HR · Recruiting

Job-Ghosting: Wenn neue Mitarbeiter einfach nicht kommen

Job Ghosting durch Bewerber erschwert den Recruiting-Prozess

13. Juni 2023 · 7 Min. Lesezeit · HRworks Redaktion

Mitten im Bewerbungsprozess sind Kandidaten plötzlich nicht mehr erreichbar? Oder erscheint ein neuer Mitarbeiter nicht zur Arbeit, obwohl er den Vertrag bereits unterschrieben hat? Das Phänomen Job-Ghosting ist in den USA weit verbreitet. Auch in Deutschland tritt es immer häufiger auf. Doch was sind die Gründe für Job-Ghosting und wie verhindern Unternehmen, dass sie geghostet werden?

Ghosting im Job: Was ist das?

Beim Job-Ghosting brechen Kandidatinnen und Kandidaten den Kontakt im Bewerbungsprozess oder sogar nach Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags ab ‒ ohne Ankündigung oder Erklärung. Sie beantworten weder Mails noch Anrufe und halten vereinbarte Termine nicht ein.

Der Begriff Ghosting stammt ursprünglich aus dem Dating-Bereich und beschreibt die Situation, wenn sich ein zuvor interessierter (potenzieller) Partner ohne ersichtlichen Grund nicht mehr meldet. Vonseiten der Unternehmen kennen viele Kandidaten ein solches Verhalten bereits. Neu ist, dass nun auch Bewerberinnen und Bewerber den Kontakt zu Firmen abbrechen.

Kontaktabbrüche nehmen zu

In einer Studie von Indeed zum Employer Ghosting in den USA aus dem Jahr 2020 geben 76 % der Arbeitgeber an, in den letzten zwölf Monaten Ghosting von Bewerbern erlebt zu haben. Auch in Deutschland steigt die Tendenz merklich an – wie der Spiegel zum Ghosting im Job bemerkt: Fachleute schätzen, dass sich die Zahl der ghostenden Kandidatinnen und Kandidaten in den letzten fünf Jahren verdoppelt habe.

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Gründe für Job-Ghosting durch Bewerber

Die Gründe für das Verhalten der Bewerberinnen und Bewerber sind vielfältig und nicht immer ersichtlich. Mögliche Ursachen sind:

  1. Ein besseres Job-Angebot: Der Kandidat hat bessere Angebote erhalten oder auch einem anderen Unternehmen zugesagt. Erscheint ein Bewerber nicht zum ersten Arbeitstag, obwohl er einen Vertrag unterschrieben hat, war das Unternehmen möglicherweise seine zweite Wahl und er hat seinen Traumjob doch noch bekommen.
  2. Dem Bewerber gefällt der Arbeitgeber nicht mehr: Durch den in Bewerbungsgesprächen entstehenden persönlichen Kontakt erhält der Kandidat Einblicke in das Unternehmen. Manchmal zeigt sich dabei, dass das Job-Angebot nicht zu den Vorstellungen und Wünschen des Bewerbers passt.
  3. Kandidat möchte den Rückzug nicht diskutieren: Hat sich der Bewerber gegen das Unternehmen entschieden, kann es ihm unangenehm sein, sich zu erklären. Deshalb wählt er den einfacheren Weg und antwortet nicht mehr.
  4. Bewerber hat den Überblick verloren: Darüber hinaus ist es möglich, dass der Kandidat den Überblick über seine Bewerbungen verloren hat oder gerade nicht erreichbar ist. Meldet er sich nicht zurück, heißt das nicht automatisch, dass kein Interesse mehr an dem Job besteht. Daher lohnt es sich für Unternehmen oftmals, den Bewerber erneut zu kontaktieren.
  5. Reaktion auf Ghosting vonseiten des Arbeitgebers: Hat sich das Unternehmen selbst erst nach einigen Wochen oder Monaten beim Bewerber zurückgemeldet, kann das Verhalten auch bewusst gewählt sein. Ganz nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir.

Auswirkungen von Job-Ghosting für Bewerber und Unternehmen

Kandidatinnen und Kandidaten sind nicht verpflichtet, einem Unternehmen für ein Bewerbungsgespräch oder im Bewerbungsprozess abzusagen. Rechtlich hat das Job-Ghosting vor Unterzeichnung des Vertrags also keine Auswirkungen. Das sieht aber anders aus, wenn der Arbeitsvertrag bereits unterschrieben ist. Dieser ist rechtlich bindend und der Mitarbeiter somit gesetzlich verpflichtet, zu erscheinen. Ansonsten hat der Arbeitgeber Ansprüche auf Schadensersatz und – sofern vereinbart – Vertragsstrafen.

Unprofessionalität wirft negatives Licht auf die Kandidaten

Meldet sich ein Bewerber nicht mehr zurück, ist das unprofessionell und unfair. Für Arbeitgeber bedeutet das Verzögerungen im Bewerbungsprozesses, personelle Engpässen und höhere Kosten durch erneute Stellenausschreibungen: Der Recruiting-Prozess geht von vorne los. Zudem sind Unternehmen teils gut vernetzt, sodass andere Firmen von dem Verhalten erfahren – was Kandidaten und Kandidatinnen einen schlechten Ruf in der Branche einbringt.

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Mit Job-Ghosting umgehen: Das können Arbeitgeber tun

Job-Ghosting durch Bewerber lässt sich nur schwer verhindern, weil Unternehmen keinen direkten Einfluss auf das Verhalten der Kandidatinnen und Kandidaten haben. Es gibt allerdings grundsätzliche Aspekte, die die Chance darauf verringern.

  1. Bewerbungsprozess beschleunigen: Der Bewerbungsprozess ist häufig zäh. Denn Unternehmen warten oftmals, bis eine gewisse Anzahl an Bewerbungen eingegangen ist. Vereinbaren sie stattdessen zeitnah Vorstellungsgespräche und sagen einem passenden Bewerber zu, wird dieser die Schnelligkeit schätzen und nicht lange auf seine Antwort warten lassen.
  2. Gegenseitige Wertschätzung: Andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte – das lernt man schon als Kind. Und es gilt auch im Bewerbungsprozess: Offene Kommunikation, schnelle Rückmeldungen und transparente Vorgänge zeigen gegenseitige Wertschätzung. Darüber hinaus begünstigt ein persönlicher Kontakt in Telefongesprächen oder Video-Calls die Bindung des Kandidaten zum Unternehmen.
  3. Faire Angebote: Wenn einem Unternehmen ein Bewerber oder eine Bewerberin gut gefällt, sollte es auch einen entsprechenden Gegenwert bieten. Denn attraktive Konditionen erhöhen die Chancen beim Wunschkandidaten, der aufgrund von Fachkräftemangel wahrscheinlich aus mehreren Angeboten wählen kann.
  4. Zeitgerechte Kommunikationsprozesse: Gerade jüngere Kandidatinnen und Kandidaten kontrollieren ihre Mails nicht regelmäßig oder nehmen Anrufe von unbekannten Nummern nicht entgegen. Stattdessen sind sie per SMS und WhatsApp zu erreichen. Daher lohnt es sich für Unternehmen, ihr E-Recruiting auszubauen.
  5. Individuell formulieren: Individualisierte Texte drücken ehrliches Interesse aus. Im Gegenzug bietet es sich an, Absagen standardisiert zu erstellen, sie dabei aber freundlich zu formulieren. Dies spart Zeit, um attraktiven Bewerbern individuelle Nachrichten zu schicken und auf diese Weise eine gewisse Bindung aufzubauen.
  6. Flexibilität anbieten: Bewerber arbeiten gegebenenfalls noch in ihrem alten Job, weshalb sie Vorstellungsgespräche nicht während der Arbeitszeit führen können. Weiten Unternehmen ihr Terminangebot auf Abende und Wochenenden aus, erreichen sie auch diese Kandidaten. So entgehen sie einem Ghosting aufgrund zeitlicher Verhinderung.
  7. Employer Branding: Das Employer Branding ist eine langfristige Strategie, um das Image des Unternehmens zu konkretisieren. Welche Werte sind wichtig? Gibt es einen Purpose? Was macht den Betrieb zu einem attraktiven Arbeitgeber? Ist das Employer Branding klar definiert, bewerben sich Kandidaten, zu denen das Unternehmen wirklich passt. Dies verhindert Job-Ghosting proaktiv.
  8. Pre-Onboarding etablieren: Ein gutes Onboarding in den ersten Arbeitswochen ist wichtig. Um jedoch die Zeit bis zum ersten Arbeitstag zu überbrücken, bietet sich Pre-Onboarding an: Der zukünftige Arbeitgeber stellt seinem neuen Mitarbeiter dabei zum Beispiel einen fachlichen Ansprechpartner aus der zukünftigen Abteilung zur Seite, der Fragen beantwortet und persönlichen Kontakt hält. Lädt das Unternehmen den Mitarbeiter bereits zu Firmenveranstaltungen ein, unterstützt ihn bei der Wohnungssuche oder schickt ihm ein Willkommenspaket, vertieft sich die Bindung. Das ist zwar ein beträchtlicher Mehraufwand, der sich aber lohnt. Denn er verhindert Job-Ghosting, durch das die Mitarbeitersuche von vorn beginnt.

HR-Software: So halten Unternehmen Kontakt zu ihren Bewerbern

Eine HR-Software hilft dabei, das Bewerbermanagement zu koordinieren. Personaler haben so jederzeit den Überblick über den Status der einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten, sodass sie zeitnah und adäquat auf jede neue Nachricht reagieren. Zudem erstellt HR mit dem Tool unkompliziert automatisierte und persönliche Nachrichten. Auch das Pre-Onboarding zu organisieren, ist über eine gute Software möglich. Das schafft beste Voraussetzungen, um die Kommunikation zu verbessern und Job-Ghosting von beiden Seiten aus zu verhindern.

Gegenseitiger Respekt wirkt Ghosting im Job entgegen

Um Job-Ghosting zu vermeiden, sind gegenseitiger Respekt und Wertschätzung essenziell. Gestalten Unternehmen den Bewerbungsprozess im Sinne der Bewerberinnen und Bewerber, verringert das die Chance, geghostet zu werden. Eine Personalsoftware hilft darüber hinaus dabei, regelmäßigen Kontakt mit den Kandidaten zu halten und Maßnahmen gegen Job-Ghosting umzusetzen.

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So gelingt die Einführung einer HR-Software

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