Digitaler Arbeitsvertrag: Das sind die Vorteile und Regeln

Flugtickets, Behördentermine, Arbeitsverträge – im digitalen Zeitalter läuft vieles online. Doch während in zahlreichen Bereichen digitale Lösungen zur Selbstverständlichkeit geworden sind, blieb das deutsche Vertragsrecht bisher hinter seinen digitalen Möglichkeiten zurück. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV hat daher neue Regeln geschaffen, um Arbeitsverträge endlich ins digitale Zeitalter zu holen. Doch was ist ein digitaler Arbeitsvertrag? Kann man einen Arbeitsvertrag digital unterschreiben? Und welche Voraussetzungen braucht er zum Inkrafttreten?
Arbeitsvertrag per Mail: Das sagt das Gesetz
In der Praxis kaum mehr wegzudenken: Einigen sich ein potenzieller Arbeitgeber und ein Bewerber in den Vertragsverhandlungen, sendet das Unternehmen einen Arbeitsvertrag per E-Mail an den Wunschkandidaten. Dieser hat dann die Gelegenheit, das Schriftstück genau zu prüfen, bevor er mit seiner Unterschrift in ein Angestelltenverhältnis eintritt. Der sogenannte Employee Life Cycle, also der Werdegang eines Mitarbeiters im Unternehmen, beginnt. Während es früher üblich war, ein ausgedrucktes Exemplar des Vertrags – häufig per Einschreiben – auf dem Postweg zu übersenden, läuft der Prozess heute unter Umständen völlig digital. Doch ist das rechtssicher?
Trotz Formfreiheit: Wann ist ein Arbeitsvertrag digital gültig?
Theoretisch handelt es sich bei einem Arbeitsvertrag um einen formfreien Vertrag. Das bedeutet, auch ein mündlicher Arbeitsvertrag ist per Gesetz nicht explizit ausgeschlossen. Die Voraussetzung für seine Gültigkeit ist lediglich, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustimmen. Da dies in der Praxis jedoch kaum umsetzbar ist und es schnell zu Missverständnissen kommt, gibt es in Deutschland das sogenannte Nachweisgesetz.
Das Nachweisgesetz (NachwG)
Das Nachweisgesetz besagt, dass Arbeitgeber ihren neuen Mitarbeitern die Vertragsbedingungen als Nachweis der wesentlichen Vereinbarungen in Schriftform aushändigen müssen. Bis vor Kurzem bedeutete diese Schriftformpflicht die Nutzung von Papier.
Das Nachweisgesetz bezieht sich auf alle Arbeitnehmer, mit Ausnahme von Mitarbeitern, die ausschließlich als vorübergehende Aushilfe für höchstens einen Monat eingestellt werden. Für sie gelten die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Zwar hat das NachwG keine direkte Auswirkung auf die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit eines Arbeitsvertrages, doch der Arbeitgeber ist verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich für den Mitarbeiter festzuhalten. Andernfalls macht er sich im Zweifel schadenersatzpflichtig.
Bürokratieentlastungsgesetz IV schränkt seit 1.1.2025 NachwG ein
Bis Anfang 2025 mussten schriftlich niederzulegende Bedingungen dem Mitarbeiter in Papierform ausgehändigt werden. Damit sollte sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Arbeitsantritt über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen informiert hat.
Was hat sich also mit Beginn dieses Jahres geändert? Nach Inkrafttreten des Bürokratieentlastungsgesetzes IV (BEG IV) muss der Arbeitsvertrag zur Rechtssicherheit nicht mehr unbedingt in Papierform gespeichert und ausgedruckt vorliegen. Er ist ebenso gültig, wenn er beidseitig elektronisch signiert ist. Ob eine einfache elektronische Signatur ausreicht oder nicht, hängt davon ab, ob das Arbeitsverhältnis befristet ist. Bei einer Befristung gelten §126a BGB und §126b BGB.
Das regeln §126a BGB und §126b BGB
126a BGB besagt, dass der Aussteller – im Falle des Arbeitsvertrags der Arbeitgeber – dem Vertrag seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen muss. Zudem legt er fest, dass beide Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument elektronisch signieren müssen.
Ergänzend regelt §126b BGB die Anforderungen der Textform, die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden muss. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das:
- … es dem Empfänger ermöglicht, eine persönlich an ihn gerichtete Erklärung auf dem Datenträger so aufzubewahren oder zu speichern, das sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich bleibt, und
- … das geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.
Ist also ein Arbeitsvertrag als PDF rechtskräftig? Ja, sofern er die genannten Anforderungen erfüllt. PDF-Dateien bieten sich in diesem Zusammenhang an, da sie – im Gegensatz zu klassischen Word-Dateien – nicht ohne Weiteres veränderbar sind.
Weniger Zettel, mehr Wirtschaft: Das Bürokratieentlastungsgesetz
Um nach Angaben der Bundesregierung für “weniger Zettel und mehr Wirtschaft” zu sorgen sowie digitale Prozesse in Unternehmen zu fördern und zu beschleunigen, wurde 2023 das Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen. Wichtige Maßnahmen daraus traten am 1. Januar 2025 in Kraft. Zur Förderung der Digitalisierung ändert das neue Gesetz die Nachweispflicht dahingehend, dass ein digital erstellter Arbeitsvertrag dem neuen Arbeitnehmer nur auf Verlangen in gedruckter Form ausgehändigt werden muss. Der Arbeitnehmer wiederum muss den Empfang des beiderseits unterschriebenen Vertrags digital bestätigen. Damit ist der komplett digitale Vertragsabschluss rechtsgültig.
Welche Arten von elektronischen Signaturen gibt es?
Auch wenn das Bürokratieentlastungsgesetz viele Prozesse deutlich erleichtert, führt kein Weg an der elektronischen Signatur vorbei. Die E-Signatur gewährleistet, dass auch elektronische Dokumente authentifizierbar sind und zurückverfolgt werden können. In der Praxis wird dabei zwischen einer einfachen elektronischen Signatur (EES), einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur (FES) und einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) unterschieden. Doch was unterscheidet die verschiedenen digitalen Signaturarten voneinander?
Die einfache elektronische Signatur (EES)
Bei der EES handelt es sich um die einfachste und unsicherste Form der E-Signatur. Beispiele sind etwa die Signatur unter einer E-Mail, in einer Online-Bewerbung oder bei der Annahme eines Pakets. Das Problem: Einfache elektronische Signaturen sind leicht fälschbar, da die Person ihre Identität nicht durch weitere Daten nachweisen muss.
Die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES)
Die FES beinhaltet hingegen einen zusätzlichen Faktor zur eindeutigen Identifizierung des Unterzeichners. Das kann eine SMS sein, die er oder sie bestätigen muss, oder ein Ausweisdokument, das abgefragt wird. Dadurch ist sie deutlich sicherer als die einfache elektronische Signatur.
Die qualifizierte elektronische Signatur (QES)
Am sichersten und für befristete Arbeitsverträge rechtlich vorgeschrieben ist die qualifizierte elektronische Signatur. Diese Art der E-Signatur, wie sie auch häufig von Krankenkassen und Banken genutzt wird, verifiziert den Unterzeichner in regelmäßigen Abständen durch ein Video-Ident-Verfahren und zusätzlich mit einer zu bestätigenden SMS-Nachricht oder ähnlichen Methoden. Rechtlich ist diese E-Signatur einer händisch geleisteten Unterschrift gleichgestellt. Im Gegensatz zur FES wird sie von einer offiziellen Zertifizierungsstelle ausgestellt.
Einige Gewerbe bilden eine Ausnahme
In einigen Branchen, die besonders von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung betroffen sind (§ 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz), ist die gedruckte Schriftform weiterhin für den Nachweis der Arbeitsbedingungen erforderlich. Diese Regelung soll zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter anderem im Bau-, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe dienen.
So profitieren Arbeitgeber von den neuen Regelungen
Insbesondere Arbeitgeber, die global tätig sind, profitieren von der neuen Regelung. Schließlich sind für das Zustandekommen von Arbeitsverträgen in der Regel mehrere Signaturen erforderlich. Durch dezentrale Strukturen, Reisetätigkeit, Urlaube oder andere Gründe kann es häufig vorkommen, dass es kaum möglich ist, alle unterschriftsberechtigten Personen zeitnah an einen Tisch zu bekommen. Entsprechend ist es gerade für diese Unternehmen eine große Entlastung, wenn alle Beteiligten den Arbeitsvertrag digital unterschreiben können. Die elektronische Form kann somit Einstellungsprozesse in der Praxis beschleunigen und das Onboarding unmittelbar ermöglichen.
Birgt ein digitaler Arbeitsvertrag auch Risiken?
Bei allem technologischen Fortschritt ist ein digitaler Arbeitsvertrag auch mit möglichen Risiken verbunden. Dazu gehören insbesondere ein erhöhter Nachweisaufwand, wenn es zum Streit kommt. Die gesetzlichen Bestimmungen sind zum Teil komplex und für Laien nicht immer leicht nachvollziehbar. So stellt sich etwa die Frage, warum ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit einer einfachen elektronischen Signatur auskommt, eine Befristung jedoch eine qualifizierte elektronische Signatur voraussetzt. Auch psychologisch stellen digitale Dokumente teilweise noch eine Hürde dar. In der Praxis überwiegen die Vorteile jedoch deutlich, insbesondere mit Blick auf praktische Unterstützungstools wie etwa einen digitalen Arbeitsvertrag-Generator.
Digitaler Arbeitsvertrag erleichtert Prozesse
Mit Inkrafttreten des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes ist ein unterschriebener Arbeitsvertrag digital gültig. Hat ein neuer Mitarbeiter seinen Arbeitsvertrag per Mail erhalten, hat er zwei Möglichkeiten: Der Arbeitnehmer kann den Arbeitsvertrag online unterschreiben oder auf Wunsch eine gedruckte Version verlangen, die ihm in diesem Fall auch zusteht.
Durch die Modernisierung, die für viele Branchen gilt, sollen Prozesse rund um das Onboarding neuer Mitarbeiter deutlich erleichtert werden. Davon profitieren insbesondere dezentral organisierte Unternehmen, die für Vertragsunterzeichnungen aufgrund geografischer Distanzen Schwierigkeiten haben, alle Unterzeichnenden gemeinsam an einen Tisch zu bekommen. Auch das zeitaufwendige Hin- und Herschicken per Post sowie die Kosten für Porto und Einschreibegebühren entfallen. Das entlastet alle Beteiligten sowohl finanziell als auch organisatorisch, da Zeit und Aufwand deutlich reduziert werden.
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