Wann verfällt Urlaub? Das gilt es zu beachten

In Deutschland hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Immer wieder taucht dabei die Frage auf, ob der Resturlaub irgendwann verfällt. Doch darf Urlaub verfallen? Und wenn ja, welche Gründe rechtfertigen einen Urlaubsverfall?
Wann verfällt Urlaub?
Arbeitnehmer in Deutschland haben mindestens 20 Tage Urlaub im Jahr – wenn sie an 5 Tagen in der Woche arbeiten. Der Urlaubsanspruch bei einer Vollzeitstelle ist dabei identisch mit dem Urlaubsanspruch bei Teilzeit– vorausgesetzt, die Teilzeitkraft geht ihrer Tätigkeit ebenfalls an 5 Tagen pro Woche nach. Soweit die Theorie, wie sie das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) vorschreibt.
Doch nicht immer brauchen Arbeitnehmer ihren Urlaubsanspruch innerhalb eines Kalenderjahres auf. Das ist wichtig, denn tatsächlich verfällt nicht genommener Urlaub, auch wenn die Hürden dafür hoch sind. Während Mitarbeiter ihren Urlaub im Regelfall unkompliziert mit der Fach- und Personalabteilung abstimmen, ist das Thema in manchen Fällen deutlich komplexer. Immer wieder gibt es dazu eine aktuelle Rechtsprechung.
Das sagt der Gesetzgeber
Das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) sieht zum Thema Urlaubsverfall eine relativ klare Regel vor. Demnach müssen Mitarbeiter nach § 7 Abs. 3 BUrlG ihren Jahresurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr nehmen. Damit zum 31. Dezember kein Resturlaub verfällt, müssen dringende persönliche Gründe oder dringende betriebliche Gründe für eine Urlaubsübertragung ins nächste Jahr vorliegen. Wenn der Mitarbeiter in so einem Fall einen Teil seines Urlaubs mit ins Folgejahr nimmt, muss er diesen Anspruch bis zum 31. März nutzen. Andernfalls ist die Folge: Urlaubstage verfallen.
Urlaubstage mit ins nächste Jahr nehmen: Mögliche Gründe
Doch welche konkreten Gründe verhindern einen Verfall des Urlaubsanspruchs? Dringende persönliche Gründe sind beispielsweise eine bestehende Arbeitsunfähigkeit und die Pflege eines nahen Angehörigen. Zu möglichen dringenden betrieblichen Gründen zählen termin- und saisongebundene Aufträge, die die Arbeitskraft des Mitarbeiters erfordern – oder aber technische und verwaltungsmäßige Probleme im Betriebsablauf. In diesem Zusammenhang verfallen Urlaubstage nicht.
EuGH-Urteil und BAG-Urteil verschärfen Hinweispflicht
Da es in der Praxis immer wieder zu Unklarheiten und Streit ob eines Verfalls von Urlaubstagen zum 31. März kam, hat das Thema bereits den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigt. Die Urteile befassen sich insbesondere mit den Mitwirkungsobliegenheiten für Arbeitgeber. Daher liegt es an Unternehmen, ihre Mitarbeiter rechtzeitig auf einen drohenden Urlaubsverfall hinzuweisen. Kommen sie dieser Hinweispflicht nicht nach, verfällt der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht. Der Übertragungszeitraum, der normalerweise bis zum 31. März gilt, ist dann hinfällig
Verfällt Resturlaub in besonderen Lebenssituationen?
Wenn ein Mitarbeiter aufgrund einer besonderen Lebenssituation wie dem Mutterschutz, der Elternzeit und einer längeren Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung steht, wirkt sich das auf einen möglichen Urlaubsverfall verschieden aus.
Urlaubsanspruch im Mutterschutz
Vor der Geburt eines Babys haben werdende Mütter Anspruch auf eine mehrwöchige bezahlte Freistellung – den sogenannten Mutterschutz oder Mutterschaftsurlaub. Das ermöglicht ihnen, sich zu schonen und sich ganz in Ruhe auf ihren neuen Lebensabschnitt vorzubereiten. Nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) sind werdende und frischgebackene Mütter in der Regel 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt von der Arbeit freigestellt. Bei Früh- oder Mehrlingsgeburten verlängert sich der Schutzzeitraum auf insgesamt 18 Wochen.
In dieser Zeit übernimmt die Krankenkasse die Zahlung des Mutterschutzgeldes – alle Rechte der Arbeitnehmerinnen bleiben bestehen. Das gilt auch für den Anspruch auf Urlaubsgeld, sofern dies in der Betriebsvereinbarung vorgesehen ist. Auch während des Mutterschutzes bleibt der Urlaubsanspruch bestehen. Überschneidet sich der Mutterschutz mit dem Jahreswechsel, kann verbleibender Resturlaub sogar über den 31. März des Folgejahres hinaus genommen werden.
Hat man während der Elternzeit Urlaubsanspruch?
Etwas anders verhält es sich während der Elternzeit. Im Anschluss an den Mutterschutz haben Mütter – und auch Väter – die Möglichkeit, bis zu 24 Monate staatlich bezahlte Elternzeit zu nehmen. Auch wenn sie während dieses Zeitraums kein Gehalt durch den Arbeitgeber erhalten, bleiben sie Mitarbeiter des Unternehmens und haben weiterhin Anspruch auf Erholungsurlaub. Allerdings haben Arbeitgeber die Option, diesen Anspruch um 1/12 pro vollem Kalendermonat der Elternzeit zu kürzen. Der restliche Urlaub, den Mitarbeiter vor und während der Elternzeit gesammelt haben, verfällt nicht und Eltern haben die Möglichkeit, diesen im Anschluss an die Elternzeit zu nehmen.
Verfällt der Urlaub bei Arbeitsunfähigkeit?
Wenn ein Mitarbeiter während des Urlaubs erkrankt und ein ärztliches Attest vorliegt, erhält er die Urlaubstage gutgeschrieben. Auch eine längere Arbeitsunfähigkeit wirkt sich auf den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers aus. Nach aktueller Rechtsprechung verfällt der Urlaubsanspruch bei langer Krankheit generell 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres und damit zum 31. März des übernächsten Kalenderjahres. Erst danach kommt es zu einer Verjährung des Urlaubsanspruchs.
Gibt es Ausnahmen für andere Urlaubsformen?
Insbesondere moderne Unternehmen, die sich am New-Work-Gedanken orientieren, gewähren ihren Mitarbeitern auch unkonventionelle Urlaubsarten. Zum Beispiel längeren unbezahlten Urlaub für eine ausgedehnte Reise, oder aber ein Sabbatical. Dabei nehmen sich Arbeitnehmer in der Regel eine mehrmonatige Auszeit. In dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis entweder ruhen oder zu einem geringeren Entgelt fortgesetzt werden. Im zweiten Fall hat der Arbeitnehmer im Vorfeld der Auszeit durch einen teilweisen Gehaltsverzicht Ansprüche angespart. Sowohl unbezahlten Urlaub als auch ein Sabbatical müssen Arbeitnehmer individuell beantragen, sodass bei diesen Abwesenheitsformen der Anspruch nicht per se verfällt.
Können Unternehmen Minusstunden mit dem Urlaub verrechnen?
Manchmal kommen Arbeitnehmer in die Situation, dass sich auf ihrem Arbeitszeitkonto Minusstunden ansammeln. Das ist beispielsweise der Fall, wenn saisonal bedingt wenig zu tun ist. Der Arbeitgeber hat allerdings grundsätzlich nicht die Möglichkeit, Minusstunden mit dem Erholungsurlaub zu verrechnen, da dieser zweckgebunden ist: Urlaub dient der gezielten Auszeit und Entspannung vom Arbeitsalltag.
Das passiert bei einem Arbeitgeberwechsel
Für den Fall, dass ein Mitarbeiter während eines laufenden Kalenderjahres seinen Arbeitgeber wechselt, steht ihm anteiliger Urlaub zu. Kündigt er in der zweiten Jahreshälfte, hat er theoretisch die Möglichkeit, sogar seinen ganzen Jahresurlaub zu nehmen. Der bisherige Arbeitgeber ist zudem verpflichtet, eine Urlaubsbescheinigung auszustellen. Durch diese Bescheinigung ist der gewährte und abgegoltene Urlaub dokumentiert, sodass es im Falle eines anschließenden neuen Arbeitsverhältnisses nicht zu unverhältnismäßigem Mehrurlaub kommt.
Können sich Mitarbeiter ihren Resturlaub auszahlen lassen?
Wenn der Urlaub aus betrieblichen Gründen oder im Falle einer fristlosen Kündigung nicht gewährt wird, hat der Mitarbeiter Anspruch auf eine finanzielle Urlaubsabgeltung: Der Mitarbeiter bekommt seinen Urlaubsanspruch in diesem Fall ausgezahlt. Die Möglichkeit der Urlaubsabgeltung gilt allerdings nur für den übergesetzlichen Anteil der Urlaubstage – und damit alle Tage, die über den gesetzlichen Mindestanspruch von 4 Wochen oder 20 Tagen bei einer 5-Tage-Woche hinausgehen. Zur Absicherung möglicher Ansprüche bilden Unternehmen in der Regel eine sogenannte Urlaubsrückstellung.
Wie wird die Urlaubsabgeltung berechnet?
Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung spielt der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine wichtige Rolle. Dieser wird mit den verbleibenden Urlaubstagen multipliziert. Hat ein Mitarbeiter im Rahmen seiner Tätigkeit beispielsweise ein Gehalt in Höhe von 150 Euro brutto pro Tag verdient und bekommt 7 Urlaubstage ausbezahlt, so erhält er eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.050 Euro.
Urlaubsverfall ist arbeitnehmerfreundlich geregelt
Das Thema Urlaubsverfall hat in den vergangenen Jahren viele Gerichte beschäftigt. Tatsächlich kann nicht genommener Urlaub nach einer 3-monatigen Frist im Folgejahr verfallen. Dies ist allerdings nur rechtens, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter vorab ausdrücklich auf den drohenden Urlaubsverfall hingewiesen hat.
Ausnahmen von dieser Verjährungsregelung bestehen insbesondere dann, wenn auf Seiten der Mitarbeiter eine Arbeitsunfähigkeit oder eine Freistellung durch Mutterschutz oder Elternzeit vorliegt. Das ermöglicht Arbeitnehmern, ihren Resturlaub auch noch zu deutlich späteren Zeitpunkten zu nehmen. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, wenn Unternehmen und Arbeitnehmer bei offenen Urlaubsfragen das direkte Gespräch suchen, um gemeinsam eine gute Lösung zu finden.
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Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.