Informelle Führung – unsichtbar, doch unersetzlich

“Mit großer Macht kommt große Verantwortung” – dieses bekannte Zitat aus dem Blockbuster Spider-Man fasst einen wichtigen Anspruch aus der modernen Unternehmensführung zusammen. In der Praxis haben sich unterschiedliche Führungsstile in Unternehmen herausgebildet.Immer mehr Relevanz gewinnt in diesem Zusammenhang die sogenannte informelle Führung. Doch was zeichnet diese Führungsart in Unternehmen aus? Und welche Chancen und Herausforderungen gehen mit ihr einher?
Führung ohne formelle Autorität: Informelle Führung gewinnt an Relevanz
Per Definition sind informelle Führungskräfte Mitarbeiter ohne formelle Führungsposition. Dennoch haben sie innerhalb einer Organisation und Mitarbeiterführung viel Macht ‒ und tragen entsprechend Verantwortung. Wegen ihrer Persönlichkeit, Kompetenz und Erfahrung werden sie von ihren Kollegen besonders geachtet und üben so Einfluss aus. Welche Art von Führung in einem Unternehmen vorherrscht, hängt in hohem Maße von der Unternehmenskultur und den Werten des Unternehmens ab.
Welche Rolle übernimmt ein informeller Führer im Unternehmen?
Insbesondere in modernen Unternehmen, die sich für Veränderung und New Work-Konzepte öffnen, gewinnt informelle Führung verstärkt an Bedeutung. Ein informeller Führer hat in der informellen Hierarchie eines Unternehmens großen Einfluss auf das Team und die gesamte Organisationsdynamik. Ihre informelle Macht in der Personalführung nutzen inoffizielle Führungskräfte, um andere zu motivieren und durch Netzwerkbildung die Zusammenarbeit im Team zu fördern. Durch ihr Verhalten und ihre Inspirationsfähigkeit motivieren sie andere Mitarbeiter und sind damit ein wichtiger Teil einer modernen Organisationsentwicklung.
Was zeichnet informelle Führer aus?
In der Praxis üben informelle Führer ihren Einfluss nicht durch formale Autorität aus. Vielmehr leiten sie insbesondere in Unternehmen mit flachen Hierarchien durch die sogenannte “Führung von unten”. Diese Art der Führung beruht auf Überzeugungskraft sowie auf hoher fachlicher und persönlicher Kompetenz. Häufig fördern Mitarbeiter aufgrund bestimmter Skills wie emotionaler Intelligenz den Zusammenhalt innerhalb ihres Teams. Teammitglieder sehen sie als Experten und Ansprechpartner an.
Bei der Entstehung von informellen Führungsrollen spielt auch Gruppendynamik eine wichtige Rolle: Dass sich informelle Führungskräfte etablieren, ist häufig eine Reaktion auf unklare Strukturen und ist eine Folge natürlicher Autorität innerhalb einer Gruppe ‒ etwa durch besonders viel Erfahrung, ein sehr souveränes Auftreten oder eine hohe Fachkompetenz. Die Teamdynamik und das gegenseitige Vertrauen haben einen hohen Stellenwert und sorgen für eine hohe Motivation innerhalb des Teams.
Informelle versus laterale Führung: Wo gibt es Unterschiede?
Im Zusammenhang mit informeller Führung fällt häufig auch der Begriff der lateralen Führung. Sie bildet den Kontrast zu einem hierarchischen Führungssystem. Das heißt, anstelle einer Führungsperson sind Verantwortlichkeiten innerhalb eines Teams verteilt. Die Teammitglieder entscheiden gemeinsam. Kein Teammitglied hat mehr Macht und Weisungsbefugnis als das andere. Anders verhält es sich bei der informellen Führung: Diese schließt klassische Führungsrollen in Unternehmen nicht aus und ist eher als themen- und projektspezifische Ergänzung zu verstehen.
Kann man eine informelle Führung mit Laissez-Faire Führung gleichsetzen?
Nein. In der Führungstheorie haben sich unterschiedliche Führungsstile herausgebildet. Der Führungsstil, der am wenigsten auf Autorität und Hierarchien setzt, ist der sogenannte Laissez-Faire Führungsstil. Dabei greifen Führungskräfte nur minimal in operative Arbeitsabläufe ein und übertragen ihren Teams maximale Verantwortung. Im Gegensatz zur informellen Führung gibt es dennoch Führungstitel und entsprechende Strukturen im Unternehmen.
Wer ernennt informelle Führer?
Es besteht die Möglichkeit, dass formelle Führungskräfte informelle Führungskräfte für bestimmte Projekte benennen und damit besondere Talente mit Führungskompetenz auszeichnen und würdigen. Eine Alternative ist, dass informelle Führer diese Rolle eigenständig durch Expertise, Engagement, emotionale Intelligenz und Kommunikationsfähigkeit wahrnehmen. Das variiert von Unternehmen zu Unternehmen und ist häufig eine Frage der Unternehmenskultur.
So können informelle Führungskräfte etwa im Anschluss an bestimmte Fortbildungsprogramme ernannt werden. Für die meisten Organisationen stellen informelle Führungskräfte einen großen Gewinn dar, da sie die Fachkompetenz der formellen Führungskräfte – wenn vorhanden – ergänzen und zudem oftmals mehr über die Bedürfnisse ihrer Teams wissen. Gleichzeitig sehen sie sich mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert.
Welche Herausforderungen informelle Führungskräfte begegnen
- Ihre Befugnis wird infrage gestellt: Dadurch, dass informelle Führungskräfte in der Regel keine formelle Autorität haben, gibt es unter Umständen innerhalb der Organisation Probleme, ihre Autorität zu akzeptieren – insbesondere, wenn es im Unternehmen formelle Führungskräfte mit unterschiedlichen Ansichten und Herangehensweisen gibt. Hier ist seitens der Unternehmensführung viel Fingerspitzengefühl gefragt.
- Unterschiedliche Führungsstile: Nicht immer haben informelle Führungskräfte und die übergeordnete Unternehmensführung denselben Führungsstil und gehen Probleme und Prozesse identisch an. Darin liegt zwar zum einen eine große Stärke der informellen Führung, da sie eine neue Perspektive einbringt. Zum anderen entsteht möglicherweise Verwirrung auf Seiten des Teams.
- Überlastung: Auch informelle Führungskräfte tragen in der Praxis viel Verantwortung, da sie häufig Ansprechpartner bei verschiedenen Anliegen sind. Nicht immer wird das Engagement jedoch honoriert und gefördert. Das kann im Tagesgeschäft zu Überlastung und Frust auf Seiten der informellen Führungskräfte führen.
Die Definition informeller Führungsrollen ist ein wichtiger Teil der HR-Strategie
Unternehmen erarbeiten idealerweise im Sinne von moderner Führungskräfteentwicklung Strategien, die informelle Führung legitimieren und aktiv fördern. So untergraben die Herausforderungen nicht die Chancen dieses Führungsmodells. Dies wiederum erfordert tiefes Verständnis der gesamten Unternehmenskultur und der individuellen Dynamiken innerhalb der vorhandenen Teams.
Auf praktischer Ebene erkennen HR-Mitarbeiter informelle Führer etwa durch Netzwerkanalysen und regelmäßiges Mitarbeiter-Feedback. Unternehmen fördern sie über gezieltes Mentoring oder Coaching-Programme und integrieren sie bewusst in Change-Prozesse. Dabei sollten Unternehmen auch die zeitlichen Ressourcen ihrer informellen Führungskräfte im Blick behalten und eingreifen, wenn sich eine Überlastung abzeichnet. Gute Kommunikation ist dabei unerlässlich.
Informelle Führung als Teil einer modernen Unternehmenskultur
In grundsätzlich hierarchisch aufgebauten Unternehmen ist informelle Führung kein Ersatz für formelle Führung – aber eine wertvolle Ergänzung. Unternehmen, die ihre informellen Führungskräfte gezielt entwickeln und fördern, gelten als anpassungsfähig und innovativ. Sozialer Einfluss und Nahbarkeit zeichnen informelle Führungskräfte aus. Das kann die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter erhöhen und so zu mehr Leistung und Produktivität führen.
Gleichzeitig dürfen Unternehmen die möglichen Herausforderungen, die mit informeller Führung einhergehen, nicht außer Acht lassen. Dies betrifft etwa die Legitimierung informeller Führungsrollen. Auch das Management möglicher Konflikte zwischen formellen und informellen Führungskräften sowie die Vermeidung von Überlastung aufseiten der informellen Führer sind Herausforderungen, denen sich Unternehmen stellen müssen. Damit diese Prozesse gelingen, braucht es eine offene, moderne Unternehmenskultur und souveränes Veränderungsmanagement.
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