Die 7 wichtigsten HR-Trends 2022 | Gastbeitrag
Wir staunen nicht mehr über die Wucht der Veränderung, über die globalen Effekte einer Pandemie, über die ungeahnten Folgen der vergangenen knapp zwei Jahre. Wir haben uns an ein „New Normal“ gewöhnt und können mitunter gar Positives sehen: Hybride, modernere, agilere Arbeitswelten sind auch in kleineren Organisationen zum Standard geworden und werden von Arbeitnehmern eingefordert. Insbesondere Jüngere akzeptieren bürokratische, stark hierarchische und starre Strukturen nicht mehr. Das ist gut und bringt uns voran.
Ähnliches passiert gerade im politischen Deutschland. Auch hier zeigen sich Generations- und Paradigmenwechsel, die sich hoffentlich in gesetzlichen Rahmen und politischer Kultur niederschlagen. Beschleunigung, Transparenz, Verschlankung und Digitalisierung sind die Erwartungen, die heute an den Staat gestellt werden.
Dazu kommt ein Fachkräftemangel, der weder neu noch unerwartet, dafür jetzt aber mit voller Wucht kommt. Insbesondere Facharbeiter, Handwerker, Personaler (ja, genau!) und IT-Leute werden dringend gesucht und hart umworben. Es gibt jede Menge zu tun für die Personalabteilungen. Zur Orientierung hat Nadia Grötsch von SiebenWunder die wichtigsten 7 HR-Trends für 2022 zusammengestellt:
Trend 1: Personaler werden gesucht
Ob Sie es glauben oder nicht: Personaler und insbesondere Recruiter gehören aktuell zu den gesuchtesten Berufsgruppen. Laut einer Erhebung von indeed hat sich die Anzahl an Stellenanzeigen in dem Bereich um 15% im Vergleich zum Vorkrisenniveau gesteigert. Personalarbeit wird immer relevanter, die Themen vielfältiger und herausfordernder. Schon im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass strategische Themen mehr Gewicht in den Organisationen bekommen und HR an Einfluss gewinnt.
Das HR-Team zu verstärken, es mit Know-How, Handlungsspielraum und digitalem Werkzeug auszustatten, ist also nötiger als je zuvor.
Trend 2: Facharbeiter gewinnen und halten
Im Handwerk (Bau, Friseur, Bäcker), Service (Handel, Gastronomie) und Pflege sind die Fachkräfte so knapp, dass Leistungen zum Teil nicht mehr erbracht werden können. Wie wichtig diese Berufe für unser Leben sind, sehen wir jetzt schon.
Der Mangel wird sich in den kommenden Jahren extrem verschärfen: Nur attraktive Arbeitsbedingungen für Facharbeiter werden daran langfristig etwas ändern können. Personaler müssen also den Blick verstärkt auf diejenigen im Unternehmen richten, die nicht im Homeoffice oder Büro arbeiten können. Daran schließt sich Trend Nummer 3 an:
Trend 3: Der Blick auf das ganzheitliche Wohlbefinden der Mitarbeiter im Unternehmen
Während oft genug versucht wird, aus einem Stückwerk an Gesundheits- und Benefit-Angeboten ein attraktives Gesamtpaket zu schnüren, geht der Trend hin zu ganzheitlichen Konzepten. Mentales, physisches, finanzielles und soziales Wohlbefinden sollte sich an den individuellen Bedürfnissen des Einzelnen und den Werten der Organisation orientieren.
Eine große Aufgabe und ein echter Kraftakt mit viel Potenzial: Rundum gesunde, motivierte und zufriedene Mitarbeiter sind die wichtigste Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg.
Trend 4: Erste Erkenntnisse aus den Erfahrungen mit der hybriden Arbeitswelt
Dieses Thema ist nun lange genug durch die Köpfe der Unternehmenslenker gegeistert, Ideen sind da und werden umgesetzt. Aber passt die neue, flexiblere Arbeitswelt auch dauerhaft zum Geschäftsmodell? Kommt die Unternehmenskultur zu kurz? Und was könnte man dagegen tun? Wie kann uns Technik dabei helfen? Und wie gehen wir mit den Kollegen um, die nicht im Homeoffice arbeiten können? Sollten nicht auch sie Möglichkeiten bekommen, ihre Arbeitszeit flexibler zu gestalten?
In ein paar Monaten werden wir klüger sein und Schlüsse ziehen können. Die Erkenntnisse daraus sollte HR dringend nutzen.
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Trend 5: Nachhaltigkeit und Biodiversität
Immer mehr drängen diese Themen in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Unternehmen entwickeln Geschäftsmodelle, die Wachstum sowie klima- und umweltfreundliches Handeln zusammenbringen. Auch die Mitarbeiter, insbesondere die Jüngeren, erwarten von ihrem Arbeitgeber entsprechendes Engagement. Nicht selten treffen sie die Entscheidung, in welcher Organisation sie arbeiten wollen auch anhand von Nachhaltigkeitskriterien.
Fragen der CO2-Neutralität, Biodiversität und ganz allgemein Nachhaltigkeit werden nicht länger nur als Beiwerk oder Marketing-Gedöns behandelt werden können. Sie müssen und werden zum integralen Bestandteil von Unternehmensentscheidungen werden. Dabei können bestehende und zukünftige Technologien, wie die Möglichkeiten von Big Data und der Digitalisierung helfen. Auf jeden Fall wird auch HR seinen Beitrag leisten müssen, Innovationen zu fördern, Initiativen für die Stärkung von Biodiversität zu ermöglichen und natürlich auch CO2-Emissionen einzusparen, wo es nur geht. Digitale Tools sind da ein guter Anfang.
Trend 6: Purpose und die große Frage nach dem Sinn
Der Begriff Purpose ist in aller (Business-)Munde, aber warum eigentlich? Und wieso nutzen wir kein deutsches Wort dafür? Nun, es gibt keines. Die Übersetzung mit „Zweck“ greift zu kurz, denn in der Vergangenheit wurden mit Unternehmenszweck Gewinnmaximierungen und andere marktorientierte Ziele gemeint. Purpose ist aber eine Erweiterung und Weiterentwicklung dessen, und zwar die Frage nach dem Warum, also nach einem „höheren“ Zweck. Purpose kann also, denken wir an die Maslowsche Bedürfnispyramide, die Bedürfnisse an der Spitze ‒ die nach Sinn, Selbstverwirklichung und Wirksamkeit ‒ befriedigen.
Für die Personalarbeit bedeutet das: Der Corporate Purpose muss sich in jedem Schritt der Personalarbeit niederschlagen, nicht nur in den Texten auf der Karriereseite. Bewerber und Mitarbeiter sollten wissen, welchen höheren Zweck ihr Arbeitgeber verfolgt und wie sich das konkret im Arbeitsalltag ausdrückt.
Trend 7: Positive Lern- und Fehlerkultur etablieren
Wir erleben in der Arbeit mit unseren Kunden, dass sich auch die Ansprüche an die Kultur der Arbeit in den Unternehmen wandelt. Mitarbeiter verlangen eine positive Lern- und Fehlerkultur ‒Druck und Intransparenz werden immer weniger toleriert. Warum auch? Jobs gibt es genug. Unternehmens-, Kommunikations-, und Arbeitskultur sind, zumindest in kleineren und mittelgroßen Unternehmen, meist HR-Themen. Harte Nüsse sind da zu knacken.
All das sind Themen, die man aktiv-gestaltend statt operativ-verwaltend angehen muss. Sie brauchen breiten unternehmensweiten Konsens und Power für die Umsetzung. Und: Gut ausgebildete und motivierte Personaler mit einem freien Kopf dafür. Das geht nur, wenn die Verwaltungsprozesse sicher, fehlerfrei und möglichst automatisch laufen.
HR-Trends im Überblick
Über Nadia Grötsch: Sie ist Geschäftsführerin von SiebenWunder und unterrichtet an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena Digitales Personalmanagement. Sie hat langjährige Erfahrungen im operativen Personalmanagement und ist Spezialistin für Personalsoftware für kleine und mittlere Unternehmen. SiebenWunder GmbH ist ein auf die Digitalisierung von Personalarbeit in mittelständischen Unternehmen spezialisiertes Beratungshaus. Als Implementierungspartner von HR WORKS unterstützt SiebenWunder bei der Einführung von Personalmanagement-Software und der Gestaltung digitaler HR-Prozesse.