So reagieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer richtig auf Minusstunden
Minusstunden sind ein komplexes Thema, das stark von vertraglichen und gesetzlichen Regelungen beeinflusst wird. Ob durch Krankheit, zurückgegangene Arbeitsaufträge oder durch andere Gründe – Minusstunden können sich in vielen Bereichen des Arbeitsverhältnisses ansammeln.
Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist es wichtig, die Ursachen und den Umgang mit Minusstunden zu verstehen, um Konflikte zu vermeiden. Transparenz und klar geregelte Vereinbarungen in Arbeits- und Tarifverträgen schaffen dabei die entscheidende Grundlage für den fairen Umgang mit Minusstunden.
Was sind Minusstunden?
Minusstunden entstehen, wenn Arbeitnehmer weniger als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit leisten. Dies kann durch verschiedene Faktoren bedingt sein, wie:
- Zu geringe Arbeitsauslastung.
- Flexible Arbeitszeiten in Gleitzeitmodellen.
- Persönliche Gründe.
Die fehlenden Stunden werden auf einem Arbeitszeitkonto eingetragen und müssen oft in Mehrarbeit nachgeholt werden. Minusstunden sind jedoch nur dann anrechenbar, wenn der Arbeitnehmer sie selbst verschuldet hat.
Wie werden Minusstunden erfasst?
Minusstunden werden meist durch ein Arbeitszeitkonto erfasst, welches die Differenz zwischen vereinbarter und tatsächlich geleisteter Arbeitszeit aufzeigt. In Unternehmen mit Gleitzeit und flexiblen Arbeitszeiten werden Arbeitszeiten oft über digitale oder analoge Zeiterfassungssysteme festgehalten.
Arbeitnehmer können Minusstunden durch Überstunden ausgleichen, z.B. durch längere Arbeit in einem festgelegten Zeitraum. Ohne Arbeitszeitkonto erfolgt der Ausgleich eigenverantwortlich. Dieses Vorgehen ist besonders in Bereichen mit unregelmäßigen Arbeitszeiten sinnvoll.
Wie werden Überstunden und Minusstunden im Arbeitszeitkonto nachgewiesen?
Minusstunden entstehen nur, wenn im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ein Arbeitszeitkonto vereinbart ist, dem der Arbeitnehmer zustimmt. Dieses Konto erfasst sowohl Überstunden als auch Minusstunden.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten Minusstunden und Überstunden stets transparent im Arbeitszeitkonto festhalten. Dies ermöglicht eine genaue Arbeitszeiterfassung und dient als Grundlage für eventuelle Ausgleichsmaßnahmen, etwa wenn Urlaubstage nachgearbeitet und verrechnet werden.
Was sind die Ursachen für Minusstunden?
Minusstunden können durch verschiedene Faktoren verursacht werden. Dazu zählen z.B. arbeitsorganisatorische Gründe, wie:
- Ein verspäteter Arbeitsbeginn.
- Überzogene Mittagspausen
- Private Erledigungen während der Arbeitszeit.
- Ein vorzeitiger Feierabend.
Doch es gibt auch Minusstunden, die durch den Arbeitgeber verursacht werden. Bei diesen betriebsbedingten Gründen spielt häufig eine geringe Auftragslage eine Rolle. In diesem Fall kann der Arbeitgeber nicht genügend Arbeit und Aufgaben bereitstellen. Dadurch ist der Arbeitnehmer nicht in der Lage, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Diese Minusstunden dürfen dem Arbeitnehmer jedoch nicht angerechnet werden, da ihn keine Schuld für deren Entstehung trifft.
Was sind keine Minusstunden?
Keine Minusstunden oder unverschuldete Minusstunden sind Arbeitszeiten, die der Arbeitnehmer nicht zu verantworten hat. Dazu zählen für gewöhnlich:
Krankheit
Minusstunden durch Krankheit dürfen dem Arbeitnehmer laut § 3 EntgFG nicht angerechnet werden. Der Arbeitnehmer ist in dieser Zeit arbeitsunfähig und hat keinen Einfluss darauf, seine Arbeitszeit zu erfüllen. Dies gilt allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer eine ordnungsgemäße Krankmeldung vorlegt.
Urlaub
Der Arbeitnehmer hat das Recht, seine vertraglich zugesicherten Urlaubstage zu nutzen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf sein Arbeitszeitkonto hat.
Feiertage
Gesetzliche Feiertage, an denen der Arbeitnehmer freigestellt ist, zählen gemäß § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) als Arbeitszeit und dürfen nicht negativ auf dem Arbeitszeitkonto vermerkt werden.
Fortbildungs- und Bildungsurlaub
Nimmt der Arbeitnehmer an einer beruflich bedingten Fortbildung teil oder nutzt seinen Anspruch auf Bildungsurlaub, gilt dies als rechtmäßiger Abwesenheitsgrund. Dies gilt jedoch nur, wenn die berufliche Fortbildung direkt über den Arbeitnehmer läuft.
Hinweis: Mitarbeiter sollten die Zeiten auf ihrem Arbeitszeitkonto stets prüfen und gegebenenfalls mit Human Resources klären.
Sind Minusstunden gesetzlich erlaubt?
Grundsätzlich sind Minusstunden im deutschen Arbeitsrecht nicht ausdrücklich geregelt. Es gibt jedoch einige gesetzliche Vorschriften, die sich indirekt auf Minusstunden auswirken. Laut § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dürfen während Krankheit, Urlaub, Feiertagen, Fortbildung oder bei einer geringen Auftragslage keine Minusstunden angerechnet werden. Dies wird dadurch begründet, dass der Arbeitnehmer offiziell seine Arbeitskraft angeboten hat, diese jedoch nicht erfüllen konnte.
Wie viele Minusstunden sind erlaubt?
Die Anzahl und der Umgang mit Minusstunden hängen von den Vereinbarungen im Arbeits- und Tarifvertrag ab – es gibt keine pauschale gesetzliche Obergrenze. Fehlen solche Regelungen, können Minusstunden offiziell nicht angesammelt werden. In der Regel sind moderate Abweichungen von der vertraglich festgelegten Arbeitszeit tolerierbar, solange sie innerhalb eines bestimmten Rahmens liegen.
In vielen Fällen müssen Minusstunden innerhalb eines festgelegten Zeitraums nachgearbeitet werden. Sammeln sich über einen längeren Zeitraum hinweg mehr Minusstunden an, drohen Abmahnungen und sogar Gehaltskürzungen. Arbeitnehmer sollten daher ihre vertraglichen Pflichten genau kennen und mit dem Arbeitgeber klären, wie Minusstunden gehandhabt werden.