HR

Die Great Resignation: Herausforderungen und Chancen wechselwilliger Mitarbeiter

Die Great Resignation bietet auch Chancen für HR

29. Juni 2022 · 6 Min. Lesezeit · HRworks Redaktion

“Great Resignation” oder auch “Big Quit” bezeichnen den während der Coronapandemie gestarteten Trend, seinen Arbeitsplatz zu wechseln. Ausgehend von den USA hinterfragen nun auch in Deutschland Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunehmend ihren Job, ihre Beziehung zum Arbeitgeber und ihre Arbeitsbedingungen. Und entscheiden sich zunehmend zur Kündigung ‒ mittlerweile sogar häufiger als in den USA. Doch was bedeutet die rollende Kündigungswelle für Unternehmen?

Was ist die Great Resignation?

Der aktuellen Gallup-Studie zufolge sehen ganze 23 % der Deutschen keine Zukunft bei ihrem aktuellen Arbeitgeber und 42 % wollen ihn innerhalb der nächsten drei Jahre wechseln. Warum auch nicht? Der zunehmende Fachkräftemangel zeigt neue Perspektiven auf. So ist es nicht verwunderlich, dass 2021 ganze 14 % aller Angestellten aktiv nach einer neuen Stelle gesucht haben ‒ knapp zehn Prozent mehr als in den Jahren zuvor.

Was hat zur Great Resignation geführt?

Die Ursachen für den steigenden Wechselwillen in Deutschland sind vielfältig. So scheint die Pandemie den Renteneintritt vieler Babyboomer vorzeitig herbeigeführt zu haben. Sei es, weil sie sich zu Hause wohler fühlten oder um ihre Enkel zu betreuen, damit ihre Kinder während des Lockdowns weiterhin arbeiten konnten. Doch auch für andere Erwerbstätige haben Isolation und Homeoffice zum Umdenken geführt.

Viele stellten fest, dass ihr aktueller Job nicht zu ihren Lebenszielen passte, während es zugleich viele interessante Stellenangebote und somit Alternativen gab. Zudem ist der Trend zu beobachten, dass junge Menschen nicht ein ganzes Arbeitsleben per se in nur einem Unternehmen verbringen möchten. Obendrein ist auch der Stellenwert von Arbeit an sich gesunken. Auch kann als Grund vermutet werden, dass sich Angestellte durch den Jobwechsel einen Teil ihrer Selbstbestimmung zurückholen wollten, der durch die staatlich auferlegten Einschränkungen verloren gegangen war.

Fehlende Mitarbeiterbindung hat sich durch Corona verstärkt

Wichtiger als die äußeren Rahmenbedingungen scheinen laut Gallup aber die internen zu sein: So kam es während der Pandemie zu einem erhöhten Aufkommen an E-Mails, Meetings und Calls, was die Arbeitslast für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigerte. Laut der aktuellen Studie sind aber nur 17 % der befragten Deutschen emotional an ihren Arbeitgeber gebunden und bereits jeder Fünfte hat innerlich gekündigt. Durch die quasi über Nacht eingeführten neuen Arbeitsbedingungen konnten viele Unternehmen ihren Angestellten nicht den emotionalen Rückhalt geben, der in einer solchen Ausnahmesituation notwendig gewesen wäre. Im Gegenteil: Aufgrund von Umstrukturierung und Prozessoptimierung traten Wertschätzung oder das Aufzeigen von Perspektiven noch weiter in den Hintergrund.

Welche Risiken entstehen aus dem Wechselwillen?

Die aus einer inneren Kündigung heraus resultierende Haltung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirkt sich deutlich aus ‒ auf Produktivität, Qualitätsbewusstsein und Fehlzeiten. Die Volkswirtschaft kostet dies mehrere Milliarden Euro im Jahr. Außerdem hatten 2021 bereits 31 % der für die Gallup-Studie befragten Angestellten das Angebot eines Headhunters erhalten ‒ doppelt so viele wie in den Jahren zuvor. Damit Unternehmen gut eingearbeitete und integrierte Fachkräfte nicht verlieren, ist also Handlungsbedarf geboten. Sonst gehen Know-how, Planbarkeit und Perspektive dauerhaft verloren und es kommen hohe Kosten auf Betriebe zu.

Welche Chancen bringt die Great Resignation mit sich?

Für Unternehmen mit attraktivem Arbeitsumfeld besteht allerdings die Möglichkeit, von der Great Resignation sogar zu profitieren. Zum Beispiel, indem sie wechselwillige Kandidaten gezielt ansprechen und gute Fachkräfte abschöpfen. Die weltweite Mobilität am Arbeitsmarkt sorgt zusammen mit Remote Work oder Hybridem Arbeiten dafür, dass Spezialisten von überallher angestellt werden können, ohne dass diese umziehen müssen. Insgesamt hat die Pandemie vor allem die bedeutende Rolle von HR in der modernen Arbeitswelt bekräftigt, was langfristig zu flächendeckend mitarbeiterzentrierten Unternehmen führen könnte.

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Wie kann HR auf die Great Resignation reagieren?

Es gilt, eine authentische und produktive Unternehmenskultur zu schaffen. Eine aktive Personalabteilung sorgt in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung dafür, dass jedem einzelnen Mitarbeiter optimale Bedingungen geboten werden. Das ist keine leichte Aufgabe, da viel Abstimmung und Fingerspitzengefühl gefragt sind und ganz nebenbei bestehende HR-Prozesse modernisiert werden müssen. Doch nur wenn ausreichend Zeit für die Personalentwicklung und die Schaffung eines wertschätzenden Arbeitsumfeldes bereitgestellt wird, sorgen diese Maßnahmen langfristig für die nötige emotionale Bindung der Angestellten an ein Unternehmen. So halten Sie wechselwillige Mitarbeiter

Ist ein Angestellter unzufrieden, kann das verschiedenste Gründe haben. Vielleicht gefallen ihm seine Aufgaben nicht mehr, es kommt zuweilen zu Missverständnissen unter den Kollegen oder die Geschäftsführung erlaubt keine Eigeninitiative. Auch wurde das Gehalt möglicherweise über längere Zeit nicht angepasst, ein Urlaub nicht genehmigt oder die erhoffte Beförderung vertagt. Damit es nicht zu anhaltender Missstimmung und somit nachlassender Motivation und Produktivität kommt, sind folgende Punkte zu optimieren:

1. Empathie

Wer sich verstanden fühlt, fühlt sich wohl. So führt ein empathischer Umgang im Unternehmen dazu, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenseitig kennen und ihr Verhalten nachvollziehen können. Sie interessieren sich füreinander, gleichen Stärken und Schwächen aus und nehmen sich gegenseitig Arbeit ab. Einer empathischen Geschäftsführung vertrauen sich Angestellte bei Problemen außerdem wesentlich schneller und offener an, sodass deren Anliegen gelöst werden, bevor schwerwiegende Folgen auftreten.

2. Mitarbeiterbindung

Eine hohe emotionale Bindung ans Unternehmen senkt die Wechselbereitschaft enorm. Um die zu erreichen, müssen Personaler und Geschäftsführer optimale Arbeitsbedingungen schaffen. Das bedeutet einerseits, dass Angestellten Hybrides Arbeiten ermöglicht wird, um die bestmögliche Work-Life-Balance zu generieren. Zudem sind regelmäßige Gespräche zwischen Angestellten und HR sowie dem direkten Vorgesetzten Pflicht. So sind Unzufriedenheiten schnell herauszuhören und die Mitarbeiterentwicklung kann für alle Seiten gewinnbringend gesteuert werden.

3. Schaffung einer positiven Employee Experience

Employee Experience (EX) beschreibt alle Erfahrungen, die Angestellte in einem Unternehmen machen. Um diese so ansprechend wie möglich zu gestalten, sind moderne Arbeitsbedingungen, wertschätzendes Verhalten sowie ein kompetenter Ansprechpartner Pflicht. So entwickelt sich der Arbeitsplatz zu einem Ort des Wohlfühlens ‒ der Grundlage für ein “Wir-Gefühl”, das produktives Arbeiten ermöglicht.

4. Remote Work

Wer seine Arbeitszeiten und -orte selbst bestimmt, hat wesentlich mehr Freiraum in der Gestaltung seines Alltags. Remote Work bewirkt laut einer Studie von Businesssolver, dass 89 % der befragten Angestellten mit ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind.

5. Einsatz von digitalen Lösungen

Die digitale Transformation macht sowohl der Personalabteilung als auch der Geschäftsführung und den Angestellten das Leben leichter. So vereinfacht eine HR-Software beispielsweise die Zeiterfassung und Reisekostenabrechnung. Technisch optimierte Arbeitsabläufe bedeuten weniger Aufwand für das ganze Team, was zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit und geringeren Kosten führt.

6. People Analytics

Eine fundierte Datenbasis bezüglich jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes einzelnen Mitarbeiters unterstützt HR dabei, individuelle Interessen im Blick zu behalten. Bevor eine neue Stelle ausgeschrieben wird, kann so zunächst intern nach der passenden Besetzung gesucht werden. Die mitarbeiterbezogenen Daten geben außerdem Aufschluss über Wünsche und Sorgen der Angestellten.

Die Schlüsselrolle von HR wird immer deutlicher

Der Einfluss der HR ist in diesen Zeiten enorm. Da das Personal die wichtigste Ressource eines Unternehmens darstellt, gilt es, diese zu halten. Damit das gelingt, sind eine ansprechende Unternehmenskultur, offene Kommunikation sowie Rückhalt für jeden einzelnen Mitarbeiter Pflicht.

Nur wer seinen Angestellten optimale Arbeitsbedingungen bietet, schafft die Identifikation mit seinem Betrieb. Diese emotionale Bindung sorgt dafür, dass erst gar kein Wechselwille aufkommt ‒ und begünstigt durch positive Außenwirkung auch die Einstellung weiterer Fachkräfte, die eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit sichert.

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