Wenn es ernst wird: Rufbereitschaft als Organisationsbaustein
Wenn nachts im Büro der Server ausfällt, ist rasche Hilfe gefragt. Ob IT-Notfälle, medizinische Einsätze oder technische Störungen: Einige Unternehmen brauchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die außerhalb der regulären Arbeitszeit kurzfristig reagieren. Rufbereitschaft sichert die betriebliche Handlungsfähigkeit und ergänzt klassische Arbeitszeitmodelle. Eine genaue Abgrenzung zur Arbeitszeit, die vertragliche Verankerung und eine faire Vergütung sind zentrale Themen für Personalverantwortliche und Führungskräfte in Unternehmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit, solange kein Einsatz erfolgt. Sie zählt in der Regel als Ruhezeit.
- Nur tatsächliche Einsätze während der Rufbereitschaft gelten als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes.
- Eine vertragliche Regelung im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ist zwingend erforderlich.
- Für die Vergütung gibt es keine gesetzliche Pflicht.Üblich sind pauschale Beträge oder eine Abrechnung nach Einsatzstunden.
Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst: Definition und Abgrenzung
Rufbereitschaft bezeichnet einen Zeitraum, in dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich außerhalb der regulären Arbeitszeit für einen potenziellen Einsatz bereithalten. Während dieser Zeit befinden sie sich an einem selbst gewählten Ort und müssen lediglich erreichbar und kurzfristig einsatzbereit sein. Rufbereitschaft gilt grundsätzlich als Ruhezeit. Erst mit dem tatsächlichen Einsatz beginnt die Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes.
Anders sieht es beim Bereitschaftsdienst aus. Hier müssen sich die Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (meist im Betrieb oder in der Nähe des Betriebes) bereithalten. Da sie jederzeit mit einem Einsatz rechnen müssen, zählt der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit.
Der Begriff Rufdienst wird häufig umgangssprachlich für beide Dienstformen verwendet. Aus juristischer Sicht ist eine präzise Unterscheidung wichtig, insbesondere für die Einordnung im Arbeitszeitgesetz und die Vergütung.
Rufbereitschaft und Arbeitszeitgesetz: Was ist rechtlich geregelt?
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) unterscheidet klar zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit. Rufbereitschaft zählt grundsätzlich zur Ruhezeit, da in diesem Zeitraum keine aktive Arbeitsleistung erbracht wird. Nur die tatsächlich geleistete Arbeit, also der Einsatz während der Rufbereitschaft, wird als Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes bewertet.
Dabei gilt: Sobald Beschäftigte aufgrund eines Anrufs ihre Tätigkeit aufnehmen, beginnt die Arbeitszeit, unabhängig davon, wo sie sich befinden. Der Weg zum Einsatzort zählt also zur Arbeitszeit, wenn er unmittelbar im Anschluss an den Abruf erfolgt. Diese Regelung beeinflusst insbesondere die Einhaltung von Mindestruhezeiten und die Berechnung von Höchstarbeitszeiten.
Vergütung der Rufbereitschaft: Modelle und Praxis
Ob und in welcher Höhe Rufbereitschaft vergütet wird, hängt von mehreren Faktoren ab: der Branche, dem Tarifvertrag, individuellen Arbeitsverträgen und betrieblichen Regelungen. Eine gesetzlich festgelegte Rufbereitschaftsvergütung existiert nicht. Grundsätzlich gilt: Die Rufbereitschaft an sich ist keine Arbeitszeit und muss daher auch nicht zwingend vergütet werden. Nur der tatsächliche Einsatz während der Bereitschaft ist Arbeitszeit und muss entsprechend entlohnt werden.
In der Praxis haben sich unterschiedliche Vergütungsmodelle etabliert. Häufig werden pauschale Beträge pro Bereitschaftseinheit gezahlt, etwa pro Tag, Wochenende oder Kalenderwoche. Diese Bereitschaftspauschale ist meist deutlich niedriger als der reguläre Stundenlohn, da während der Rufbereitschaft keine Arbeitsleistung erfolgt. Alternativ wird nach tatsächlichem Einsatz auf Stundenbasis abgerechnet.
Typische Modelle der Vergütung bei Rufbereitschaft:
- Pauschale Vergütung für die reine Rufbereitschaft, z.B. 20 bis 40 Euro pro Tag
- Stundenbasierte Abrechnung nur für tatsächliche Einsätze
- Kombination aus Pauschale und Stundenlohn bei Einsatz
- Zuschläge bei Nacht- oder Wochenendarbeit, abhängig vom Tarifvertrag
In welchen Berufen ist Rufbereitschaft besonders verbreitet?
Laut einer Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Basis des SOEP 2016 ist Rufbereitschaft in bestimmten Berufsgruppen besonders relevant:
- Medizinische und pflegerische Berufe
- IT-Fachkräfte
- Technisches Wartungspersonal
- Sicherheitsdienste
- Versorgungsbetriebe (z.B. Strom, Wasser)
Diese Berufsgruppen sind regelmäßig auf flexible Einsatzbereitschaft außerhalb der regulären Arbeitszeiten angewiesen, weil sie in systemrelevanten Bereichen arbeiten und in Notfällen schnell agieren müssen. Deshalb sind tarifliche oder betriebliche Vereinbarungen zur Rufbereitschaftsvergütung dort besonders verbreitet.