der 11.000 darin befragten Beschäftigten regelmäßig arbeiten, obwohl sie eigentlich krank sind. 

Welche Motivationen führen zu Präsentismus?

Die Ursachen von Präsentismus sind vielfältig und lassen sich auf drei verschiedene Motivationen zurückführen:

1. Arbeitsbezogene Motivation

Eine hohe Arbeitsbelastung, ambitionierte Anforderungen oder das Arbeiten in einer Führungsposition führen bei den Betroffenen dazu, dass ihnen krankheitsbedingte Fehlzeiten im Unternehmen als nicht vereinbar mit ihren Tätigkeiten erscheinen.

2. Personenbezogene Motivation

Der Mitarbeiter ist emotional stark mit dem Unternehmen und seinen Kollegen verbunden, was für eine hohe Zufriedenheit am Arbeitsplatz sorgt. Der Mitarbeiter möchte den eigenen Ausfall daher möglichst vermeiden.

3. Organisationsbezogene Motivation

Präsentismus ist besonders auf negative Vorerfahrungen zurückzuführen. Diese können mit Angst um die eigene Position im Unternehmen oder mit strengen Anwesenheitspflichten zusammenhängen.

Im Detail liegen diesen  Motivationen verschiedene Ursachen zugrunde, weshalb Angestellte selbst im Krankheitsfall weiterarbeiten.

Bei Präsentismus sind diese Gründe entscheidend: 

  • Zu viel Arbeit, die durch Ausfälle liegen bleibt und nur schwer aufzuholen wäre.
  • Schuldgefühle aufgrund eines falschen Gefühls der Kollegialität.
  • Sorge vor einer Kündigung und damit verbunden mit einer finanziellen Notlage.
  • Zu knappe Zeitbemessung, um Projekte umzusetzen.
  • Ein Gefühl der Erfüllung im Job, die bei einem krankheitsbedingten Ausfall fehlen würde.
  • Personalnot, weshalb eine Vertretung nur schwer oder gar nicht möglich ist.
  • Unterschätzung der Schwere der eigenen Krankheit.
  • Erfolgsdruck am Arbeitsplatz und Angst vor beruflichen Nachteilen durch Fehlzeiten.
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Was sind die Folgen von Präsentismus?

Präsentismus schadet dem Unternehmen, den Kollegen und den betroffenen Mitarbeitern selbst.

Zu den häufigsten Folgen von Präsentismus zählen:

Niedrige Produktivität und wirtschaftliche Verluste

Niemand kann angeschlagen die volle Arbeitsleistung erbringen. Ob bei einer Erkrankung, Stress, Burnout oder Schlafstörungen: Wenn Angestellte krank am Arbeitsplatz erscheinen, mindert dies die allgemeine Produktivität. Projekte ziehen sich in die Länge, Aufgaben werden unsauber umgesetzt und eventuell kommt es zu Spannungen im Team. Dies bedeutet auch immer höhere Kosten für Unternehmen.

Gesundheitliche Folgeschäden

Wenn Angestellte ihrem Körper bei einer Erkrankung keine Ruhe gönnen, laufen sie Gefahr, dass sie sich nur langsam erholen oder die Krankheit gar chronisch wird. Schlimmstenfalls führt dies zur Arbeitsunfähigkeit.

Höheres Risiko für Fehler und Unfälle

Ein angeschlagener Mitarbeiter ist schnell unkonzentriert. Dies hat unter anderem zur Folge, dass er Projekte fehlerhaft umsetzt. Unter Umständen führt die beeinträchtigte Aufmerksamkeit auch zu Unfällen am Arbeitsplatz.

Angesteckte Kollegen

Infektiöse Krankheiten schaden nicht nur den betroffenen Mitarbeitern. Es besteht auch das erhöhte Risiko, Arbeitskollegen anzustecken. Wenn diese ausfallen oder trotz ihrer Krankheit ebenfalls weiterarbeiten, zieht dies negative wirtschaftliche Folgen für das Unternehmen nach sich. Für Vorgesetzte ist daher wichtig, darauf zu achten, dass Arbeitnehmer nicht mit übertragbaren Krankheiten zur Arbeit erscheinen.

Arbeitsplatzverlust

Nicht auskurierte Krankheiten führen zu Fehlern bei der Arbeit und chronischen Erkrankungen von Mitarbeitern. Im schlimmsten Fall aber zum Verlust des Arbeitsplatzes. Und zwar aufgrund anhaltender schlechter Leistungen oder weil der Angestellte die Arbeit gesundheitlich nicht mehr ausführen kann.

Welche Maßnahmen helfen bei Präsentismus?

Bei der Prävention von Präsentismus müssen Führungskräfte und HR-Manager verstehen, welche Gründe Angestellte zu Präsentismus verleiten. Erst so sind geeignete Maßnahmen für die betriebliche Gesundheitsmanagement sowie das Human Resource Management möglich.

Zu den effektivsten Maßnahmen gegen Präsentismus am Arbeitsplatz zählen:

Regelmäßiger Austausch und Aufklärung

Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, wie es ihnen geht. Ob in einem kurzen Flurgespräch, als Umfrage per Mail oder in einem Mitarbeitergespräch. Nur durch regelmäßigen Austausch finden Vorgesetzte heraus, was die Gründe für Präsentismus sind. Auch Beratungsstellen im Betrieb sowie Seminare oder Coachings zur Aufklärung sind möglich. Denn vielen Mitarbeitern sind bei Präsentismus die Kosten und gesundheitlichen Folgen in ihrem vollen Ausmaß gar nicht bekannt.

Flexible Arbeitsmodelle

Eine realistische Projektplanung und Arbeitszeiteinteilung entlastet Angestellte sowohl körperlich als auch mental. Durch ausreichend zeitliche und personelle Ressourcen wissen Arbeitnehmer, dass ein Ausfall keine Katastrophe ist. Projektleiter sollten eventuelle Fehlzeiten direkt in ihre Planung mitaufnehmen.

Mitarbeiterfreundliche Unternehmenskultur

Unternehmen, in denen die Gesundheit der Mitarbeiter an erster Stelle steht, profitieren von zufriedenen Angestellten und weniger Ausfällen. Zu einer mitarbeiterfreundlichen Unternehmenskultur zählt unter anderem der offene Umgang mit jeglichen Krankheitsformen. Regelmäßiges, wertschätzendes Feedback gibt den Angestellten zudem das Gefühl, sich nicht durch Arbeit auszeichnen zu müssen. Dies führt dazu, dass sie sich im Krankheitsfall eher eine Pause gönnen.

Führungskräfte als Vorbilder

Die Art, wie Führungskräfte mit den Mitarbeitern agieren, bestimmt deren gesamtes Verhalten. Erhalten diese täglich großen Druck oder sogar negative Reaktionen auf Fehlzeiten? Dann steigen automatisch die Chancen für Präsentismus.

Gerade wenn auch Vorgesetzte häufig krank zur Arbeit kommen, eifern ihnen die Angestellten oft nach. Führungskräfte müssen als Vorbilder vorangehen und deutlich zeigen, dass Bettruhe im Krankheitsfall normal und gewollt ist.

Betriebliche Gesundheitsförderung

Angebote zur Gesundheitsprävention sind der beste Schritt, um Krankheiten generell zu vermeiden. Medizinische Check-ups, Kooperationen mit Fitnessstudios, Massageangebote oder gemeinsame Sport- und Stressbewältigungskurse fördern die Gesundheit der Mitarbeiter und schaffen zudem ein höheres Bewusstsein für das eigene Wohlbefinden.

Präsentismus kurzgefasst


Disclaimer

Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.

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