Mythen über die Krankmeldung und Krankschreibung
Beim Thema Krankmeldung herrscht viel Unwissenheit. Nicht selten stellen Arbeitnehmer immer wieder dieselben Fragen:
Ein Tag krank: Brauche ich eine Krankmeldung oder eine Krankschreibung?
Sicher kennt jeder die Situation: Man fühlt sich zu krank zum Arbeiten, geht aber davon aus, dass man schon am nächsten Tag wieder auf dem Damm ist. Und dafür dann im Wartezimmer seines Hausarztes warten? Nun, wie bereits erwähnt muss eine Krankmeldung an den Arbeitgeber schon am ersten Krankheitstag gehen, aber eine Krankschreibung bzw. ein Attest benötigen Arbeitnehmer normalerweise erst ab dem vierten Krankheitstag. Insofern ist es Arbeitnehmern tatsächlich möglich, bis zu drei Tage zu Hause zu bleiben, obwohl sie krank ohne Attest sind.
Wann muss die Krankschreibung beim Chef sein?
Ist der Mitarbeiter mindestens drei Tage krank, ist er seinem Chef gegenüber in der Nachweispflicht, der er mit einer ärztlichen Krankschreibung nachkommen muss.
Die Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit muss nach dem dritten Tag und damit spätestens am vierten Krankheitstag bei dem Unternehmen angekommen sein. In §5 EntgFG heißt es dazu:
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen
Hier gilt es aufzupassen, denn gerechnet wird mit Kalendertagen und nicht in Arbeitstagen. Kurzum: Das Wochenende zählt mit!
Allerdings darf ein Unternehmen unter gewissen Umständen auch früher ein ärztliches Attest für den Arbeitgeber anfordern. Denn falls dieser Fall im Arbeitsvertrag festgelegt ist, kann der Arbeitgeber eine AU auch bereits früher verlangen. Kommt der Arbeitnehmer dieser Aufforderung nicht nach, so kann es sein, dass ihm die Fortzahlung des Lohnes für den entsprechenden Zeitraum verwehrt wird. Wie bereits erwähnt, kann auch eine Abmahnung folgen.
Ist eine Krankschreibung ohne Arztbesuch möglich?
Während der Coronapandemie ermöglichte die Politik es den Versicherten, sich bei Atemwegserkrankungen auch ohne Arztbesuch krankschreiben zu lassen. Voraussetzung dafür war jedoch in jedem Fall ein Anruf bei der entsprechenden Praxis. Allerdings ist diese Möglichkeit immer zeitlich begrenzt (gewesen).
Im Gegensatz dazu ist es seit 2020 möglich, sich per Videosprechstunde krankschreiben zu lassen. Voraussetzung für Krankschreibung per Videosprechstunde ist jedoch, dass sich die Krankheit über diese Kontaktmöglichkeit herausfinden lässt.
Wann muss die Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmern verlängert werden?
Der behandelnde Arzt stellt ein Attest immer nur für eine bestimmte Dauer aus. Hat sich ein Arbeitnehmer krank gemeldet, ist aber länger krank als auf dem Attest steht, was gilt dann?
Der Kranke benötigt in diesem Fall eine Folgebescheinigung. Das ist eine Krankschreibung, die auf einer bereits bestehenden Krankmeldung aufbaut. Dazu ist der Arbeitnehmer durch das Arbeitsrecht laut §5 EntgFG verpflichtet:
Ist die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen.
Damit informiert man allerdings nicht nur den Chef. Schließlich benötigt man die Verlängerung für das etwaige Krankengeld von der Krankenkasse oder die Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Die Verlängerung der Krankschreibung muss spätestens am letzten Tag der ursprünglichen Krankmeldung bei dem Arbeitgeber eingegangen sein.
Wenn ein Kranker bis Freitag krankgeschrieben ist, wann wird die Folgebescheinigung notwendig? Gilt die Krankschreibung bis Freitag und der Kranke fühlt sich am Wochenende noch nicht besser, kann der Mitarbeiter auch noch montags direkt zu seinem Arzt gehen und beim Arbeitgeber seine Folgekrankmeldung einreichen. Das gilt allerdings nur, falls das Wochenende für ihn als arbeitsfrei gilt.
Droht die Kündigung bei zu häufiger Krankheit?
Im Grunde genommen: ja. Nach deutschem Arbeitsrecht ist dies zulässig – ordentlich, wie auch außerordentlich. Allerdings gelten verschiedene Voraussetzungen, um die Wirksamkeit der Entlassung zu garantieren.
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist anwendbar, wenn es sich um keinen Kleinbetrieb handelt und das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht, sprich: der Mitarbeiter befindet sich nicht mehr in der Probezeit.
Ansonsten kann eine Kündigung während einer Krankschreibung aus drei Gründen erfolgen:
- Betriebsbedingte Kündigung: Das Unternehmen muss aufgrund betrieblicher Erfordernisse Mitarbeiter entlassen.
- Personenbedingte Kündigung: Durch diverse Merkmale und Eigenschaften des Arbeitnehmers genügt dieser nicht mehr dem Leistungsanspruch des Arbeitgebers.
- Verhaltensbedingte Kündigung: Alkoholkonsum, Arbeitsverweigerung, Diebstahl oder sexuelle Belästigung sind Gründe für eine Entlassung.
Bei zu häufiger Krankmeldung: Auch eine krankheitsbedingte Kündigung ist möglich
Eine Krankheit schützt nicht zwingend vor einer Entlassung, sondern kann diese im Zweifelsfall sogar eher rechtfertigen. Eine Entlassung aufgrund einer Krankheit fällt rechtlich gesehen unter die personenbedingte Kündigung. Es gibt vier Fälle, in denen der Arbeitgeber einem Mitarbeiter in diesem Zusammenhang kündigen kann:
- Ist der Arbeitnehmer sehr häufig für eine kurze Zeit erkrankt, kann ihm gekündigt werden. Als kurz gilt eine Krankheit dann, wenn sie unter sechs Wochen lang anhält. In diesen sechs Wochen zahlt nämlich der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung. Erst ab dem 43. Tag erhält der Mitarbeiter das Krankengeld von der Krankenkasse. Je häufiger der Arbeitnehmer also kurz ausfällt, desto teurer ist er für das Unternehmen.
- Ist man länger als sechs Wochen krank, spricht man von einer langandauernden Krankheit. Es ist von einer vollständigen Genesung auszugehen, auch wenn der genaue Zeitraum noch nicht abgeschätzt werden kann. Krankheitsbedingte Kündigungen kommen recht selten vor, da es sich hierbei meist um Schicksalsschläge handelt, bei denen auch von rechtlicher Seite aus eine besondere Rücksichtnahme gefordert wird. Somit sollte zum Beispiel nach einem schweren Autounfall und einem langen Weg zurück ins normale Leben mit Operationen und Physiotherapie Rücksicht genommen werden.
- Kann angenommen werden, dass der Arbeitnehmer sich nicht mehr vollständig von seiner Erkrankung kuriert und nicht mehr zurück an seine bisherige Arbeit zurückkehren kann, ist der Arbeitgeber berechtigt, ihm aufgrund einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit kündigen.
- Ist die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt, aber der Mitarbeiter kann weniger als zwei Drittel seiner bisherigen Leistung erbringen, dann darf er aufgrund einer krankheitsbedingten Leistungsminderung entlassen werden. Dies allerdings nur, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers gemessen an einer Interessenabwägung nicht möglich ist.
Warum sollte man die Krankmeldung an die Krankenkasse schicken?
Falls Sie sich beim Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verschreiben lassen, sollten Sie diese innerhalb einer Woche an Ihre Krankenkasse senden. Warum? Weil Sie sonst Ihren Anspruch auf Krankengeld verlieren. Geregelt ist dies im Sozialgesetzbuch unter §49 Abs. 1. Nr. 5 SGB V:
Der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.
Auch wenn dieser Prozess mithilfe der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) in Zwischenzeit vollkommen digitalisiert sein sollte, um den Versicherten somit jeglichen Aufwand zu ersparen, müssen nach wie vor viele Arbeitnehmer ihre
Im Grunde genommen muss der Arbeitgeber nicht wissen, was der Mitarbeiter hat beziehungsweise warum er krank ist. Falls er nachfragt, muss der Arbeitnehmer auch keine genaue Auskunft geben. Im Gegensatz dazu ist er verpflichtet seinen Chef zu informieren, falls er jemanden angesteckt haben könnte.
Nichtsdestotrotz bekommt der Arbeitgeber eine Bescheinigung. Insgesamt besteht eine Krankmeldung aus vier Teilen:
- Vorlage beim Arbeitgeber: Bescheinigung ohne Diagnosen für den Arbeitgeber oder die Agentur für Arbeit. Frist von drei beziehungsweise vier Tagen.
- Vorlage bei der Krankenkasse (sofern dies mittels eAU noch nicht von selbst erfolgt): Wenn möglich online, ansonsten per Post. Frist von einer Woche.
- Ausfertigung für Versicherte: Die behalten! Sie ist für die Unterlagen. Hier ist die Diagnose vermerkt.
- Ausfertigung zum Verbleib beim Arzt: Diese behält der Arzt. Auch hier ist die Diagnose enthalten.
Welche Krankmeldung bekommt das Arbeitsamt?
Wer krank und arbeitslos ist, muss sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit melden. Nach spätestens drei Tagen sollte die Krankschreibung im Arbeitsamt eingetroffen sein.
Als Krankengeld erhält man denselben Betrag, den man auch vorher als Arbeitslosengeld bekommen hat. Er wird bis zu sechs Wochen weiter ausbezahlt. Danach haben Kranke maximal 78 Wochen lang Anspruch darauf. Dafür kommt die gesetzliche Krankenkasse auf.
Kann man sich krank melden, wenn das Kind krank ist und man zur Arbeit muss?
Ist der Nachwuchs krank, so heißt es insbesondere für junge Eltern: zu Hause bleiben. Aber geht das so einfach? Die knappe Antwort: ja! Eltern haben laut SGB V einen gesetzlichen Anspruch auf Pflegezeit.
Lesetipp: Kinderkrankentage
Was mache ich, wenn mein Kind in der Kita oder Schule krank wird? Muss ich mir hier auch eine Krankmeldung ausstellen lassen?
Das ist kein Problem. Falls man ein Kind abholen muss, kann man dies nach §616 BGB problemlos tun:
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
In diesem Fall wird der Lohn weiter gezahlt.
Wichtig für den Arbeitgeber sind folgende Informationen:
- In erster Linie, dass man überhaupt krank ist
- Ob man zum Arzt geht
- Wann mit dem Attest zu rechnen ist
- Abschätzung der der Dauer der Krankschreibung
- Falls man ansteckend ist, Information über die Ansteckungsgefahr
Krankmeldung (Muster)
Eine Muster-Krankmeldung könnte in etwa so aussehen:
Sehr geehrte/-r Frau/Herr X,
es tut mir leid, aber leider bin ich erkrankt und muss Ihnen mitteilen, dass ich heute nicht zur Arbeit kommen kann. Ich habe um 11:00 Uhr einen Arzttermin und melde mich, sobald ich oder der Arzt abschätzen kann, wie lange ich mich krankmelden muss.
Mit freundlichen Grüßen,
XY
Alternativ zur klassischen Mail kann der Mitarbeiter natürlich auch direkt bei der Arbeit anrufen. Es sollte auf jeden Fall klar sein, wer im Falle einer Krankmeldung informiert werden muss. In den meisten Fällen sind dies der Geschäftsführer, der Teamleiter oder der zuständige HR-Manager.
Wie verschickt man eine Krankmeldung?
Generell gilt: Es ist tatsächlich nicht geregelt, auf welchem Wege der Arbeitgeber über die Krankheit eines Mitarbeiters informiert werden muss. Wie bereits erwähnt, kann die Krankmeldung bei der Arbeit per E-Mail oder Telefon durchgegeben werden. Falls WhatsApp als anerkanntes Kommunikationsmittel im Unternehmen etabliert ist, kann auch dies genutzt werden, um den Chef zu informieren. Allerdings sollte dafür der private Chat und nicht die Gruppenfunktion genutzt werden.
Weil die Telemedizin in den letzten Jahren große Fortschritte machte, ist es jetzt möglich, per WhatsApp Krankmeldungen von einem Arzt “anzufordern”. Diese Möglichkeit bietet sich aber nur für eine Erkältung an – bis jetzt. In der App oder auf der Seite AU-Schein.de. Per Fragebogen beantwortet man Angaben zu den Symptomen. Erklärt die App einen für krank, bekommt man binnen weniger Stunden eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zugesandt. Achtung: Nicht jeder Arbeitgeber akzeptiert diesen Weg.
Welches Datum zählt bei der Krankmeldung und wie lange ist sie rückwirkend möglich?
Eine rückwirkende Krankmeldung ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Daher sollte der Arzt klar erkennen können, dass der Mitarbeiter bereits vorher erkrankt war. Auch hier gilt wieder die berühmte Dreitagesfrist: Der betroffene Arzt darf eine Krankmeldung maximal drei Tage rückwirkend ausstellen. §5 AU-RL hält fest:
Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu drei Tage zulässig.
Benötigt man eine Krankmeldung bei einer Wiedereingliederung?
Gerade bei längerer Krankheit gelingt Arbeitnehmern der Weg zurück in den Beruf oft nur mit einer Wiedereingliederung. Während dieser Zeit benötigen die betroffenen Mitarbeiter nach wie vor eine Krankschreibung, da ihre Arbeitsunfähigkeit weiterhin besteht.
Krankmeldung kurzgefasst:
Ab wann braucht man eine Krankmeldung?
Laut §5 EntgFG sollten Sie Ihren Arbeitgeber unverzüglich in Kenntnis setzen, wenn Sie zu krank sind, um zur Arbeit zu erscheinen. Erfolgt die Krankmeldung zu spät, droht Ihnen im schlimmsten Fall eine Abmahnung!
Wann muss die Krankschreibung abgeben sein?
Ist der Mitarbeiter mindestens drei Tage krank, ist er seinem Chef gegenüber in der Nachweispflicht, der er mit einer ärztlichen Krankschreibung nachkommen muss. Seit dem 1.03.2023 ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) auch für Arbeitsgeber verpflichtend. Sie ersetzt den davor üblichen “gelben Schein. Unternehmen rufen die entsprechenden Daten dann eigenständig über das Entgeltabrechnungssystem oder ein zertifiziertes Zeiterfassungssystem ab.
Disclaimer
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