Definition und rechtliche Grundlagen

Betriebliche Übung

So gehen Unternehmen richtig mit betrieblichen Übungen um

Eine betriebliche Übung entsteht, wenn Arbeitgeber freiwillige Leistungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder zusätzliche Urlaubstage über mehrere Jahre hinweg regelmäßig gewähren, ohne diese Leistungen vertraglich zu regeln. Durch diese Wiederholung entwickeln Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch darauf.

Somit ist die betriebliche Übung ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsrechts, der sowohl Vorteile als auch Risiken für Arbeitgeber birgt. Während sie Arbeitnehmern zusätzliche Sicherheit bietet, sollten Arbeitgeber vorsichtig mit regelmäßigen Leistungen umgehen, um unbeabsichtigte Verpflichtungen zu vermeiden. Klare vertragliche Regelungen und der Einsatz von Freiwilligkeitsvorbehalten schaffen hier Klarheit und schützen vor rechtlichen Auseinandersetzungen.

Eine betriebliche Übung entsteht, wenn Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch auf Leistungen erhalten, die Arbeitgeber freiwillig gewährt haben.

Was ist eine betriebliche Übung? Definition

Die betriebliche Übung entsteht durch die regelmäßige, vorbehaltlose Wiederholung von freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers, ohne dass diese vertraglich festgelegt sind. Dadurch entsteht beim Arbeitnehmer der Eindruck, dass sie einen dauerhaften Rechtsanspruch auf eine Leistung oder eine Vergünstigung haben. Für den Arbeitgeber wird dies jedoch erst rechtlich bindend, wenn die Zuwendungen über einen Zeitraum von 3 Jahren unverändert gewährt werden.

Welche Leistungen fallen unter betriebliche Übungen?

Die betriebliche Übung umfasst unterschiedliche Leistungen und Vergünstigungen, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern gewähren. Dazu gehören unter anderem:

  • Finanzielle Leistungen: Gratifikationen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, Jubiläumszuwendungen sowie Bonuszahlungen und das 13. Monatsgehalt.
  • Vergünstigungen: Fahrtkostenzuschüsse, Subventionierung von Gesundheitsmaßnahmen, Zuschüsse für Essensgeld, ÖPNV-Tickets oder Fortbildungen sowie die Bereitstellung von kostenlosen Parkplätzen.
  • Betriebliche Altersvorsorge und Versicherungen: Einzahlungen, die nicht explizit an vertragliche Ansprüche geknüpft sind.
  • Freizeitregelungen: Zusätzliche Urlaubstage, flexible Arbeitszeiten und Freistellungen bzw. verkürzte Arbeitszeiten vor Feiertagen.
  • Sachleistungen: Diensthandys und Laptops zur privaten Nutzung.
  • Sonstige Leistungen: Organisation von Betriebsevents und Sportgruppen, Gestattung privater Internet- und E-Mail-Nutzung, Anwendung von Tarifverträgen.

Ab wann liegt eine betriebliche Übung vor?

Das Entstehen einer betrieblichen Übung basiert auf der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, die die Mitarbeiter als verbindlich interpretieren können.

Die 3 typischen Voraussetzungen für betriebliche Übungen sind:

  1. Regelmäßige Wiederholung: Die Leistung muss über mindestens 3 Jahre hinweg gleichbleibend gewährt werden.
  2. Eindeutige Erwartung: Das Verhalten des Arbeitgebers muss bei den Arbeitnehmern die berechtigte Erwartung wecken, dass die Leistung auch in Zukunft erbracht wird.
  3. Fehlender Vorbehalt: Der Arbeitgeber darf weder Freiwilligkeit noch Einschränkungen der Leistung ausdrücklich kommuniziert haben.

Auch neu eingestellte Mitarbeiter profitieren von einer betrieblichen Übung ‒ es sei denn, sie werden durch eine sachlich gerechtfertigte Klausel ausgeschlossen.

In welchem Fall gilt eine betriebliche Übung nicht?

Nicht jede wiederholte Leistung führt zu einer betrieblichen Übung.

In den folgenden Fällen entfällt eine betriebliche Übung:

  • Freiwilligkeitsvorbehalte werden schriftlich kommuniziert.
  • Eine doppelte Schriftformklausel ist im Arbeitsvertrag verankert, die mündliche Zusagen ausschließt.
  • Eine einmalige oder sporadische Sonderleistung ohne Wiederholung liegt vor, z.B. als außerordentliche Bonuszahlung.

Solche Vorbehalte können im Arbeitsvertrag festgehalten werden. Eine mögliche Klausel wäre beispielsweise: „Diese Leistung erfolgt freiwillig und ohne Rechtsanspruch für die Zukunft.“.

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Was steht zur betrieblichen Übung im Arbeitsrecht?

Die betriebliche Übung ist als Gewohnheitsrecht im Arbeitsrecht festgehalten und ist durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt. Nicht vertraglich oder tariflich geregelte Leistungen oder Vergütungen können durch das Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtlich bindend werden. Dies geschieht, wenn Arbeitnehmer ein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortsetzung der einzelnen Leistung entwickeln. Das Verhalten des Arbeitgebers wird hierbei als widerspruchsfreies Vertragsangebot (§ 151 BGB) angesehen.

Wesentliche gesetzliche Grundlagen der betrieblichen Übung:

  • § 151 BGB – Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten:
    • Ein Vertrag kann ohne ausdrückliche Erklärung zustandekommen.
    • Das Verhalten des Arbeitgebers, wie wiederholte Leistungen, gilt als Angebot, das Arbeitnehmer durch Annahme stillschweigend bestätigen.
  • § 242 BGB – Prinzip von Treu und Glauben:
    • Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich nach den Grundsätzen von Fairness und Verkehrssitte verhalten.
    • Die wiederholte Gewährung freiwilliger Leistungen erzeugt bei Arbeitnehmern ein schutzwürdiges Vertrauen, das rechtlich bindend ist.

Eine betriebliche Übung betrifft oft ganze Belegschaften oder klar abgrenzbare Organisationseinheiten. Entscheidend ist, dass die Leistungen vorbehaltlos und nachvollziehbar gewährt werden. Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, Ansprüche aus der betrieblichen Übung vor Gericht geltend zu machen, wenn keine widersprüchlichen Regelungen vorliegen. Arbeitgeber sollten daher klare Bedingungen formulieren, um ungewollte Verpflichtungen zu vermeiden.

Wie kann man betriebliche Übungen verhindern?

Arbeitgeber haben durch gezielte Maßnahmen die Möglichkeit, rechtliche Verpflichtungen aus betrieblichen Maßnahmen zu verhindern. Dabei sind die folgenden Strategien besonders wirksam:

Freiwilligkeitsvorbehalt

Arbeitgeber sollten klarstellen, dass Leistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld „ohne Anerkennung einer Rechtsverpflichtung“ oder „ohne Rechtsanspruch für die Zukunft“ erfolgen. Diese Erklärung kann schriftlich im Arbeitsvertrag oder individuell gegenüber den Mitarbeitern erfolgen. Wichtig ist, dass der Vorbehalt präzise formuliert ist und sich auf eine konkrete Leistung bezieht.

Unregelmäßige Leistungen

Gewährt der Arbeitgeber Leistungen unregelmäßig oder in wechselnden Höhen, fehlt die erforderliche Regelmäßigkeit, damit eine betriebliche Übung entsteht. Setzt ein Arbeitgeber beispielsweise das Weihnachtsgeld jedes dritte Jahr aus, entsteht keine rechtliche Bindung.

Ausschluss neuer Mitarbeiter

Durch eine klare Klausel im Arbeitsvertrag können neue Mitarbeiter von bestehenden betrieblichen Übungen ausgenommen werden, sofern dies sachlich gerechtfertigt ist – z.B. bei befristeten Projekten und bei Remote Work.

Doppelte Schriftformklausel

Obwohl durch die aktuelle Rechtsprechung weniger wirksam, können doppelte Schriftformklauseln mitunter verhindern, dass eine betriebliche Übung entsteht. Änderungen des Vertrags müssen hierbei schriftlich erfolgen, einschließlich der Aufhebung der Klausel selbst.

Widerrufsvorbehalte

Arbeitgeber können sich vorbehalten, bestimmte Leistungen jederzeit zu ändern oder einzustellen. Der Widerruf muss sachlich, gerechtfertigt und transparent kommuniziert werden.

Wie können Arbeitgeber eine betriebliche Übung rückgängig machen?

Eine rechtlich bindende betriebliche Übung zu beenden, stellt Arbeitgeber häufig vor erhebliche Herausforderungen. Die durch die betriebliche Übung begründeten Ansprüche der Arbeitnehmer gelten als Teil des Arbeitsvertrags und können daher nur unter bestimmten Bedingungen geändert oder aufgehoben werden.

3 Möglichkeiten, um eine betriebliche Übung zu beenden

  1. Einvernehmliche Änderung:
    • Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich durch Verhandlungen auf eine Vertragsänderung.
    • Die Vereinbarung muss schriftlich erfolgen und die Zustimmung des Mitarbeiters ist zwingend erforderlich.
  2. Änderungskündigung:
    • Der Arbeitgeber kann die bestehenden Arbeitsverträge kündigen und neue Verträge mit geänderten Bedingungen anbieten.
    • Um rechtliche Verpflichtungen zu ändern, kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, die sozial gerechtfertigt sein und schriftlich erfolgen muss.
    • Mögliche Gründe: wirtschaftliche Notwendigkeit, Umstrukturierungen oder organisatorische Änderungen.
  3. Widerruf:
    • Ein Widerruf ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber sich dieses Recht vorher ausdrücklich vorbehalten hat.
    • Der Widerrufsvorbehalt muss rechtlich zulässig, klar formuliert und transparent kommuniziert sein.

Unwirksame Methoden:

  • Gegenläufige betriebliche Übung: Nach aktueller Rechtsprechung ist eine widerspruchslose Akzeptanz durch die Arbeitnehmer nicht mehr ausreichend, um eine bestehende betriebliche Übung zu beenden.
  • Betriebsvereinbarungen: Eine Betriebsvereinbarung kann eine betriebliche Übung nicht aufheben, da sie nicht in die Einzelarbeitsverträge eingreifen darf (Günstigkeitsprinzip).

Um eine betriebliche Übung zu beenden, ist klare Kommunikation, rechtliche Absicherung und häufig die Zustimmung der Arbeitnehmer erforderlich. Einseitige Änderungen sind nur in Ausnahmefällen möglich und müssen sorgfältig geprüft werden, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.


Disclaimer

Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.

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