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Politischer Streit am Arbeitsplatz: So reagiert HR richtig

Politischer Streit am Arbeitsplatz ist ein Thema, bei dem es wichtig ist, das HR vermittelt

07. Mai 2024 · 6 Min. Lesezeit · HRworks Redaktion

Nicht erst seit Corona ist die politische Stimmung in Deutschland aufgeheizt. Während für die einen Politik am Arbeitsplatz ein Tabuthema ist, nutzen andere wiederum jede Pause für eine Diskussion. So gehen HR-Manager mit politischem Streit unter Beschäftigten um.

Wenn Politik auf Büroalltag trifft

Rund ein Drittel der deutschen Berufstätigen redet am Arbeitsplatz regelmäßig über politische Themen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Bewertungsportals Glassdoor und des Marktforschungsinstituts YouGov. Die zeigt auch: Männer (38 Prozent) reden deutlich häufiger über solche Themen als Frauen (21 Prozent), Menschen aus den neuen Bundesländern (40 Prozent) suchen das Gespräch eher als Menschen aus den alten (28 Prozent). Am mitteilungsbedürftigsten sind laut Befragung FDP-Unterstützer (40 Prozent). Auch innerhalb der Altersgruppen zeigen sich Unterschiede: Die 45- bis 54-Jährigen sprechen mit 32 Prozent häufiger über Politik mit anderen Mitarbeitenden als die 18- bis 24-Jährigen.

Solange es beim Plausch in der Kaffeeküche bleibt, ist das kein Problem. Doch spätestens, wenn ein Kollege über die „Klimakleber“ herzieht und die in Sachen Nachhaltigkeit sehr engagierte Kollegin das nicht auf sich sitzen lässt, kann die Situation eskalieren. Die Folgen reichen vom hitzigen Streit in der Pause über das Lästern bei anderen Teammitgliedern bis hin zum Verweigern einer Zusammenarbeit mit dem jeweils anderen. Eine heikle Lage für Human-Resources-Verantwortliche.

Wann sollten HR-Abteilungen in Mitarbeiterkonflikte eingreifen?

Wenn HR-Verantwortliche von einem politischen Streit unter Kolleginnen und von verwerflichen politischen Äußerungen hören, ist die Lage meist schon eskaliert oder kurz davor. Oft wenden sich Mitarbeitende nämlich erst an ihre Ansprechpartner in den HR-Abteilungen, wenn sie selbst nicht mehr weiterwissen.

Diese ersten Schritte können HR-Abteilungen dann unternehmen:

  • Überblick verschaffen: Wenn Personalverantwortliche eine Meldung per Mail oder persönlich bekommen, sollten sie im nächsten Schritt das Gespräch mit der Person suchen. Darin geht es zunächst darum, die Lage zu erfassen. Um welchen Mitarbeitenden geht es? Was ist wann genau vorgefallen? Wie fühlt sich das Gegenüber damit? Kam es zu Konflikten im Team? Wie lange besteht der Konflikt schon? Der HR-Manager sollte diese Fragen wertungsfrei formulieren. Durch aktives Zuhören bekommt er ein tieferes Verständnis für das Verhalten und den Standpunkt der Person.
  • Rücksprache halten: Ist es bereits zu größeren Konflikten im Team gekommen, können die Personalverantwortlichen Rücksprache mit der zuständigen Führungsperson halten, um weitere Informationen über den Konflikt zu erhalten.
  • Persönliches Gespräch mit der betroffenen Person: Auch in diesem Mitarbeitergespräch gilt es für HR-Manager zunächst, die Sichtweise des Gegenübers zu erfahren. Wie schildert der- oder diejenige den Vorfall oder die Lage? Wie schätzt der Mitarbeitende die Stimmung im Team ein? Fühlt die Person sich in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt?
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Meinungsfreiheit gilt auch im Unternehmen

Haben HR-Verantwortliche all diese Informationen beisammen, geht es an die Auswertung und Bewertung. Ist nach den Gesprächen klar, dass es zum Beispiel nur um eine Meinungsverschiedenheit zweier Kollegen ging, die sich hochgeschaukelt hat, lohnt ein Gespräch zu dritt. HR-Manager können dann die Position des Moderators einnehmen, die Diskussion leiten und die Teilnehmer daran erinnern, welche Werte im Unternehmen gelten – wie zum Beispiel Toleranz und Diversity im Unternehmen.

Denn grundsätzlich gilt die Meinungsfreiheit natürlich auch am Arbeitsplatz. Politische Diskussionen müssen also auch hier stattfinden dürfen – auch wenn sie einen Teil der Belegschaft stören oder es zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Anders sieht das aus, wenn Personen bewusst provozieren. Wenn sie zum Beispiel wissen, dass die junge Kollegin sich sehr für Umweltprojekte einsetzt und sie dann laut und eindeutig den Klimawandel leugnen. Kommt das immer wieder vor und stellt die Person die Provokationen nicht ein, können HR-Abteilungen das abmahnen – zum Beispiel, weil durch das Verhalten der Betriebsablauf gestört und der Betriebsfrieden beeinträchtigt ist.

Äußerungen von Mitarbeitern fallen auf den Arbeitgeber zurück

Eine weitere Grenze können HR-Verantwortliche bei der Arbeitskleidung ziehen. Ein T-Shirt mit einer Aufschrift wie „Free Palestine“ ist zum Beispiel eine politische Äußerung und kann zu Streit führen. In solchen Fällen hilft es, eine Regel zu formulieren, die die Belegschaft dazu auffordert, in neutraler Kleidung am Arbeitsplatz zu erscheinen. Das gilt insbesondere für Personen, die im Kundenkontakt stehen oder am Empfang arbeiten.

Zur Außenwirkung gehört auch das Online-Erscheinungsbild. Grundsätzlich gilt Politik als Privatsache. Beschäftigte dürfen sich in ihrer Freizeit politisch engagieren – solange kein Zusammenhang zum Arbeitgeber besteht. Sie dürfen also zum Beispiel nicht Spendenaktionen an den Mailverteiler des Unternehmens senden, vor dem Werkstor Unterschriften sammeln oder Plakate in der unmittelbaren Umgebung der Firma aufhängen. Das Verhalten in den sozialen Medien ist dabei ein Graubereich. Was Mitarbeitende dort äußern, ist streng privat – solange der Arbeitgeber nicht mit hineingezogen wird. Auf Karriereplattformen wie LinkedIn und Xing gilt diese Freiheit also nicht in vollem Maße. Beschäftigte sind hier klar einem Unternehmen zuzuordnen, und damit auch ihre politischen Äußerungen. Das kann sich rufschädigend auf das Unternehmen auswirken. Erfahren HR-Verantwortliche von solchen Vorfällen, können sie direkt das Gespräch mit der Person suchen.

Was tun in Extremfällen?

Kniffliger wird es, wenn sich eine Person zum Beispiel fremdenfeindlich gegenüber einem Kollegen geäußert hat. Dann gilt es für HR-Verantwortliche, schnell zu handeln und eindeutig Position zu beziehen. Langsames und zögerliches Handeln könnten andere Beschäftigte als Toleranz oder Schwäche der HR-Abteilung einem solchen Verhalten gegenüber deuten. Im schlimmsten Fall heißt es dann: Für ein Unternehmen, das solche Aussagen duldet, kann ich nicht arbeiten. Außerdem können rassistische und diskriminierende Äußerungen auch einen Straftatbestand erfüllen. In solchen Fällen sollte eine enge Abstimmung mit der Rechtsabteilung, am besten einem Arbeitsrechtsprofi, stattfinden. Denn eine Kündigung aufgrund politischer Ansichten ist in der Privatwirtschaft nur sehr schwer durchsetzbar. Im öffentlichen Dienst oder in Tendenzbetrieben ist die Lage eine andere, hier gelten gesonderte Gesetze.

Politische Einstellung der Mitarbeitenden abfragen? Lieber nicht!

Übrigens: Auch mit der Offenlegung der politischen Gesinnung der eigenen Belegschaft sollten Unternehmen sehr vorsichtig sein. Wie schnell entsprechende Äußerungen zum Problem werden, zeigt der Fall des Bürobedarfanbieters Böttcher. Das Unternehmen hatte die anonymisierten Ergebnisse einer Mitarbeiterumfrage bei Facebook geteilt, in der die Belegschaft abgestimmt hatte, als wäre Bundestagswahl. Mehr als 34 Prozent der Mitarbeitenden hätten demzufolge die AfD gewählt, die am Böttcher-Hauptstandort Jena in Thüringen als „gesichert rechtsextrem“ gilt. Die politische Umfrage – und deren Veröffentlichung – sorgten für viel Kritik nicht nur in der HR-Szene. Bundesweit empörten sich viele Beobachter über die Aktion. Die Arbeitgebermarke des Unternehmens dürfte durch die Aktion nachhaltig beschädigt worden sein – und Arbeitsrechtler halten es für höchst fragwürdig, ob sich eine solche Abfrage politischer Einstellungen ohne Bezug zum Arbeitsplatz als gerechtfertigt begründen lässt. Von ähnlich unreflektierten politischen Aktionen sollten HR-Verantwortliche also unbedingt abraten.

Disclaimer

Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.

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