Recruiting ‒ darum geht’s
Wie geht Recruiting? Einfach warten, bis der oder die Richtige anbeißt? Die Zeiten sind vorbei. Wer heute Top-Talente für sein Unternehmen will, muss aktiv auf die Suche gehen. Wie aber findet man die besten Kandidaten im global-digitalen Zeitalter? So viel vorneweg: Mit klassischen Stellenanzeigen eher nicht. Erfahren Sie alles über Prozesse, Kanäle und Trends im Recruiting und in der modernen Personalbeschaffung.
Recruiting – was ist das überhaupt?
Hannibal war einer, Julius Cäsar ebenso und Napoleon natürlich auch. Sie alle waren in gewissem Sinne Recruiter. Als Anführer von Streitmächten mussten sie die stärksten und mutigsten Männer ihrer Zeit rekrutieren. Nur so hatten sie eine Chance, auf ihren Feldzügen zu bestehen.
Obwohl der Begriff des Recruiting aus dem Militärjargon kommt, hat er heute seinen festen Platz in der Arbeitswelt. Nicht ohne Grund. Unternehmen wollen schließlich ähnliche Erfolge verbuchen wie einst Bonaparte und Co. – natürlich nicht auf dem freien Feld, sondern auf dem freien Markt.
Die Recruiter von heute sind ständig auf der Suche nach neuen Kräften, um den Personalbedarf ihrer Arbeit- und Auftraggeber zu decken. Denn nur selten melden sich Interessenten von sich aus via Initiativbewerbung. Auf Messen, an Hochschulen und im Internet gehen sie auf die Pirsch nach den besten Kandidaten. Mit anderen Worten: Recruiting ist Personalbeschaffung – und Recruiter wollen die besten Köpfe ausfindig machen, bewerten und anwerben. Mittlerweile halten mit dem Personalmarketing (auch: HR-Marketing) zunehmend Marketing-Methoden Einzug ins Recruiting.
Warum ist Recruiting so wichtig?
Genauso wenig, wie der Traumprinz oder die Traumfrau plötzlich vor der Tür steht, so unwahrscheinlich wird auch ein Wunschkandidat in einem Unternehmen vorstellig.
In beiden Fällen – für den Single wie den Personaler – gilt: Will man etwas erreichen, muss man schon selber in die Gänge kommen.
Weil das immer mehr Unternehmen erkennen, begeben sich Personaler aktiv auf die Suche nach High Potentials. Active Sourcing nennt man dieses Prinzip im Recruiting. Es ist das Gegenteil von Post & Pray. Jene Methode, bei der man einfach eine Stellenanzeige schaltet und hofft, der richtige Kandidat werde sich schon melden.
HR-Abteilungen warten also nicht einfach auf eingehende Bewerbungen, sie gehen auch gezielt auf Kandidatensuche.
Durch Talent Mining – das Schürfen nach Talenten – kommt es auf dem Arbeitsmarkt zu einem harten Wettbewerb. Im Recruiting ist vom War for Talents die Rede, dem Kampf um Talente. Um an die besten Köpfe heranzukommen, müssen HR-Profis daher die komplette Klaviatur der Personalbeschaffung beherrschen
Welche Recruiting-Kanäle gibt es?
Wie also finden HR-Referenten ihre Wunschkandidaten? Neben Stellenanzeigen in Print und den unzähligen Jobbörsen gibt es mehrere Sourcing-Methoden, um vielversprechende Könner zu bekommen. Wichtigster Part ist dabei das E-Recruiting, die Personalbeschaffung durch den Einsatz digitaler Medien.
Eigene Website
Auf der eigenen Webseite Jobs ausschreiben? Ist das nicht Mittelalter? Keineswegs! Betreibt eine Firma geschicktes Employer Branding, also Markenbildung als Arbeitgeber, kommen die besten Leute oft von ganz alleine. In Zeiten von “Google for Jobs” wird diese Form der Stellenausschreibung im Recruiting sogar noch an Bedeutung gewinnen.
Business-Netzwerke
Internetportale wie XING oder LinkedIn können eine wahre Fundgrube für Headhunter sein. Nicht alle dort eingetragenen User sind wechselwillig. Doch einige warten vermutlich nur auf einen Anruf, um z.B. via LinkedIn Recruiting den nächsten Schritt auf der Karriereleiter zu nehmen. Auf jeden Fall kommt man durch diese Active-Sourcing-Methode, das sogenannte Profile Mining, schnell mit interessanten Kandidaten ins Gespräch.
Messen und Events
Wenn HR-Profis nicht digital netzwerken, besuchen sie Job- und Karrieremessen. Dort tummelt sich meist die richtige Zielgruppe: viele Absolventen von Hochschulen und Young Professionals. Für Recruiter gelten im persönlichen Kontakt mit jungen Jobsuchern vor allem zwei Grundsätze: Freundlichkeit und Kompetenz.
Damit kommt man einerseits der Gen Y sowie der Gen Z entgegen, die großen Wert auf Harmonie legen. Andererseits repräsentieren Personaler auf Messen ihr Unternehmen. Ein sauertöpfischer oder inkompetenter Mitarbeiter könnte dort einen verheerenden Eindruck erwecken. Auf die Corporate Culture würde sich das kaum vorteilhaft auswirken.
Empfehlungen
Klar, über Vitamin B (B = Beziehungen) haben schon etliche Leute eine Stelle verschafft bekommen. Oft informell und ohne großen Aufwand. Inzwischen erkennen Unternehmen aber das Potenzial, das Empfehlungen entfalten können. In einigen Firmen sollen Mitarbeiter daher aktiv Leute als Kandidaten vorschlagen, die sie aus früheren Jobs kennen. Deswegen können diese schon vorab relativ gut bewertet werden – sowohl fachlich als auch persönlich.
Soziale Medien
Neben Business-Netzwerken kommt auch Plattformen wie Facebook und Instagram eine immer größere Bedeutung im Recruiting zu. Das geschieht oft nach dem Motto “Quick and Dirty”. Beispiel: Der Chef eines Start-ups setzt eine Stellenanzeige auf. Den Link schickt er an seine Kollegen. Die wiederum verbreiten die Anzeige auf ihren privaten Social Media Kanälen. Gute Leute melden sich in den meisten Fällen recht schnell.
Mobile Recruiting
Immer mehr Menschen nutzen das Internet über ihr Smartphone. Nicht nur das. Die mobilen Endgeräte haben die stationären inzwischen sogar überholt. Banking, Shopping, Musikhören oder Serien schauen – alles geschieht auf dem Handy.
In der Gen Z gilt sowieso die Devise “mobile first”. Junge Menschen managen auch ihre Bewerbungen über das Smartphone. Personaler müssen deshalb ihre Recruiting-Strategie erweitern. Zum Beispiel gilt es, Karriereseiten für den mobilen Gebrauch zu optimieren.
Das sind die Trends im Recruiting
“Die klassischen Jobbörsen sind tot”. Das sagt nicht irgendwer, sondern Sebastian Dettmers, seines Zeichens Geschäftsführer von Stepstone.de. Der Mann weiß also, wovon er redet. Jobbörsen müssen sich seiner Meinung nach schnell weiterentwickeln, wollen sie vorne mit dabei sein. Das gleiche gilt für Arbeitssuchende und Unternehmen. Hier ein Überblick der wichtigsten Recruiting Trends:
KI im Recruiting
Künstliche Intelligenz hält zunehmend Einzug in etliche Lebensbereiche halten. Auch beim Recruiting. Mit KI in HR können Personaler zum Beispiel antizipieren, wann Kandidaten eine berufliche Veränderung anstreben. Computer durchforsten Datenbanken, etwa von Karriereportalen, und werten dabei Lebensläufe, Hobbies, Umzüge, familiäre Verhältnisse und vieles mehr aus – ideal zum Pre-Employment Screening. Sogenannte Matching-Technologie erkennt dabei, welcher Bewerber zu welchem Unternehmen passt. Auf diese Weise kann der Head of HR systematisch an seine Zielgruppe herantreten. Mit Talent Mining wird so noch einfacher.
Speed Dating Interviews
Schon länger setzen viele Unternehmen darauf: Gespräche im Schnelldurchlauf. Beliebt bei HR-Referenten ist diese Form des Kennenlernens vor allem, wenn es darum geht, Azubis anzuheuern. Oft haben die jungen Bewerber und die Recruiter nur zehn Minuten Zeit, um einander kennenzulernen. Zeitmangel ist auch der Grund, warum Speed Dating Interviews beliebter werden. Denn weder Recruiter noch Arbeitssuchende wollen sich durch langwierige Bewerbungsprozesse quälen.
Google for Jobs
In den USA startete Google for Jobs im Sommer 2017. Deutschland war im Frühjahr 2019 dran. Für Arbeitssuchende funktioniert der neue Service denkbar einfach. Man gibt im Suchfenster etwa “Jobs in meiner Nähe” ein und bekommt sofort zahlreiche Treffer.
Daher müssen Recruiter umdenken – und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen macht Google for Jobs das Thema Stellenanzeigen transparenter. So fließen etwa in den USA bereits Ergebnisse von Bewertungsportalen und Gehaltsdatenbanken in eine Stellenausschreibung mit ein. Der Bewerber sieht also schon bei der Suche, wie hoch sein Gehalt ungefähr sein wird und was ehemalige Mitarbeiter über das Unternehmen sagen.
Zum anderen muss das Recruiting ein gänzlich neues Feld für sich erschließen: SEO. Hinter dem Kürzel steckt der englische Begriff “Search Engine Optimization”, also Suchmaschinenoptimierung. Das ist deshalb wichtig, weil Google nicht nur Jobbörsen, sondern auch die jeweiligen Karriereseiten der Unternehmen durchforstet.
Generell gilt: Je einfacher das Bewerbungsverfahren und je transparenter die Angaben, desto attraktiver wird ein Arbeitgeber für Top-Kandidaten.