Quiet Firing? Wie Chefs ihre Mitarbeiter zum Kündigen drängen
Anspruchslose Aufgaben, negative Kritik, keine Antwort auf eine E-Mail: So etwas kommt in jedem Berufsleben vor. Häuft sich das jedoch, ist ein solches Verhalten kein Zufall und kann negative Auswirkungen auf die mentale Gesundheit von Angestellten haben. Auch der Teamgeist und die Produktivität im Unternehmen leiden darunter. Doch wie kommt es zum Quiet Firing? Lässt es sich proaktiv verhindern? Und wie wehren sich Betroffene dagegen?
Quiet Firing ‒ Definition auf deutsch: Was ist Quiet Firing?
Die Definition von Quiet Firing bedeutet „Stilles Feuern“ oder „Stille Entlassung“. Das Phänomen geht von Vorgesetzten aus. Es zeichnet sich durch subtile Ausgrenzungen und Abwertungen aus, die sich häufen: Betroffene Untergebene erhalten keine Einladungen zu Meetings, sind nicht an neuen Projekten beteiligt ‒ oder der Vorgesetzte beantwortet ihre E-Mails nicht mehr. Das Ziel: Dem Angestellten seinen Job zu verleiden, um eine Eigenkündigung zu provozieren.
Bedeutung von Quiet Firing: Merkmale der schleichenden Kündigung
Welche Bedeutung hat Quiet Firing für die Betroffenen? Ein entsprechendes Vorgesetztenverhalten beeinflusst den gesamten Berufsalltag negativ. Denn es gibt verschiedene Merkmale, die sich bei einer schleichenden Kündigung häufen: Auf der einen Seite geben Chefs den Betroffenen unnötige oder anspruchslose Aufgaben. In Meetings jedoch konfrontieren sie diese mit schwierigen Fragen oder stellen sie bloß. Außerdem ignorieren Vorgesetzte die Ideen und Vorschläge der Betroffenen und laden sie bewusst nicht zu wichtigen Besprechungen ein.
Fehlende Aufstiegschancen für Betroffene als Warnzeichen
Den Betroffenen werden zudem Gehaltserhöhungen, Weiterbildungsmaßnahmen oder eine Beförderung verwehrt, sodass sie keine Chance haben, sich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig fehlt die Wertschätzung für erbrachte Leistungen. Suchen die Betroffenen das Gespräch, blocken Vorgesetzte dies beim Quiet Firing häufig ab. Das Arbeitsumfeld gestaltet sich dadurch unnötig kompliziert und teilweise sogar toxisch.
Bossing, Mobbing und Quiet Firing – was sind die Unterschiede?
Beim Mobbing haben der oder die Täter meist eine Person im Blick, die sie regelmäßig beleidigen und ausgrenzen. Im schlimmsten Fall umfasst Mobbing körperliche Gewalt wie Schubsen oder Tritte. Bossing ist Mobbing, das vom “Boss” ausgeht. Der Vorgesetzte mobbt, indem er sich etwa über einen Untergebenen lustig macht und dessen Arbeit übermäßig kritisiert – und zwar so, dass die Kolleginnen und Kollegen dies mitbekommen.
Quiet Firing ist im Vergleich dazu subtiler, denn häufig wird die Grenze zum Mobbing nicht überschritten. Trotzdem ist die Situation für die Betroffenen in der Regel sehr belastend. Sie wissen zudem oft nicht einmal, weswegen ihr Vorgesetzter sie ausgrenzt: Hat er sie zum Beispiel als faulen Mitarbeiter gemäß der X-Y-Theorie eingestuft? In jedem Fall fällt es Betroffenen schwer, sich gegen Quiet Firing zur Wehr zu setzen.
Ist Quiet Firing illegal?
Das Kündigungsschutzgesetz in Deutschland schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in besonderen Situationen vor Kündigungen. Das ist etwa dann der Fall, wenn sie in Mutterschutz oder Elternzeit sind oder mit einer Behinderung leben. Durch Quiet Firing umgehen Vorgesetzte diese Hürden, indem sie die Angestellten zu einer Eigenkündigung bewegen. Hintergrund ist oft, die Kündigungsfrist abzukürzen oder einen Vergleich zu verhindern.
Warum stille Entlassungen schlecht für Unternehmen sind
Nicht nur für die betroffene Person selbst ist Quiet Firing belastend. Es beeinflusst die Stimmung und Arbeitsatmosphäre im ganzen Team negativ. Für das Unternehmen ist es zudem nicht wirtschaftlich, wenn Vorgesetzte den Betroffenen keine Aufgaben zuweisen und somit vorhandenes Potenzial nicht nutzen. Auf diese Weise gehen neue Ideen unter, Teamgeist und Innovationspotenzial leiden. In Zeiten von Fachkräftemangel, der die Suche nach neuem Personal erschwert, können sich die wenigsten Unternehmen ein solches Verhalten leisten.
Quiet Firing vs. Quiet Quitting: Worin liegt der Unterschied?
Beim Quiet Quitting beschränken sich die Angestellten auf die zu erbringenden Leistungen, die vertraglich festgehalten sind. Sie sind nicht bereit, Überstunden zu schieben oder die sogenannte „Extrameile“ zu gehen – zugunsten ihrer Gesundheit und einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Dies missfällt vielen Vorgesetzten. Da ihnen die Untergebenen jedoch keinen triftigen Kündigungsgrund liefern, probieren es einige mit Quiet Firing.
Doch auch andersherum bedingen sich die beiden Phänomene: Durch vom Arbeitgeber ausgehendes Quiet Firing sinkt die Motivation der Arbeitnehmer für den als immer anstrengender empfundenen Job. Eine häufige Folge: Von Quiet Firing Betroffene werden zu Quiet Quittern.
Stille Entlassung als Auswirkung von schwachem Führungsverhalten
Manchmal geschieht Quiet Firing aber auch unterbewusst als Folge von schwachem Führungsverhalten. Ist dies der Fall, verteilen Vorgesetzte beispielsweise Aufgaben nicht angemessen oder lassen sich nicht auf neue Ideen ein. Auch wenn sie konfliktscheu sind, mit ihrer Führungsrolle nicht zurechtkommen oder nicht gut kommunizieren, kann dies von Untergebenen als stille Entlassung wahrgenommen werden.
So verhindern Unternehmen Quiet Firing
An diesem Punkt lässt sich allerdings ansetzen: Bietet das Unternehmen gemeinsam mit der Human-Resources-Abteilung Weiterbildungsmaßnahmen zur Führungskräfteentwicklung an, lernen Vorgesetzte die nötigen Skills, um ihrer Position gerecht zu werden. Um Quiet Firing zu verhindern, eignet sich außerdem ein moderner Führungsstil auf Augenhöhe: Humble Leadership. Hier hat jeder im Team die gleichen Möglichkeiten, sich einzubringen. Auf diese Weise treten die Stärken jedes einzelnen in den Vordergrund und das Team strukturiert sich selbst.
Quiet Firing: Gleiches Phänomen unter neuem Namen
Das Phänomen Quiet Firing ist altbekannt. Doch erst durch die neue Bezeichnung erhält es die nötige Aufmerksamkeit. Denn Ausgrenzung und Schikane im Job verunsichern und machen im schlimmsten Fall krank. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hinterfragen sich und ihre Fähigkeiten, was auf Dauer die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz angreift. Und das, obwohl der Grund für Quiet Firing nicht bei ihnen, sondern beim Vorgesetzten liegt.
Welche Möglichkeiten haben Angestellte bei einer stillen Entlassung?
Besteht der Verdacht auf Quiet Firing, ist es sinnvoll, Beobachtungen, negative Kritik, Aufgabenstellungen und weitere relevante Punkte zu protokollieren. Bestätigt sich die Vermutung, ist es aus gesundheitlichen Gründen für die Arbeitnehmer wichtig, etwas dagegen zu unternehmen.
Lösungen erarbeiten
Eine Möglichkeit besteht darin, das Mitarbeitergespräch mit dem Chef zu suchen. Den Betroffenen unterstützen dabei die bereits gesammelten Protokollierungen des Vorgesetztenverhaltens. Ebenso hilft es, wenn ihn ein Kollege zum Gespräch begleitet. Führen Angestellte und Chef die Unterhaltung offen und ehrlich, dann sprechen sie Missverständnisse an und suchen gemeinsam nach Lösungen wie einem Teamwechsel oder neuen Workflows. Falls sich danach nichts ändert oder erst gar kein Gespräch zustande kommt, ist der nächste Ansprechpartner eine höhere Führungsebene, die Personalabteilung oder der Betriebsrat. Um fair zu bleiben und die Stimmung nicht weiter zu verschlechtern, kündigt der Betroffene diesen Schritt im Idealfall bei seinem Vorgesetzten an.
Kündigung einreichen
Verbessert sich die Situation auch danach nicht, lohnt es sich, über einen Jobwechsel nachzudenken. Da vonseiten des Arbeitgebers keine Kündigung vorliegt, entwickeln die betroffenen Mitarbeiter dank Career Cushioning ihren beruflichen Plan B, indem sie ihre neue Anstellung stressfrei neben ihrem eigentlichen Job suchen. Ist der Wechsel in Sicht, lohnt sich das Gespräch über einen Aufhebungsvertrag mitsamt Abfindung und einem möglichen Outplacement. Führt dieses Gespräch zu keinem Ergebnis, so ist es immer noch möglich, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen ordnungsgemäß zu beenden.
Maßnahmen gegen Quiet Firing: Je früher, desto besser
Die Auswirkungen von Quiet Firing sind sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber enorm: Es beeinflusst die mentale Gesundheit der Betroffenen, die Stimmung im Team sowie den Arbeitswillen negativ. Im schlimmsten Fall macht es sogar psychisch krank. Gleichzeitig ist es für das Unternehmen unwirtschaftlich. Die Aufgabe von HR ist es daher, geeignete Führungskräfte auszuwählen und mit einer offenen Feedbackkultur ein nachhaltiges Personalmanagement zu etablieren. Darüber hinaus verhindern proaktive Weiterbildungsmaßnahmen für Vorgesetzte das Phänomen Quiet Firing.
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Disclaimer
Die Inhalte dieses Beitrags sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar. Bitte wenden Sie sich bei konkreten rechtlichen Fragen an einen spezialisierten Fachanwalt.