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Grobes Foul? Oder ist es erlaubt, Fußballspiele am Arbeitsplatz zu schauen?

Fußball schauen am Arbeitsplatz zu schauen ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich

03. Juni 2024 · 8 Min. Lesezeit · HRworks Redaktion

Bei jeder WM und EM stellt sich in vielen Unternehmen die Frage: Darf man bei der Arbeit Fußball schauen? Generell können Arbeitgeber das Spieleschauen am Arbeitsplatz untersagen. Das kann allerdings zu Unmut führen – und der ein oder andere Kollege könnte sich entschließen, die Vorgaben zu ignorieren und heimlich doch ein Spiel zu schauen. Auch wenn viele Mitarbeitende gleichzeitig Urlaubstage oder Gleitzeit nutzen, um sich Zeit für ein Fußballspiel zu nehmen, kann es zu Konflikten kommen. Wie gehen HR-Verantwortliche damit um? Und: Was können sie tun, um schlechter Stimmung bei fußballbegeisterten Kolleginnen und Kollegen vorzubeugen?

Viele Spiele während der Arbeitszeit

Bei jedem Fußballgroßereignis finden einige Spiele für die Mehrheit der Arbeitnehmer mitten am Arbeitstag statt. Und auch nach 18 Uhr haben viele Menschen noch keinen Feierabend: Hierzulande arbeiten 15,5 Prozent der Erwerbstätigen in dieser Zeit. Für Personen, die Schichtdienste stemmen, spielt zudem der Arbeitsbeginn am nächsten Tag eine Rolle: Wer lange Fußball schaut und gemeinsam feiert, möchte sicherlich ungern einen Sechs-Uhr-Schichtbeginn im Nacken haben. Beschäftigte mit Vertrauensarbeitszeit und Gleitzeit sind hier im Vorteil, sie können ihre Arbeitsstunden individueller planen.

Das Recht steht auf Seite der Arbeitgeber

Sehr viele Menschen stehen diesen vor der Frage: Dürfen wir die Spiele, die in die Arbeitszeit fallen, verfolgen – zu Hause am Fernseher oder im Büro, zum Beispiel im Stream auf dem Smartphone oder gar auf dem Arbeitsrechner?

Unternehmen und ihre HR-Manager sollten mit den Mitarbeitenden klare Absprachen treffen. Denn bleibt die Frage ungeklärt, wer wann Fußball schauen darf, dann kann das im schlimmsten Fall vor dem Arbeitsgericht enden. Dabei ist eines ganz klar: Aus arbeitsrechtlicher Sicht sitzen Arbeitgeber am längeren Hebel, wenn es darum geht, Regeln für oder gegen das Fußballschauen am Arbeitsplatz festzulegen.

Ein Beispiel: Dreißig Sekunden Fußball-Live-Stream auf dem dienstlichen Computer haben vor einigen Jahren ausgereicht, um eine Abmahnung zu kassieren. Zu Recht, urteilte das Kölner Arbeitsgericht 2017: Der fußballbegeisterte Mitarbeiter eines Automobilzulieferers habe für diese Zeitspanne seine Arbeitsleistung nicht erbracht, eine Abmahnung war also gerechtfertigt, so die Begründung des Urteils.

Das ist der Rechtsrahmen im Überblick:

  • Fußball schauen am Fernseher oder via Live-Stream ist nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber sein Einverständnis gibt. Das gilt im Büro, in der Werkshalle, und auch für das Homeoffice. Wenn jemand ohne Erlaubnis dabei erwischt wird, können Arbeitgeber die Person abmahnen und bei mehrmaligem Verstoß sogar kündigen.
  • Auch das Verfolgen von Live-Tickern darf der Arbeitgeber untersagen. Das ist vom Weisungsrecht abgedeckt. Deshalb sollte die private Internetnutzung während der Arbeitszeit ohnehin betriebsweit geregelt sein.
  • Ein Recht auf Fußball-Sonderurlaub gibt es nicht: Angestellte können zwar an Spieltagen Urlaub beantragen. Vorgesetzte können diesen aber ablehnen, zum Beispiel aufgrund sogenannter betrieblicher Belange. Eine Ablehnung ist zum Beispiel dann gerechtfertigt, wenn zu viele Personen auf einmal frei nehmen wollen oder wenn der Krankenstand hoch ist.
  • Radio zu hören ist mitunter erlaubt. Das Spiel live zu hören, ist unter Umständen auch während der Arbeitszeit möglich. Das hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt. Die Begründung: Das Zuhören beeinträchtigt nicht automatisch die Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber darf es aber auch untersagen, wenn er das anders sieht. Wichtig in jedem Fall: Das Radio und etwaiger Torjubel dürfen nicht die Kolleginnen und Kollegen stören, die nicht am Spiel interessiert sind. Das gilt auch für gemeinsames „Public Viewing“ am Arbeitsplatz. Und falls Kundenkontakt besteht, müssen sich Angestellte mit ihren Führungskräften abstimmen, ob sie das Radiohören als störend für Kundinnen und Kunden ansehen. Grundsätzlich ist das Thema Radiohören am Arbeitsplatz mitbestimmungspflichtig durch den Betriebsrat.
  • Im Trikot arbeiten? Auch das darf der Arbeitgeber verbieten. Für viele Fans gehört es dazu, das Mannschaftstrikot an einem Spieltag zu tragen. Ein Recht darauf haben sie jedoch nicht. Auch hier muss der Arbeitgeber einwilligen.

Fußball schauen ja oder nein? Eine Frage der Unternehmenskultur

Nun stellt sich aus Sicht von Human Resources die Frage, ob es sinnvoll ist, das Arbeitsrecht jederzeit streng anzuwenden. Arbeitgeber und HR-Verantwortliche sollten sich fragen, welche Kompromisse mit Blick auf Mitarbeitermotivation, Unternehmenskultur und auch Employer Branding sinnvoll sein könnten.

Denn klar ist: Ein strenges Fußballverbot kann für Unmut bei all jenen in der Belegschaft sorgen, die den Spielen entgegenfiebern. Und das werden nicht wenige sein: Jede zweite erwachsene Person in Deutschland plante zum Beispiel, sich die EM-Spiele 2024 anzuschauen. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter rund 2.000 Befragten des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Dabei interessierten sich Männer eher für die Matches als Frauen: 60 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen wollten die Turniere live verfolgen. Und einige davon am liebsten im Stadion.

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Die Rolle von HR beim Fußballschauen: Kompromisse finden und klare Regeln festlegen

Arbeitsrechtsexperten raten Unternehmen und den Verantwortlichen aus dem Bereich Human Resources daher, sinnvolle, eigene Regeln aufzustellen. Das schafft Rechtssicherheit und ist eine Chance für eine feierfreudige Unternehmensstimmung, die sich positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit und die Mitarbeiterbindung auswirkt.

In der Vergangenheit haben sich viele Arbeitgeber daher kreative Lösungen einfallen lassen, um ihren Mitarbeitenden das Fußballfest zu ermöglichen. Dennoch sind diejenigen Unternehmen in der Mehrheit, die ihre Prioritäten anders setzen: Fast zwei Drittel der Unternehmen konnten keine Rücksicht nehmen, ergab eine Ifo-Institut-Umfrage unter rund 1.000 Personalleitungen anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2010. Die Gründe waren feste Arbeitszeitregelungen, Schichtbetrieb, regelmäßiger Kundenkontakt oder bestimmte Produktionsziele.

Für eine gelungene Fußballerfahrung: Tipps für Führungskräfte und HR

Mit diesen pragmatischen Lösungen können Unternehmen ihren Beschäftigten entgegenkommen:

  • Transparente Abwesenheitsregeln: Führungskräfte und HR-Manager sollten ihre Teams dazu ermutigen, geplante Abwesenheiten und Schichtwechsel frühzeitig mit allen Beteiligten abzusprechen. So könnten die Arbeitseinsätze nach Neigung geplant werden. Im Schichtdienst etwa könnten Fußballfans die Frühschicht mit jenen tauschen, die das Spiel nicht schauen wollen.
  • Mitarbeitende einbinden: Wenn ein Team oder eine Abteilung zu einem Großteil das Fußballspiel schauen möchte, lohnt es sich, einen Sprecher zu ernennen, der die Wünsche einsammelt und einheitliche Regeln zum Fußballschauen dann für alle mit der Führungskraft aushandelt.
  • Flexible Arbeitszeiten: Unternehmen können die Fußballfans unter Ihren Mitarbeitern mit flexiblen Arbeitszeiten unterstützen: Zum Beispiel durch die Möglichkeit, bei den 18-Uhr-Spielen früher anzufangen und früher Schluss zu machen – beziehungsweise nach den Abendpartien später zu starten und dafür länger zu bleiben. Arbeitgeber können auch zulassen, dass Pausenzeiten verlängert werden und die Zeit später nachgearbeitet wird.
  • Internationalität beachten: Gerade wenn verschiedene Nationen im Team zusammenarbeiten, sind auch unterschiedliche Spiele für die Teammitglieder wichtig. Führungskräfte und HR-Manager können das im Vorfeld teamintern besprechen und Vertretungsregelungen so vereinbaren, dass jeder einmal bei einem Spiel „seiner“ Mannschaft zum Zug kommt.
  • Gleiches Recht für alle: Nicht vergessen sollte man die Menschen, die gar kein Fußball schauen wollen. Wenn sie für die Fußballfans im Team einspringen, dann sollten sie dafür als Ausgleich auch Vorteile bekommen: etwa die Möglichkeit, Urlaub an einem beliebten Brückentag zu nehmen.

Gemeinsam feiern stärkt das Gemeinschaftsgefühl

Es bietet sich auch an, den Schwung des Fußballfestes zu nutzen, um Teams enger zusammenzubringen. Gemeinsame Public-Viewing-Events stärken den Zusammenhalt, helfen beim Ankommen in der Onboarding-Phase, bringen Teams einander näher. Das ist besonders nach den Pandemiejahren und in Zeiten virtuellen Arbeitens und physischer Distanz wichtig.

So organisieren Sie ein Fußball-Firmen-Event:

  • Vorab intern kommunizieren, dass es keine Pflichtveranstaltung ist. Das ist wichtig für all jene, die sich nicht für Sport interessieren. Und auch für Personen, die etwa bei Abendspielen nicht ihre Freizeit mit Kollegen verbringen möchten.
  • Das Event ist keine Arbeitszeit. Auch das sollte im Vorfeld klar vermittelt werden. Eine Ausnahme sind Firmenveranstaltungen mit externen Gästen, die zu Marketing-Zwecken erfolgen.
  • Alkohol nur in Maßen. Es gibt zwar für viele Betriebe kein gesetzliches Alkoholverbot, dennoch steht in vielen Betriebsvereinbarungen: kein Alkoholkonsum auf dem Betriebsgelände. Arbeitgeber machen bei Festivitäten gern Ausnahmen. Für die rund zwei Stunden eines Turniers gilt dann vor allem: Getrunken wird nur in Maßen – und falls nach dem Spiel weitergearbeitet wird, dürfen Arbeitsleistung und Arbeitssicherheit dadurch nicht leiden.
  • Eine Lizenz braucht die Firmenfeier nicht. Fußball schauen im Team ist keine öffentliche Veranstaltung.

Fußballwetten im Büro: Ist das erlaubt?

In vielen Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die Bürowetten auf den Ausgang von Fußball-Turnieren organisieren. Das gemeinsame spielerische Wetten sorgt für lockeren Teamspirit und kann Menschen aus verschiedenen Abteilungen zusammenbringen. Aber ist ein solches Glücksspiel im Arbeitskontext eigentlich erlaubt?

Das Arbeitsrecht sagt dazu: Grundsätzlich sind Tippspiele am Arbeitsplatz erlaubt. Allerdings dürfen die Organisatoren für das Verwalten des Geldes keine Gewinnbeteiligung erhalten. Vom Unternehmen organisierte, firmeninterne Tipprunden – vielleicht sogar im Corporate Design – können die Identifikation der Belegschaft mit dem Unternehmen erhöhen. Und sie machen vielen Mitarbeitern einfach Spaß.

Wenn die Beschäftigten hingegen untereinander selbst ein Tippspiel organisieren, dann darf dies aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht während der Arbeitszeit stattfinden – es ist eine Freizeitbeschäftigung. Auch hier könnten Führungskräfte Zeitfenster ermöglichen, in denen das Tippen ausdrücklich erlaubt ist: etwa in den Pausen.

HR und Führungskräfte als Teamplayer statt als Spielverderber

Dabei sein ist alles: Um zu zeigen, dass Teamwetten und Public Viewings tatsächlich ihren Segen haben, sollten sich Führungskräfte und HR-Verantwortliche am besten auch selbst aktiv beteiligen. Denn dann ist ganz klar: Die Feierstimmung und das gemeinsame Mitfiebern werden nicht nur geduldet, sondern wirklich als Teil der Unternehmenskultur gesehen.

Wer so gar kein Fan ist und gar keine Lust hat, selbst mitzufeiern, kann auch auf anderem Wege Unterstützung signalisieren: Zum Beispiel, indem das Unternehmen oder die Abteilung einen kreativen Gewinn beim Tippspiel auslobt – etwa einen Erlebnisgutschein oder eine Woche Gratismittag in der Kantine.

Disclaimer

Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.

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