Recht und Datenschutz · Zeitwirtschaft

Wie Sie bei der Einführung einer Zeiterfassung den Betriebsrat einbinden

Bei der Einführung einer Zeiterfassung den Betriebsrat einbinden: So gelingt's

06. September 2022 · 6 Min. Lesezeit · HRworks Redaktion

Die Einführung einer digitalen Zeiterfassung in Unternehmen gelingt nur unter Einbeziehung des Betriebsrats. Denn dieser hat ein Mitspracherecht bei der konkreten Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung innerhalb eines Unternehmens. Damit die Einführung einer Zeiterfassung im Unternehmen gelingt, ist die frühzeitige und offene Kommunikation mit dem Betriebsrat daher essenziell.

Arbeitszeiterfassung und Mitbestimmung vom Betriebsrat: Die rechtlichen Hintergründe

Vom EuGH zum BAG bis zum LAG: Die jüngsten Gerichtsurteile

Der Europäische Gerichtshof urteilte im Mai 2019, dass alle Arbeitgeber der Mitgliedstaaten der EU zur Zeiterfassung ihrer Angestellten verpflichtet sind. Die Kriterien: Ein objektives, verlässliches und zugängliches System, das die Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer registriert und vollständig protokolliert. Zwar hat Deutschland das Urteil noch nicht in nationales Recht überführt, doch urteilte das Bundesarbeitsgericht am 13. September 2022, dass die Zeiterfassung für Unternehmen verpflichtend ist. Und das LAG München urteilte zudem am 22. Mai 2023, dass Unternehmen sich nicht auf eine fehlende gesetzliche Regelung berufen können, wenn der Betriebsrat die Ausgestaltung der Zeiterfassung innerhalb eines Unternehmens fordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Zeiterfassung ist mitbestimmungspflichtig

Das Erfassen der Arbeitszeit ist also ein Thema, mit dem sich jedes Unternehmen auseinandersetzen muss. Dabei ist es für HR-Verantwortliche und Geschäftsführer wichtig zu beachten, dass der Betriebsrat in Deutschland nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht hat, sofern diese Frage nicht bereits gesetzlich geregelt ist.

Daher bietet es sich an, den Betriebsrat so früh wie möglich mit ins Boot zu holen. So nimmt ein Unternehmen die Wünsche und Forderungen der Belegschaft ernst und reagiert rechtzeitig auf Kritik. Dies schafft die nötige Grundlage zur reibungslosen Einführung einer Zeiterfassung.

Wiwo Siegel

Bester Mittelstandsdienstleister 2024 in der Kategorie “Zeiterfassung”

Über 16.000 Entscheider aus dem Mittelstand haben im Auftrag der WirtschaftsWoche die „Besten Mittelstandsdienstleister 2024“ gekürt. Wie bereits im Vorjahr liegt HRworks in der Kategorie Zeiterfassung auf Platz 1.

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So gelingt die elektronische Zeiterfassung: Betriebsrat miteinbeziehen

Den Betriebsrat einzubeziehen ist für Personaler unter anderem deswegen sinnvoll, um den Angestellten die Vorteile der Zeiterfassung zu verdeutlichen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weisen so etwa ihre geleisteten Überstunden nach. Dadurch haben sie die Möglichkeit, diese abbauen oder sich auszahlen zu lassen. Die Erfassung der Arbeitszeit schafft also Transparenz für alle Beteiligten, die sich auch auf die Dokumentation von Ruhezeiten, Fehlzeiten oder Dienstreisen erstreckt.

Es gibt verschiedene Zeiterfassungssysteme – von händisch gepflegten Excel-Tabellen bis hin zu Zutrittskontrollen. Flexibler und unkomplizierter jedoch sind digitale Tools, die beispielsweise per App funktionieren. So erfassen Beschäftigte ihre Arbeitszeiten von überall her – egal, ob im Büro, im Homeoffice oder auf Dienstreise. Zudem ist diese Lösung im Gegensatz zu lokal gespeicherten Excel-Tabellen jederzeit einsehbar.

Die Vorteile der digitalen Zeiterfassung für Mitarbeiter, Personaler und Unternehmen

Viele Zeitwirtschaft-Software-Lösungen bieten mittlerweile zusätzliche Funktionen wie das Beantragen und Genehmigen von Urlaubsanträgen. Sind in einem Programm verschiedene Anforderungen kombiniert, spart dies Arbeit und Zeit. Dadurch entsteht ein transparenter Überblick über Fehlzeiten und die Auslastung der Mitarbeiter, den HR-Manager zur Grundlage nehmen, um Anpassungen bezüglich Einsatzplanungen oder Arbeitsabläufen vorzunehmen.

Aus der Zeiterfassung ergibt sich darüber hinaus eine Sicherheit für beide Seiten: Arbeitgeber sind rechtlich abgesichert, da sie die Anordnung des Europäischen Gerichtshofes umsetzen. Arbeitnehmer wiederum sind in der Lage zu belegen, wann sie wie lange gearbeitet haben.

Das richtige Vorgehen: Keine Einführung der Zeiterfassung ohne Betriebsrat

Personalabteilungen wissen: Kommunikation mit allen Betroffenen ist das A und O bei der Implementierung einer HR-Software wie im Bereich der Zeiterfassung. Nur so erleben Angestellte, dass der Arbeitgeber auf ihre Sorgen und Ängste eingeht. Daher ist die Einbeziehung des Betriebsrats als Sprachrohr und Interessenvertretung der Belegschaft essenziell.

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Die Arbeitszeiterfassung mit Betriebsrat umsetzen

Durch seine Mitbestimmungs-, Beratungs- und Informationsrechte ist der Betriebsrat in Deutschland dazu verpflichtet, das System der Zeiterfassung im Sinne der Angestellten zu gestalten. Dazu gehört beispielsweise die Entscheidung, ob Mitarbeiter die Erlaubnis erhalten, ihre Arbeitszeiten mobil lediglich über Laptops oder auch über Smartphones und Tablets zu erfassen. Außerdem liegt der Fokus des Betriebsrats auf dem Schutz der Rechte der Belegschaft. Damit ein digitales Zeiterfassungssystem diese ausreichend schützt, achten Betriebsräte darauf, dass es den erforderlichen Datenschutz zum Beispiel bei den Personaldaten gewährleistet. Also ob es zum Beispiel der DSGVO und den ergänzenden nationalen Regelungen entspricht. Ebenso prüft der Betriebsrat die AGB des Anbieters des Zeiterfassungssystems.

Ein System zur Zeiterfassung mit dem Betriebsrat einzuführen, gelingt Personalern daher vor allem in enger Abstimmung. So stellen sie sicher, dass sie die Anliegen der Belegschaft berücksichtigen, damit diese das Tool nach seiner Einführung auch bereitwillig nutzt.

Wie HR-Manager bei der Einführung der Zeiterfassung den Betriebsrat richtig unterstützen

Der Betriebsrat hat in vielen Fällen eigene Vorstellungen von den Möglichkeiten einer Zeiterfassung-Software. Unterstützen Unternehmen ihren Betriebsrat dabei, diese Ideen umzusetzen oder gehen zumindest darauf ein, dann garantiert dies oftmals eine gute Zusammenarbeit. Gerade darum ist es für HR-Managerinnen und HR-Manager entscheidend, sich bereits im Vorhinein Gedanken über die Funktionen zu machen, die die Software mitbringt.

Für Anwendergruppen, die viel unterwegs sind, ist etwa eine Erfassung mit Mobilgeräten wichtig, die auch ohne Internetzugang funktioniert.

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So lassen sich Fairness und Arbeitsschutz durch eine Zeiterfassung optimieren

Mit der Zeiterfassung erfüllen Unternehmen auch arbeitsschutzrechtliche Anforderungen, die ganz im Sinne des Betriebsrats sind: Indem Mitarbeiter ihre Überstunden und Ruhezeiten registrieren, erhalten Personalabteilungen einen strukturierten Überblick über das Optimierungspotenzial in der Arbeitsplanung und dem Zeitmanagement. Daraus leiten Personalerinnen und Personaler dann unter anderem Maßnahmen in Bezug auf den Gesundheitsschutz ab und optimieren sie kontinuierlich. So sind zu viele Überstunden beispielsweise ein Weckruf, um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu suchen. Und unterschreiten Angestellte regelmäßig ihre Ruhezeiten, dann ist es die Aufgabe der HR-Abteilung, bessere Anreize für Pausen zu schaffen. Wichtig ist: Damit Frust und Demotivation erst gar nicht auftreten, sollte es für Unternehmen von Anfang an klar sein, Mehrarbeit zeitlich oder finanziell zu entlohnen.

Betriebsrat und Arbeitszeiterfassung: Checkliste für optimales Vorgehen

Mit den folgenden Schritten funktioniert die Einführung eines Zeiterfassungssystems reibungslos:

  • Frühzeitige Information an den Betriebsrat
  • Gründe für Einführung der Zeiterfassung klar kommunizieren
  • Benötigte Funktionen aus Arbeitgebersicht festlegen
  • Essenzielle Funktionen aus Arbeitnehmersicht einbeziehen
  • Arbeitsprozesse mit Tool strukturieren
  • Weitere Funktionen (Urlaubsplanung etc.) integrieren

Die Akzeptanz der Zeiterfassung gelingt mit offener Kommunikation

Den Betriebsrat rechtzeitig einzubeziehen ist wichtig, um auf mögliche Kritikpunkte schon im Vorfeld zu reagieren. Denn: Wenn die Einführung einer digitalen Zeiterfassung aus der Chefetage heraus erfolgt, dann fühlt sich die Belegschaft schnell bevormundet. Kommunizieren Geschäftsführer und HR-Verantwortliche hingegen auf Augenhöhe mit dem Betriebsrat, wird er zum Partner, mit dem die Einführung gelingt. Anstatt den Prozess zu blockieren, bringen Betriebsräte dann ihre eigenen Vorstellungen ein und zeigen den Mitarbeitern die Vorteile dieser Maßnahme auf. Das stellt langfristig die Akzeptanz des neuen Zeiterfassungssystems sicher.

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So gelingt die Einführung einer HR-Software

In vielen Fällen bringt eine digitale Gesamt-HR-Lösung auch eine Zeiterfassungs-Funktion mit. Der Leitfaden verrät Ihnen, welche Punkte bei der Auswahl und Einführung der richtigen Software wichtig sind.

Disclaimer

Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.

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