Die volle Wucht des Fachkräftemangels: Personalerhalt als HR-Priorität
Gut ausgebildete Fachkräfte zu finden wird immer schwieriger. Somit steigt der Wert von Mitarbeitern enorm, die sowohl fachlich als auch charakterlich zum Unternehmen passen. Firmen sollten solche Angestellten daher unbedingt halten. Und dennoch: Jeder sechste Arbeitnehmer hat bereits innerlich gekündigt. Nur 16 % aller Beschäftigten fühlen sich in Deutschland mit ihrem Arbeitgeber verbunden. Diesen Trend müssen Unternehmen stoppen, um ihren Erfolg nicht zu gefährden.
Warum ist Personalerhalt so wichtig?
Mit der Fachkräftesicherung beschäftigt sich auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Da gut ausgebildete Fachkräfte die Basis einer florierenden Wirtschaft sind, sichern sie den Wohlstand und die Lebensqualität eines Landes. Doch schon heute sehen mehr als 50 % der Unternehmen im zunehmenden Fachkräftemangel die größte Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung. Und das aus folgenden Gründen:
Kompetenzen verschwinden und Innovationsfähigkeit leidet
Nur wer ausreichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, kann sich weiterentwickeln und wachsen. Denn betriebsspezifische Innovationen entstehen aus Fachkenntnis. Besonders langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter generieren hier einen hohen Mehrwert.
Kundenbeziehungen werden beeinträchtigt
Oft besteht zwischen einzelnen Angestellten und den Kunden, die sie betreuen, ein enges Vertrauensverhältnis. Sowohl für das Unternehmen als auch die Kunden ist daher ein Abgang dieses Mitarbeiters immer mit unangenehmen Umständen verbunden. Schließlich fußen Geschäftsbeziehungen auf Zuverlässigkeit und Vertrauen.
Kosten entstehen
Die Folgen einer Kündigung sind sehr teuer. Experten gehen davon aus, dass ganze 90 % bis 200 % des Jahresgehalts eines ausgeschiedenen Mitarbeiters aufgewendet werden müssen, um ihn zu ersetzen.
Paradebeispiel: Öffentlicher Dienst
Ein gutes Beispiel für den wachsenden Fachkräftemangel stellt der öffentliche Dienst dar. Da die Babyboomer nach und nach in Rente gehen, entsteht eine gewaltige Lücke: Fachwissen und Arbeitskräfte gehen verloren. Und zwar so massiv, dass komplette Fachbereiche auszubluten drohen. Ganze 27 % der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gehen laut DGB-Personalreport innerhalb der nächsten zehn Jahre in Rente. Außerdem macht der Bericht deutlich, dass bereits jetzt die Arbeitsbelastung durch den Ausfall von Kolleginnen und Kollegen nicht mehr aufgefangen werden kann. Was zusätzlich dazu führt, dass Mitarbeiter kündigen, um in die freie Wirtschaft zu wechseln.
Was kann HR tun, um Personal zu halten?
Da sich die Anforderungen gut ausgebildeter Fachkräfte an ihren Arbeitsplatz ändern, müssen Unternehmen darauf reagieren. Besonders die zunehmend in Schlüsselpositionen strebenden Digital Natives haben andere Ansprüche an den Job als beispielsweise die Babyboomer. Doch das bringt nicht nur Herausforderungen für Personaler, sondern auch große Chancen für jedes Unternehmen. Mit diesen Maßnahmen gelingt es HR Fachkräfte zu halten:
- Ausgewogene Work-Life-Balance schaffen: Nicht nur die Millennials beharren auf Flexibilität am Arbeitsplatz. Längst möchten auch ältere Angestellte das Homeoffice nutzen und ihre Arbeitszeiten selbst festlegen. Auch die Möglichkeit, in einer Workation die Arbeit mit einem Urlaub zu verknüpfen, bieten immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern an. Die nötige Umstrukturierung braucht zwar Zeit, wird aber durch zufriedene Mitarbeiter belohnt.
- Führungsstil anpassen: Ein moderner Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, die optimalen Rahmenbedingungen für die Belegschaft zu schaffen ‒ nicht, sie zu kontrollieren. Selbst Geschäftsführer glauben laut Business Solver, dass mehr Empathie gegenüber Angestellten das Outcome erhöht.
- Ehrlichkeit leben: Sowohl in der ursprünglichen Stellenausschreibung als auch im Vorstellungsgespräch ist es wichtig, die betreffende Position wahrheitsgetreu zu beschreiben. Wer einen Job antritt, der den eigenen Wünschen und Zielen nicht entspricht, wechselt ihn auch wieder.
- Wertschätzung gewährleisten: Laut Wertschätzungs-Index Deutschland ist Wertschätzung eine notwendige Grundlage für Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Damit Angestellte vom Jobwechsel oder der Selbstständigkeit absehen, sollte es an der Tagesordnung sein, Mitarbeitern Anerkennung für ihre Arbeit zu zeigen.
- Individuelle Stärken und Schwächen berücksichtigen: Unter- oder Überforderung sorgen für unzufriedene Angestellte. Indem Vorgesetzte die Aufgaben ihrer Mitarbeiter an diese anpassen, verbessern sie die Mitarbeiterbindung und erhöhen sowohl deren Produktivität als auch Motivation.
- Interessante Aufgaben schaffen: Nichts ist langweiliger, als immer wieder dieselben Aufgaben nach Schema F abarbeiten zu müssen. Da sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz zunehmend aussuchen können, wählen sie oft den, der abwechslungsreiche Tätigkeiten bietet.
- Regelmäßig Gespräche mit Angestellten führen: Austausch bezüglich der aktuellen Situation zu Weiterentwicklungswünschen und zur Mitarbeiterzufriedenheit sollte sich nicht auf das Jahresgespräch beschränken. Nur Angestellte, deren Bedürfnisse rechtzeitig berücksichtigt werden, entscheiden sich auch dafür, langfristig in einem Unternehmen zu arbeiten. Das ist die Grundlage für erfolgreiche Personalentwicklung.
- Ehemalige Mitarbeiter einstellen: Immer wieder kehren ehemalige Angestellte in ihre Betriebe zurück. Dabei spielt es eine große Rolle, mit diesen Mitarbeitern auch nach ihrem Ausscheiden in Kontakt zu bleiben. Die Vorteile ehemaliger Arbeitskollegen: umfangreiches Fachwissen, eine deutlich verkürzte Einarbeitungszeit und ein stimmiges Mindset.
- Auf Personalumbau setzen, statt Mitarbeiter zu kündigen: Wenn sich Firmen umstrukturieren – zum Beispiel, weil sich ihr Marktumfeld verändert hat – führt dies oft zu Kündigungen. Dabei sind gute Mitarbeiter Mangelware. Redeployment ist daher das Mittel der Wahl, um hochqualifizierte Mitarbeiter im Unternehmen zu halten und mit ihnen neue Unternehmensbereiche aufzubauen.
Digitale HR-Lösungen optimieren die Mitarbeiterzufriedenheit
Es gibt verschiedene digitale Möglichkeiten, um Angestellten ihre Arbeit zu erleichtern. Dazu gehören unter anderem Tools für interne Abstimmungsprozesse wie das Beantragen von Urlaub oder das Einreichen einer Krankmeldung. Wird dies digital geregelt, vereinfacht sich der Prozess für alle Beteiligten. Das spart Zeit, minimiert Stress und sorgt für Transparenz.
Wer sich wohlfühlt, bleibt
Um die Fluktuationsrate im Unternehmen so gering wie möglich zu halten, sind verschiedene Faktoren ausschlaggebend. So ist die Employee Experience längst zum Qualitätssiegel für innovative Betriebe geworden: Denn nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Erfahrungen am Arbeitsplatz hauptsächlich positiv behaftet sind, entscheiden sich langfristig zu bleiben. Dazu zählen neben einem guten Arbeitsklima, Loyalität unter den Angestellten und einer wertschätzenden Führung auf Augenhöhe auch eine offene Kommunikation sowie eine ausgeglichene Work-Life-Balance.
Der Gallups Engagement Index stellt für 2021 heraus, dass die Zahl der Beschäftigten auf der Suche nach einer neuen Anstellung einen Spitzenwert erreicht. Ein deutliches Alarmsignal für Unternehmen, sich der modernen Arbeitsplatzgestaltung nicht länger zu verschließen. Nach wie vor werden Signale wie ein angefordertes Zwischenzeugnis nicht genutzt, um ein offenes Gespräch mit dem betreffenden Angestellten zu suchen. Ebenso wenig werden individuelle Wünsche von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berücksichtigt. Dass nicht jeder ersetzbar ist, scheint noch nicht flächendeckend in den Führungsetagen angekommen zu sein. Ein Umdenken ist hier längst überfällig: Denn nur mit der Ausrichtung hin zum mitarbeiterzentrierten Unternehmen ist es HR möglich, dem Personalmangel erfolgreich entgegenzuwirken.
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