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Personal- und Fachkräftemangel: So meistern Personaler die Herausforderung

Personalmangel und Fachkräftemangel: Welche Optionen haben Personaler?

08. Februar 2022 · 6 Min. Lesezeit · HRworks Redaktion

In vielen Unternehmen macht sich schon seit einiger Zeit ein immer größer werdendes Problem bemerkbar: Der Fachkräftemangel ist ein Dauertrend. Medial bereits breitgetreten, scheint die Politik aber noch keinen Weg gefunden zu haben, dem entgegenzuwirken. Und das, obwohl der Personalmangel in gut 70 Berufen zu Engpässen führt: Schon jetzt gehen Umsatz und Produktivität in deutschen Betrieben zurück. Und Kunden wandern zur Konkurrenz ab.

Wachstumsbremse Personalmangel

Aufgrund der wachsenden Personalnot ist die Zeit, in der eine Stelle unbesetzt bleibt, inzwischen auf durchschnittlich 138 Tage angestiegen. Diese etwa 100 Arbeitstage bedeuten für einen mittelständischen Betrieb eine Umsatzeinbuße von etwa 175.000 Euro. Schon jetzt müssen 43 Prozent der Unternehmen Aufträge ablehnen, weil das nötige Personal fehlt. Die Wertschöpfung in Deutschland wird somit um geschätzte 90 Milliarden Euro pro Jahr gebremst.

Das liegt auch daran, dass besonders in den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) schon heute über 250.000 Fachkräfte fehlen. Diese werden aber dringend benötigt, um die Herausforderungen unserer Zeit wie Digitalisierung, Klimawandel und E-Mobilität zu stemmen. Und auch die Baubranche leidet: 53 Prozent der Stellen sind aktuell unbesetzt, im Maschinenbau sogar 57 Prozent. Innovation und Fortschritt werden so deutlich ausgebremst. Dabei sind diese Punkte entscheidend, damit Unternehmen auf dem globalisierten Weltmarkt bestehen.

Warum verschärft sich das Problem Fachkräftemangel?

Der demografische Wandel ist in vollem Gange: Fachkräfte der Babyboomer-Generation verabschieden sich in den Ruhestand und aus den jüngeren Jahrgängen rücken weniger Talente nach. Bis zur Generation X war es noch üblich, sich früh an ein Unternehmen zu binden und dort ein ganzes Berufsleben zu bleiben. Die Bedürfnisse moderner Arbeitnehmer haben sich aber geändert.

So sind es besonders die starren Strukturen, die die Arbeitszeit, Hierarchie oder die Position in einem Unternehmen betreffen, die junge Fachkräfte davon abhalten, Jobs anzunehmen. Veränderte Lebensmodelle, in denen auch Väter Zeit mit ihren Kindern verbringen oder aus anderen Gründen nicht Vollzeit arbeiten möchten, verlangen nach einer optimierten Work-Life-Balance. Ist diese im Unternehmen nicht gegeben, sind gut ausgebildete Arbeitnehmer nicht bereit, ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen.

Was können Unternehmen gegen den wachsenden Personalmangel tun?

Unternehmen müssen umdenken

Der Ansatz, dass Arbeitnehmer dem Unternehmen etwas bieten müssen, kehrt sich allmählich um. Wer gut ausgebildete Fachkräfte rekrutieren und binden möchte, muss sich auf ihre Bedingungen einlassen. Auch der Bewerbungsprozess sollte von Unternehmensseite aus angestoßen werden. Durch Headhunter beispielsweise, die bestimmte Märkte intensiv beobachten, können attraktive Kandidaten kontaktiert werden, bevor sie selbst aktiv nach einer Stelle suchen.

Entwicklung zum mitarbeiterzentrierten Unternehmen

Mit modernen Strategien zur effizienten Mitarbeiterführung, die Potenziale erkennt und fördert, wandelt sich die Führung eines Unternehmens. Die Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource und sollten dementsprechend behandelt werden. Für ein gutes Betriebsklima ist entscheidend, dass die Belegschaft Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven aufgezeigt bekommt – Unternehmen sollten auch Leiharbeiter dabei einbinden und gemäß Equal Pay fair bezahlen.

Potenziale erkennen und ältere Bewerber nicht ausschließen

Der perfekte Angestellte wächst nicht auf Bäumen. Oft fällt die Entscheidung gegen einen neuen Mitarbeiter aufgrund seines Lebenslaufes oder seines Alters. Auf das Potenzial, das ein in seiner Branche sehr erfahrener Bewerber mit sich bringt, wird in Zukunft aber häufiger zurückgegriffen werden müssen. Denn auch ältere Arbeitnehmer können sich in modernen Unternehmen hervorragend entwickeln.

Moderne Arbeitsbedingungen schaffen

Auch wenn in Stellenanzeigen von „Augenhöhe“, „flexiblen Arbeitszeiten“ oder „flachen Hierarchien“ gesprochen wird, sieht die Arbeitswirklichkeit meist anders aus. Dabei sind Angebote wie mobiles und zeitunabhängiges Arbeiten, Fort- und Weiterbildungen sowie  Benefits wie Kinderbetreuung, Dienstwagen oder Zuschüsse zur Altersvorsorge wichtig, um Mitarbeiter vom eigenen Betrieb zu überzeugen. Moderne Angestellte möchten gehört sowie wahrgenommen werden und sich mit dem Unternehmen zusammen weiterentwickeln. Ist dies prinzipiell gegeben, kann eine positive emotionale Bindung zum Betrieb entstehen. Auch der Einsatz von digitalen Lösungen wie einer HR-Software trägt dazu bei, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen.

Echte Wertschätzung bieten

Nicht nur Vertrauen sollte die Voraussetzung für ein Arbeitsverhältnis sein. Mitarbeiter wollen sich auch ernst genommen und wertgeschätzt fühlen. Mit positiver Motivation im Arbeitsalltag, die durch ehrliches Lob oder eine gute Perspektive erreicht wird, entsteht eine nachhaltige Bindung ans Unternehmen. Innovative Ideen werden eher kommuniziert, Fehler selbständig ausgemerzt und Prozesse von Mitarbeiterseite aus optimiert. Da viele Augen wesentlich mehr sehen als nur die Augenpaare von Managern, ist dies eine Win-win-Situation für jedes Unternehmen. Nicht zu unterschätzen ist außerdem, dass auch Krankmeldungen in Unternehmen mit positivem Betriebsklima deutlich geringer sind als anderswo.

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Was muss sich ändern, um Fachkräfte zu binden?

Leitenden Angestellten benötigen immer häufiger Soft Skills bei ihrer Arbeit. Sie müssen die freie Entfaltung ihrer Mitarbeiter fördern und individuelle Rahmenbedingungen für jeden einzelnen schaffen. Mit ganzheitlichen Strategien, die die Ausbildung, gesundes Arbeitsklima, Weiterbildungsmöglichkeiten sowie flexible Arbeitszeitmodelle umfassen, gibt es viele Möglichkeiten, fähige Mitarbeiter zu erhalten und an sich zu binden:

1. Ausbildung

Eine maßgeschneiderte Ausbildung bietet jungen Arbeitnehmern und ihren Ausbildungsbetrieben große Chancen. Erhalten die Absolventen gute Konditionen, um im Unternehmen zu bleiben, hat das gleich mehrere Vorteile: Der Angestellte muss nicht mehr eingearbeitet werden, sondern hat in den Jahren seiner Ausbildung alle Prozesse und Kollegen optimal kennengelernt. Auch die Identifikation mit dem Unternehmen ist bereits vorhanden. Auf dieser guten Basis kann eine lange und erfüllende Zusammenarbeit entstehen.

2. Vorausschauende Bedarfsanalyse

Da Unternehmen im Schnitt 130 Tage benötigen, um eine Stelle neu zu besetzen, sollten Fachkräfte frühzeitig gesucht werden. Die Beobachtung und Analyse unternehmerischer Prozesse in jedem einzelnen Betrieb machen drohenden Personalmangel sichtbar. Durch das Schaffen von Ausbildungsplätzen, die Möglichkeit, sich im Unternehmen zu entwickeln und ein gutes Netzwerk wirken Arbeitgeber möglichen Engpässen frühzeitig entgegen. Ebenso lohnt sich beim Recruiting der Blick ins Ausland, falls sich auf dem inländischen Arbeitsmarkt keine geeigneten Bewerber finden – auch wenn dies organisatorische Aufgaben wie die Organisation einer Arbeitserlaubnis nach sich zieht.

3. Arbeitsklima

Ob es erfüllend ist, für ein Unternehmen zu arbeiten, hängt für junge Fachkräfte nicht nur von einem guten Gehalt ab. Sie möchten sich vor allem wohlfühlen. Ein gesundes Arbeitsklima entsteht unter anderem durch transparente Kommunikation, berufliche Perspektiven sowie modernes Arbeitszeitmanagement.

4. Talente fördern, Fachkräfte binden

Auch Mitarbeiter, die in ihrem Bereich bereits gute Arbeit leisten, möchten sich weiterentwickeln. Damit sich sowohl junge Talente als auch erfahrene Führungskräfte ihrem Bedarf entsprechend verändern können, sollten Unternehmen ihnen die Möglichkeit zur persönlichen Entfaltung geben. Ist dies unternehmensintern nicht möglich, wandern sie ab – und mit ihnen ihr Know-how.

5. Image oder Employer Branding

Wenn eine Fachkraft von einem Unternehmen hört, dessen Mitarbeiter besonders zufrieden sind, ist das die beste Visitenkarte. Um sich hier gut zu positionieren, sollten sich Unternehmen vielfältig aufstellen: Eine aussagekräftige Website, ehrliche Bewertungen auf Arbeitgeberbewertungsportalen wie kununu, medienwirksame karitative Aktionen, Nachbarschaftshilfe oder eingehaltene Umweltstandards positionieren ein Unternehmen nachhaltig positiv. Durch ein gutes Image werden Stellen übrigens nicht nur schneller besetzt, sondern auch mit besser qualifizierten Mitarbeitern.

Fazit: Möglichkeiten im HR-Bereich ausschöpfen, um der Personalnot entgegenzuwirken

Die Suche und Einstellung neuer Mitarbeiter ist mit einem enormen personellen Aufwand seitens der Personalabteilung verbunden. Dies verhindert, dass Personaler bestehende Kollegen coachen und weiterentwickeln. Kann eine Stelle nicht zeitnah besetzt werden, müssen unternehmensinterne Prozesse verlangsamt werden oder kommen ganz zum Erliegen.

Um deutlich weniger Zeit für administrative Tätigkeiten zu verschwenden, greifen immer mehr HR-Abteilungen auf Bewerbermanagementsysteme zurück. Dieses und andere digitale Tools ermöglichen der Personalabteilung, sich mehr Zeit für die immer wichtiger werdenden Aufgaben im Bereich Mitarbeiterführung, -entwicklung und -bindung zu nehmen.

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