Zeiterfassung im Homeoffice: Pflicht oder Option?
Durch die Corona-Pandemie mussten zahlreiche Arbeitgeber neue Wege gehen – und unter anderem die Zeiterfassung im Homeoffice ermöglichen. Erfahren Sie hier, wie Arbeitnehmer im Homeoffice ihre Arbeitszeiten dokumentieren können, welche gesetzlichen Vorschriften dazu existieren und worauf Arbeitgeber ganz genau achten sollten.
Was mit Zeiterfassung im Homeoffice gemeint ist
Die Zeiterfassung im Homeoffice war schon vor Corona ein Thema. Allerdings nur bei einigen wenigen Unternehmen. Nämlich bei jenen, die ihren Mitarbeitern sowohl Homeoffice-Arbeitstage gewährt als auch die Arbeitszeiten ihrer Belegschaft erfasst hatten. Im Winter und Frühjahr 2020 bekam die Zeiterfassung im Homeoffice allerdings schlagartig eine neue Relevanz. Denn nun waren alle Unternehmen, wo dies möglich war, angehalten ihre Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken.
Nicht wenige Firmen und Organisationen mussten sich da zum ersten Mal mit der korrekten Arbeitszeiterfassung im Homeoffice auseinandersetzen. Was nicht nur eine technologische Herausforderung darstellte (“Wie können wir die Arbeitszeiten unserer Mitarbeiter im Homeoffice eigentlich dokumentieren?”). Es kamen auch zusätzliche Fragen auf, wie dies rechtlich zu bewerten sei. Denn durch das EuGH-Urteil zur Zeiterfassung, das wenige Monate zuvor in Luxemburg gefällt worden war, bekam das Thema auch eine gesetzliche Dimension.
Grundsätzlich ist die Zeiterfassung im Homeoffice eine simple Idee: Mitarbeiter leisten ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit nicht am Firmenstandort, sondern in den eigenen vier Wänden. Und dort führen sie über ihre Arbeitszeiten auf irgendeine Weise Protokoll. Doch dabei tun sich gleich mehrere Fragen auf:
- Gilt nur der Wohnsitz eines Mitarbeiters als Homeoffice?
- Was ist der Unterschied zwischen Homeoffice und mobilem Arbeiten?
- Welche rechtlichen Vorschriften existieren für Homeoffice-Arbeit?
- Mit welcher Technologie lässt sich Zeiterfassung im Homeoffice realisieren?
Im Folgenden gehen wir auf all diese Fragen ein und liefern Antworten, die Ihnen als Arbeitgeber oder Personalverantwortlicher Orientierung geben.
Unterschied: Homeoffice & Mobiles Arbeiten
Oft werden die Ausdrücke “Homeoffice” und “Mobiles Arbeiten” (beziehungsweise “Mobilarbeit”) gleichbedeutend verwendet. Manche sprechen auch von “Telearbeit”. Als ob das nicht genug wäre, existiert im Englischen zudem der Begriff “Remote Work”, der auch zunehmend im deutschsprachigen Raum Einzug hält. Allerdings kommt letzterem Begriff keinerlei rechtliche Bedeutung zu.
Was aber ist nun der Unterschied zwischen den vor allem hierzulande gängigen Bezeichnungen “Homeoffice” und “Mobiles Arbeiten”? Ein Überblick:
- Homeoffice meint einen fest eingerichteten Arbeitsplatz außerhalb des Betriebes, an welchem ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung regelmäßig erbringt. Das Homeoffice befindet sich typischerweise in der Wohnung des Arbeitnehmers, kann aber auch im Haushalt des Lebenspartners eingerichtet sein. Entscheidendes Merkmal der Homeoffice-Arbeit: Der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz des Mitarbeiters prüfen, ob dieser den gleichen gesetzlichen Anforderungen genügt wie der betriebliche Arbeitsplatz. Homeoffice wird auch als Telearbeit bezeichnet und definiert sich in erster Linie über den Ort, an dem die Arbeit verrichtet wird.
- Mobiles Arbeiten (oder Mobilarbeit) hingegen bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, von wechselnden Orten aus zu arbeiten. Der Arbeitgeber stellt hier lediglich Arbeitsmittel wie mobile Endgeräte zur Verfügung. Konkret bedeutet das für Mitarbeiter: Diese sind nicht an ihre Wohnung bzw. das Homeoffice gebunden und können ihre Arbeitsleistung beispielsweise auch im Café, einem Zug oder in einem Hotel erbringen. Bei diesem Arbeitsmodell steht nicht der Arbeitsort im Zentrum; stattdessen liegt hier der Fokus auf den Arbeitsergebnissen. Dennoch muss auch bei diesem Modell der Arbeitnehmer seine ständige Erreichbarkeit gewährleisten.
Rechtliches zum Homeoffice
Ein rechtlicher Anspruch auf Homeoffice-Tage existiert in Deutschland nicht. Anders in den Niederlanden: Dort können Arbeitnehmer seit Juli 2015 selbst entscheiden, ob sie von Zuhause aus arbeiten möchten. Zwar müssen Beschäftigte in den Niederlanden nach wie vor einen Homeoffice-Antrag stellen, möchten sie in den eigenen vier Wänden arbeiten, doch der Arbeitgeber braucht einen guten Grund, wenn er den Wunsch nach Homeoffice-Zeit ablehnt. Dazu zählen verschiedene Dienst- oder Betriebsinteressen. Dennoch: In den Niederlanden können Büroangestellte in der Regel problemlos von Daheim arbeiten.
In Deutschland wurde erstmals während der Corona-Pandemie ernsthaft über Homeoffice-Rechte und -Pflichten diskutiert. Arbeitgeber waren Anfang 2021 vom Gesetzgeber (SARS-CoV2-Arbeitsschutzverordnung) dazu angehalten worden, ihren Arbeitnehmern die Arbeit im Homeoffice nach Möglichkeit anzubieten. Im Zuge der bundeseinheitlichen “Notbremse” und einer Anpassung im Infektionsschutzgesetz waren schließlich auch die Beschäftigten aufgefordert, Angebote ihrer Arbeitgeber zur Heimarbeit anzunehmen.
Ist Zeiterfassung im Homeoffice Pflicht?
Im Homeoffice gelten bei der Zeiterfassung dieselben Bestimmungen wie im Büro. Was die Arbeitszeiterfassung im Allgemeinen betrifft, so hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Mai 2019 ein wegweisendes Urteil gefällt. Laut EuGH-Urteil zur Zeiterfassung sind die nationalen Gesetzgeber in der EU dazu angehalten, ihre Arbeitszeitgesetze zu ändern. Und zwar dahingehend, dass Unternehmen verpflichtet werden sollen, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter vollständig zu dokumentieren. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte zudem 2022 in seinem BAG-Urteil zur Zeiterfassung fest, dass in Deutschland die Pflicht zur Zeiterfassung in Unternehmen auch ohne entsprechende gesetzliche Regelung gelte.
Wie die Arbeitszeiten konkret aufgezeichnet werden sollen – dazu hat der EuGH nur unscharfe Forderungen formuliert. Wenn Firmen eine Zeiterfassung einführen, dann soll das entsprechende System “objektiv, verlässlich und zugänglich” sein. Dies lässt für die tatsächliche Umsetzung in den Unternehmen den nötigen Spielraum, um eine Zeiterfassungslösung zu finden, die den eigenen Bedürfnissen entspricht. Denn ein Unternehmen mit Büroangestellten, die wahlweise auch im Homeoffice arbeiten, hat andere Anforderungen an eine Zeiterfassungslösung, als ein Unternehmen, dessen Belegschaft hauptsächlich in der Produktion tätig ist.
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Lösungen für die Zeiterfassung im Homeoffice
Eine der zentralen Fragen lautet: Welche Erfassungsmöglichkeiten hat der Arbeitgeber? Dabei muss man unterscheiden zwischen der erbrachten Arbeitsleistung des Mitarbeiters und der tatsächlichen Arbeitszeit.
Die tatsächliche Arbeitszeit lässt sich durch Software-Systeme kaum messen. Mitarbeiter verlassen im Homeoffice hin und wieder den Arbeitsplatz, gehen zum Kühlschrank, zur Kaffeemaschine oder nehmen eine Lieferung des Paketzustellers an. In all dieser Zeit “arbeitet” ein Mitarbeiter im strengen Sinne nicht. Das ist allerdings kein Homeoffice-spezifisches Phänomen. Im Gemeinschaftsbüro gönnen sich Mitarbeiter eine Zigarettenpause, wechseln ein paar Worte in der Betriebsküche oder am Wasserspender.
Die Zeiterfassung per Software liefert somit keine Live-Daten über erbrachte Arbeitsleistungen, sondern dokumentiert lediglich die Anwesenheit eines Mitarbeiters im Büro oder die Start- und Endzeit eines Homeoffice-Arbeitstages. Dafür gibt es unterschiedliche Lösungen.
Mitarbeiter können ihre Arbeitszeiten an einem Desktop-Gerät dokumentieren oder via Smartphone. In vielen Firmen befinden sich am Büroeingang Tablets – auch Kiosksystem oder Terminal genannt – wo sich Mitarbeiter beim Kommen und Gehen an- bzw. abmelden können. Im Homeoffice ist diese Form der Zeiterfassung natürlich nicht möglich, weshalb Unternehmen auf Lösungen setzen sollten, die den Mitarbeitern eine mobile Zeiterfassung per Device ermöglicht.
Für die digitale Zeiterfassung im Homeoffice bieten sich daher zwei unterschiedliche SaaS-Lösungen (Software-as-a-Service) an, von denen die All-in-one-Lösungen oft die attraktivsten Angebote sind.
- HR-Software
- Insellösung
HR-Software: In einer HR-Software können Unternehmen sehr viele oder gar sämtliche Prozesse der Personalverwaltung abbilden. Man erwirbt hier eine langfristige Lösung, mit welcher neben der An- und Abwesenheitsverwaltung – zu der die Zeiterfassung zählt – auch andere Bereiche digitalisiert werden können. Dazu zählen beispielsweise die Reisekostenabrechnung, die vorbereitende Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie die schnelle Genehmigung von Urlaubsanträgen.
Insellösung: Bei einer Insellösung bekommt der Käufer nur eine einzige Funktion, etwa die digitale Zeiterfassung. Diese Single-Lösungen kosten oft nur minimal weniger als vollumfängliche HR-Tools. Ein weiterer Negativpunkt: Für jede Insellösung in einem Unternehmen müssen Stammdaten erneut in das jeweilige System eingepflegt werden. In einer Personal-Software ist das Einspielen der Stammdaten dagegen ein einmaliger Akt.
Wie die Zeiterfassung im Homeoffice gelingt
Für die Zeiterfassung im Homeoffice stehen Arbeitgebern mehrere Aufzeichnungsoptionen zur Verfügung, die durch verschiedene Lösungen (Personalverwaltung-Software oder Insellösung) realisiert werden können. Die Zeiterfassung im Homeoffice wird eine wichtige Rolle in der deutschen Arbeitswelt spielen, allerdings muss der Gesetzgeber erst noch klare Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber verabschieden.
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Disclaimer
Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.