Purpose und HR oder: Die große Frage nach dem Sinn
Unternehmen setzen sich zunehmend mit ihren Zielen auseinander und mit der Rolle, die sie dadurch in der Gesellschaft spielen. Warum? Um die eigene Daseinsberechtigung herauszustellen und sich dementsprechend zu positionieren. Doch aus welchen Gründen kann dies für das wirtschaftliche Fortbestehen von KMU entscheidend sein? Und wie entwickeln Geschäftsführer und Personaler den Purpose ihres Unternehmens?
Was genau ist der Purpose?
Purpose bedeutet übersetzt Zweck, Absicht sowie Sinn: Was würde auf dieser Welt fehlen, wenn es ein bestimmtes Unternehmen nicht gäbe? Die Antwort auf diese Frage ist der Purpose. Er beschreibt die allem zugrunde liegende Existenzberechtigung eines Betriebes. Dieser Mehrwert basiert heutzutage auf den sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance), die ein nachhaltig und gesellschaftlich vertretbar wirtschaftendes Unternehmen charakterisieren.
Was unterscheidet ihn von Vision und Mission?
Der Purpose liegt der Vision sowie der Mission zugrunde. So ist die Vision die klar formulierte Vorstellung der zukünftigen Positionierung des Unternehmens am Markt, während die Mission die notwendigen, praktisch umzusetzenden Zwischenschritte festlegt, um die Vision zu erreichen. Neben Vision und Mission basieren auch die Produktpalette beziehungsweise die angebotenen Dienstleistungen auf dem Purpose.
Gibt es in jedem Unternehmen einen Purpose?
Laut einer 2020 durchgeführten Umfrage der Personalberatung Kienbaum in Zusammenarbeit mit human unlimited können sechs von zehn der 1.300 Umfrageteilnehmer aus dem deutschsprachigen Raum den Purpose ihres Arbeitgebers nicht spontan benennen. Das liegt zum einen daran, dass nicht jedes Unternehmen seine Handlungen an einem höheren Sinn ausrichtet – oft geht es schlicht um Gewinnmaximierung und andere wirtschaftlich orientierte Ziele. Und zum anderen ist der Purpose häufig zwar vorhanden, wird aber weder kommuniziert noch aktiv gelebt.
Warum ist ein Purpose sinnvoll?
Derzeit scheint der Purpose eher ein Modewort zu sein. Dabei gibt es für Unternehmen viele gute Gründe, dieses Konzept für sich zu nutzen:
- Unternehmenssinn gibt Lebenssinn: Die mit 2.285 berufstätigen US-Amerikanern durchgeführte Studie “Meaning and Purpose at Work” belegt, dass neun von zehn Arbeitnehmern für eine sinnvolle Tätigkeit auf bis zu 23 % ihres Gehalts verzichten würden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass bedeutsame Aufgaben Angestellte dazu bringen, länger in einem solchen Job zu bleiben und mehr zu arbeiten.
- Commitment durch gemeinsames Ziel: Die oben zitierte Kienbaum-Umfrage stellt heraus, dass bekannter und gelebter Unternehmenssinn mit deutlich höherer Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit einhergeht. Zudem steigen die Performance des Unternehmens und dessen Innovationsfähigkeit.
- Wendepunkt des Wirtschaftens: Fachleute gehen davon aus, dass bereits in drei Jahren spürbare Veränderungen im Kaufverhalten zu erkennen sein werden. Unternehmen, die einen Beitrag zur Lösung der Probleme dieser Welt leisten, überzeugen Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend mit innovativen Ansätzen.
- Jobsuche vermehrt purpose-getrieben: Auch bei der Suche nach dem passenden Arbeitsplatz achten Kandidatinnen und Kandidaten darauf, dass der künftige Arbeitgeber Ziele verfolgt, die den eigenen Wertvorstellungen entsprechen – denn ein Shared Purpose wird mehr und mehr zur Grundlage für eine langfristige Perspektive.
- Existenzberechtigung von Unternehmen: Die Frage ist nicht länger, was Unternehmen antreibt, sondern welchen ökonomischen und sozialen Nutzen sie mit ihrem Tun stiften. Somit rückt die Verantwortung von Firmen in den Fokus ‒ und zwar nicht nur bei potenziellen Mitarbeitern. Auch Lieferanten, Geschäftspartnern, Aktionären und Investoren ist ein entsprechender Mehrwert wichtig.
- Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität: Nach Einführung eines Purpose geben zwei Drittel der Teilnehmer der Kienbaum-Umfrage an, dass sich Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität gebessert haben. Um dies zu erreichen, sollte der nachhaltige Unternehmenssinn nicht aufgesetzt, sondern authentisch sein und tatsächlich ökologische oder soziale Verbesserungen bewirken. So wirkt der Purpose auch gegen den Trend zur “Stillen Kündigung“.
Warum ist Purpose ein wichtiges Thema in HR?
Die Aufgabe der Personalabteilung besteht nicht nur darin, den Purpose in die HR-Strategie zu integrieren. Vielmehr ist HR dafür verantwortlich, ihn klar vorzuleben – damit er in jeder Hierarchieebene Einzug hält. In ihrer Rolle als Change Agent sorgen HR-Manager dafür, den Purpose in die Unternehmenswerte zu integrieren. In ihrem eigenen Arbeitsbereich bedeutet das, dass HR-Verantwortliche Human Resources mehr in Richtung des wertezentrierten Ansatzes People and Culture interpretieren.
Wie gehen HR-Manager vor, um den Purpose zu integrieren?
1. Gemeinschaftliche Entwicklung
Zunächst wird der Purpose als grundlegendes Ziel in Zusammenarbeit von Geschäftsführung, Management und HR entwickelt. Auch die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten zumindest durch das Einholen von Feedback einbezogen werden, bevor der Unternehmenssinn definitiv festgelegt wird. Anschließend folgt dessen klare Definition.
2. Notwendige Anpassungen
Ist das geschehen, passen HR-Manager Vision, Mission, Leitbild und Strategie daran an ‒ und halten diese Punkte fest, zum Beispiel in einem Culture Deck. Auch die Produktpalette oder das Angebot von Dienstleistungen sind neu auszurichten, um der nachhaltigen Daseinsberechtigung des Unternehmens zu entsprechen.
3. Gezielte Umsetzung
Als Change Agent ist es anschließend die Rolle der Personalerinnen und Personaler, den deutlich abgegrenzten Purpose zunächst zu kommunizieren und dann als wichtigen Bestandteil des Employer Brandings vorzuleben. So hält der Purpose erfolgreich Einzug in jede Abteilung. Damit dies langfristig gewährleistet bleibt, ist bereits im Bewerbungsprozess sowie im Onboarding zu kommunizieren, warum es das Unternehmen gibt und was es für die Gesellschaft tut.
Purpose: Viel mehr als das Zünglein an der Waage
Obwohl der Begriff Purpose derzeit noch mit einem gewissen Hype verknüpft ist, der sich erst in der Geschäftswelt verankern muss, ist eines klar: Die Bedeutung der Frage nach dem Sinn von Unternehmen wächst. Besonders die Wichtigkeit der Außendarstellung nimmt zu, um den eigenen Betrieb entscheidend von anderen abzuheben.
Heutzutage ist es wichtig, für etwas zu stehen und gesellschaftlich relevante Ziele zu verfolgen. Die Einstellungen der Konsumentinnen und Konsumenten passen sich zunehmend zugunsten von Nachhaltigkeit und Klimaneutralität und in Richtung eines bewussten Konsums an. So dient ein Kauf nicht mehr allein der reinen Bedürfnisbefriedigung, sondern soll innere Überzeugung widerspiegeln. Das führt dazu, dass Käuferinnen und Käufer bevorzugt Produkte und Dienstleistungen von purpose-getriebenen Unternehmen erwerben. Wer sein Handeln nicht an eine nachhaltige Bestimmung ausrichten kann, dem fehlt langfristig gesehen ein entscheidender Mehrwert.
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